Das neue Herz der Sinsheimer Innenstadt (plus Fotogalerie)
Würfeltheater, Drei Könige, Grundbuchamt und Museumsumfeld werden umfassend neu gestaltet - Ein Überblick

Sechs Gebäude und ein Vielfaches an Herausforderungen - und aufzuschließende Türen - warten im Quartier Drei Könige auf Baudezernent Tobias Schutz: Im Würfeltheater ist die Statik problematisch. Fotos: Tim Kegel
Von Tim Kegel
Sinsheim. Sprichwörtlich eine Hausnummer ist das städtische Bauprojekt "Quartier Drei Könige", das die Innenstadt ab Herbst 2018 mit höherwertiger Gastronomie, Kleinkunstbühne und Biergarten aufwerten soll. Die komplexe Planung überzieht sechs stadtbildprägende Gebäude und vier Nutzungen. Baudezernent Tobias Schutz nannte der RNZ den Stand der Dinge und interessante Details.
> Was soll entstehen? Alle Gebäude sind städtisches Eigentum. Das Würfeltheater wird zur Kleinkunstbühne. Veranstalter - darunter auch die eigentlichen "Würfel" - mieten die Räume. Am Namen des Gebäudes am Kirchplatz will man "nicht rütteln". Durch den Abbruch eines Nachbargebäudes, das rückversetzt an den Würfelhof angrenzt, entsteht ein Biergarten. Diesen bewirtet eine im Drei Könige geplante zweigeschossige Gastronomie. Der Pächter sei "schon unter Dach und Fach" und wird auch im Gebäude wohnen. Vom Biergarten wird der Blick frei "auf das abendlich beleuchtete Lapidarium des Stadtmuseums", sagt Tobias Schutz. Noch unklar ist die Nutzungsform im früheren Grundbuchamt, einem repräsentativen Rotsandsteinbau. Im Gespräch sind eine städtische "Tourist-Info", die Auslagerung eines Teils der Verwaltung, aber auch Vermietung, etwa an Büros und Praxen. Als Kosten für die Gesamtmaßnahme stehen 3,8 Millionen Euro im Raum; davon sind 1,2 Millionen Euro Sanierungszuschüsse des Bundes.
> Das Würfeltheater wird zur Kleinkunstbühne umgestrickt. "Bis zu den Kulturtagen 2018" erhält das momentan komplett entkernte, nicht denkmalgeschützte Gebäude eine vermutlich rund 900.000 Euro teure Komplettsanierung. Brandschutz und Statik heißen die großen Themen, weshalb die ursprünglich angesetzten 500.000 Euro nicht reichen. Holzdecken und -balken und die Enge des Gebäudes verlangen eine Brandmeldeanlage, aufgeschaltet bei der Feuerwehr und 150.000 Euro teuer. Damit und mit einer zweiten Treppe vom Theatersaal in den Innenhof kompensiere man den "insgesamt schlechten Brandschutz", sagt Tobias Schutz. Es bleibt bei rund 100 Sitzplätzen, die Empore als Zuschauerraum fällt aus Sicherheitsgründen weg. Insgesamt schlecht ist auch die Statik, was sogar Laien erkennen: Frühere Bauherren haben die Querverstrebungen der Außenwände aus dicken Eichenbalken einfach abgesägt. "Dass es noch steht", sagt Schutz, "liegt nur an der geschützten Lage" ohne Verkehr und Wind. Nun wird überlegt, eine Stahlkonstruktion einzubauen. Der Charakter der Kleinkunstbühne soll "urig bleiben". Weitere Hürde: Weil kein Denkmalschutz besteht, greifen beim Würfeltheater die Bestimmungen der Energieeinsparverordnung - das heißt trickreich dämmen, ohne den Charakter zu verfälschen.
> Das Drei Könige, letztes Barockgebäude der Innenstadt und "mit erhöhten Denkmalschutzauflagen" versehen, sei über die Jahre "baulich vergewaltigt worden", sagt Schutz, unter anderem mit Stahlträgern. Freigelegtem Mauerwerk haben frühere Nutzer einen Anstrich mit Klarlack verpasst, das muss jetzt abgestrahlt werden. Das einstige Pfarr- und spätere Gasthausgebäude sei "statisch brutal anspruchsvoll", sagt Tobias Schutz; ein Spezialbüro für Baukonstruktion wurde eingeschaltet. Träger und Tragstruktur müssen erhalten bleiben. Gekauft hat die Stadt das seit knapp zehn Jahren leer stehende Gebäude vor rund drei Jahren für 400.000 Euro. Was die Sanierung kostet, ist unklar. 1,5 Millionen Euro gelten schon jetzt als sicher.
> Altes Grundbuchamt: Der feudale Bau mit seinem Terrazzoboden, blauen Wandkacheln und herrschaftlichem Treppenhaus hat einst eine Kaufmannsfamilie, danach auch das größte Grundbuchamt Badens beherbergt; die Bausubstanz ist ordentlich. Seit Anfang 2017 erst steht der Bau leer. Trotzdem gibt es viel zu tun: Überall im Gebäude sieht es aus wie in einer Behörde. Herzstück sind hohe Aktenpaternoster und Registerschränke aus Metallguss. Ein Teil des Gebäudes beherbergt Trakte des Stadt- und Freiheitsmuseums, was auch in Zukunft so bleiben und noch erweitert werden soll. Die Fassaden bekommen hierbei einen neuen Anstrich.
> Ein Wirrwarr aus Nutzungsformen, Anschlüssen, Anbauten und Verschachtelungen an den über Jahre in Privatbesitz gewesenen Gebäuden bringt zusätzliche Herausforderungen mit sich. "Ein ziemliches Klein-Klein", sagt Tobias Schutz. Beispiele sind die Innenhöfe des Gebiets, wo eine Fülle an Gas- und Stromleitungen entwirrt werden musste. Ein Spezialfall stellt auch das Modegeschäft "Bonita" dar. Dieses liegt zwischen Grundbuchamt und Drei Könige, wo ein Teil der Räume als Lager für Kleidung genutzt wird. Dieses Lager soll im Zuge der Bauarbeiten ins Grundbuchamt umziehen. "Wir wollen ,Bonita’ in der Innenstadt halten", bekräftigt Tobias Schutz. Eine räumliche Alternative fand sich im städtischen Immobilienbestand nicht. Im Rahmen der Sanierung, schildert der Baudezernent, tauchten regelmäßig unkonventionelle bis kuriose - und nicht ganz billig zu beseitigende - Spezialfälle auf: Vom "mit altem Weißblech verschlimmbesserten Glockenturm" auf dem Alten Rathaus bis hin zum Durchbruch im Grundbuchamt: Hier wurde eine Holztreppe zur nächsten Ebene auf einen Aktenschrank montiert.
> Das "El Greco", letzte Sinsheimer Eckkneipe und Bierwirtschaft, ist die letzte in Privatbesitz befindliche Immobilie im Quartier. Das wird so bleiben: "Der Besitzer ist beruflich davon abhängig", sagt Tobias Schutz, aber der Draht zum Wirt sei "absolut gut und kooperativ". Wenn sämtliche Fassaden - vom Würfeltheater bis zum Alten Rathaus und dem Lapidariumsgebäude - neu gestrichen werden, bekommt auch das "El Greco" einen neuen Anstrich.























