Quartier Drei Könige in Sinsheim

Das ganz große Programm aufgelegt

Rund ums Gebäude poliert die Stadt bis 2020 ihr innerstädtisches Tafelsilber - Sachstand im Gemeinderat

05.12.2018 UPDATE: 06.12.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 48 Sekunden

Der als "Piazetta" gestaltete Innenhof am "Drei Könige" - Blick vom Torbogen des Kulturquartiers Würfel - in Claudia Gerstners Entwurf.

Von Tim Kegel

Sinsheim. Eine "Piazetta" - ein stimmungsvolles Plätzlein - im Innenhof. Eingerahmt von einer Bühne und einem verglasten Hochregal mit Museums-Artefakten. So stellen sich Projektleiterin Claudia Gerstner und Architekt Martin Oszter das Herz des Quartiers "Drei Könige" an der Ecke Bahnhofstraße/Kirchplatz vor. Das Projekt soll die Innenstadt für Jahrzehnte prägen. Details wurden jetzt im Gemeinderat gezeigt.

Der Blick geht von der Kirchgasse in den Innen-, den früheren "Würfelhof" des kürzlich ebenfalls kernsanierten Theaters. Nach dem Abbruch eines Scheunen-Anbaus ist das Gelände jetzt mehr als doppelt so weit. Eine Bühne - in Claudia Gerstners Skizzen ein mit Holzplanken eingefasster Kubus mit Nebenraum - liegt linker Hand. Nach rechts schließt sich auf ganzer Front ein leicht wirkendes Bauwerk an, in dessen Buchten Skulpturen und Fresken angedeutet sind: später einmal die im früheren Lapidarium des Stadtmuseums gezeigten Stücke.

Eine gläserne Scheibe soll sie künftig vor äußeren Einflüssen schützen. Mittig, auf einer Freifläche, sind schlichte Designer-Sitzmöbel eingezeichnet, das eine Mal ähnlich einer Open-Air-Kino-Situation, dann flockig gruppiert mit Tischen: Die "Piazetta" soll später für Veranstaltungen, für die Bewirtung einer höherwertigen Gastronomie im "Drei Könige" - oder für beides - genutzt werden.

Der kurze Vortrag von Gerstner und Oszter sollte erneut deutlich machen: Keine falsche Bescheidenheit mehr bei den Filetstücken in der Innenstadt; man fährt gestalterisch das große Programm. Oberbürgermeister Jörg Albrecht sprach wiederholt von "einem Kleinod", trotzdem würden Zeit- und Kostenrahmen eingehalten, sagen die Architekten. Bis zum alles bestimmenden Datum Landesheimattage 2020 würde, wie Baudezernent Tobias Schutz präzisiert, das Ensemble "sauber dastehen". Offen lässt er, ob sich die vom Rathaus erwünschte Art von Gastronomie bis dann auch noch finden lässt. Lange war das "Giardino’s" im Gespräch.

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Tatsächlich wirkt es wie ein kleines Wunder, dass die geschätzten rund drei Millionen Euro und die Monate bis dahin ausreichen, wenn man von den oft unerwarteten statischen und denkmalschützerischen Herausforderungen der letzten Zeit hört, die die Planer im Gemeinderat behutsam ansprachen: "Es war", leitete Tobias Schutz ein, "fast wie bei dem einsturzgefährdeten Haus in der Hauptstraße". Die Rede war von Instabilität im Heimatmuseum und in anderen Teilgebäuden, im altehrwürdigen Barockbau des "Drei Könige" seien früher einmal Wände und Träger entfernt worden, "ein Wunder, dass es so noch stand", sagte Oszter.

Jetzt - und nach Kubikmetern Beton und vielen Stützgürteln - habe man "die Sache im Griff", erklärt Schutz. Ähnliche Ertüchtigungen habe man auch in den Nachbarhäusern vornehmen müssen, bei denen die Stadt Sinsheim ebenfalls ihr Tafelsilber aufpoliert. Diese sind: Teile des Stadtmuseums, das klassizistische alte Grundbuchamt, ein Zwischengebäude mit dem Bekleidungsladen "Bonita" und auch Sinsheims letzte echte Bierkneipe, das "El Greco".

Dessen Besitzer habe das Lokal zwar partout nicht verkaufen wollen, sein schmales Eckhaus komme aber, wie es auf RNZ-Nachfrage hieß, jetzt doch in den Genuss baulicher und optischer Ertüchtigung - des großen Ganzen wegen. Die urig-derbe Beiz liegt genau zwischen Kulturquartier, Lapidarium und dem "Drei Könige". "Es gibt alle möglichen Arten von Kultur", schmunzelt Martin Oszter nach der Sitzung.

Fürs Barockgebäude, zuletzt ein Irish Pub, wurden ausgewiesene Fachleute herangezogen, wegen des "hohen Anspruchs an Bewahrung" des Denkmalschutzes: Ralph und Silke Böttcher, deren namhaftes Büro für Restauration und Beratung seinen Sitz in der Rohrbacher Synagoge beziehen durfte, kümmern sich gemeinsam mit weiteren Kennern um Konservierung und Dokumentation von Holzeinbauten, Innen- und Außenputzen, Sandstein- und sogar Stahlbauteilen. Der Aufarbeitung der Tür und der Barockfenster komme große Bedeutung zu. Eines von ihnen, sagt Claudia Gerstner, sei noch besonders gut in Schuss - "es war von innen zugemauert". Neue Fenster würden den alten nachempfunden, Gauben und Dielenboden denkmalgerecht erhalten. "Mit großen Hubsteigern, Riesen-Lupen und Schicht für Schicht" seien Bau und Substanz dokumentiert, "jeder Riss und jede Verletzung genau kartiert" worden.

Da schien all das Abwarten plötzlich logisch - vom Gremium kamen kaum Nachfragen: Eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung, sagt Tobias Schutz, habe man zuerst in der Tasche haben wollen. Eine vorzeitige Baufreigabe hätte wohl "zu Zuschussproblemen geführt".

Tatsächlich sei unklar, was das Gesamtprojekt am Ende kostet, räumt Schutz ein: Die Angelegenheit sei kompliziert, die Maßnahmen würden erst "auf Antrag gefördert", wobei Vorgaben des Denkmalschutzes "nicht gleichbedeutend mit einer Förderung" seien. Um eine Einschätzung bat Freie-Wähler-Sprecher Harald Gmelin: "Wird der Kostenrahmen nennenswert gesprengt?" Tobias Schutz sagt: "Bisher nicht."

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