Was sich Amtsinhaber Holaschke vorgenommen hat
Oberbürgermeister Klaus Holaschke: "Ich habe die Vision einer Stadt, in der man sich sagt, was man denkt"

Eppingen. Amtsinhaber Klaus Holaschke ist einziger Bewerber für den Posten des Oberbürgermeisters in der Fachwerkstadt. Am Sonntag wird er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in seine dritte Amtszeit gewählt. Unser Redakteur Armin Guzy sprach mit ihm über Städtebau, die Stadtgesellschaft, und seine Visionen.
Herr Holaschke, waren Sie heute schon beim Biber?
(lacht) Nein, ich habe ihm noch keinen offiziellen Besuch abgestattet. Das Medieninteresse ist groß. Aber der Biber ist nicht erst seit gestern in Eppingen. Und das, was er dort bei Adelshofen leistet: Chapeau – Hut ab!
Die Stadt hat vor wenigen Tagen beschlossen, in den sozialen Wohnungsbau einzusteigen. Entsprechende Forderungen wurden bereits 2017 laut. Nun ist die Stadt natürlich kein Biber, aber warum hat diese Entscheidung so lange gedauert?
Kleinere Kommunen, und dazu zähle ich auch Eppingen, waren traditionell nicht Aufgabenträger des geförderten Wohnungsbaus. Das war anderen vorbehalten. Wir nehmen uns jetzt des Themas an, weil im breiten Konsens der Gemeinderat aktiv dafür sorgen möchte, dass Wohnraum in Eppingen erschwinglich sein muss. Ich möchte das vergleichen mit der Gründung der Stadtwerke: Das Ganze braucht seinen rechtlichen Vorlauf. In der Gemeindeordnung steht explizit, welche Aufgaben wir erfüllen dürfen und für welchen Zweck. Die Bandbreite, die wir diskutiert haben, ging von einer finanziellen Unterstützung durch die Stadt bis hin zur Gründung einer eigenen Wohnbaugesellschaft, die am Markt auch Wohnungen verkauft. Diese Fragen sind bei Weitem noch nicht abschließend geklärt. Was mir vor 14 Tagen im Gemeinderat ganz wichtig war, ist, dass wir uns im Grundsatz darauf verständigt haben, in den geförderten Wohnungsbau einzusteigen. Das halte ich für eine soziale Maßnahme, weil wir dann mit der Landesförderung und eigenen Anteilen auch die Miethöhe begrenzen können.
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Sozialer Wohnungsbau ist das eine, das soziale Miteinander das andere. Wie wollen Sie das erhalten und stärken?
Ohne soziales Miteinander wird unsere Gesellschaft weiter gespalten, wie bereits ansatzweise auch bei uns. So ist mir wichtig, wie wir beispielsweise mit Benachteiligten umgehen. Hier möchte ich mich weiterhin im Ehrenamt bei der Lebenshilfe oder der Diakonischen Jugendhilfe engagieren. Auch das Projekt "Älter werden in Eppingen" und die Integrationsstelle gehören dazu. Bei Integration geht es nicht nur um Integration von Menschen auf der Flucht, sondern auch um Neubürger und Senioren. Auch die Jugendsozialarbeit gehört mit dazu. Das sind alles Dinge, die Eppingen stark ausgebaut hat und wo wir dranbleiben müssen.
Tut Eppingen Ihrer Meinung nach genügend für den Klimaschutz?
(zögert) Ich glaube, wir haben manchmal das Problem, der Öffentlichkeit näherzubringen, was wir alles tun. Von der Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED, das Energieangebot der Stadtwerke bis zum Bau der Fotovoltaikanlagen (auf städtischen Dächern bis hin zur Freiflächenanlage). Wir haben großes Potenzial, als wir eingestiegen sind, mit Jugendlichen über Nachhaltigkeitsprojekten beispielsweise an unseren Schulen zu sprechen. Selbst so kleine Dinge wie das Neuanlegen der Schulgärten oder die Einführung von Wasserspendern zum Wiederbefüllen von Trinkflaschen zählen für mich dazu, das Bewusstsein zu schärfen. Wir haben aber auch noch eine ganze Menge zu tun. Die Stadt sollte in manchen Dingen vorangehen und Vorbild sein. Ich setze beim Umweltschutz dabei auf Freiwilligkeit: Veränderung in unserem Verhalten muss Spaß machen. Wenn’s politisch gewollt ist, muss eine Kommune aber auch die Möglichkeit haben, etwas durchzusetzen, beispielsweise eine Freiflächenfotovoltaikanlage. Nicht nur reden, sondern uns auch durch die Gesetzgeber bei Bund und Land als Stadt die Möglichkeit zu geben, zu handeln.
Die Umgestaltung des Süßmosterei-Areals begleiten Sie seit Ihrer ersten Amtszeit. Ist in Ihrer dritten ein Ende in Sicht?
Da habe ich sehr viel gelernt und auch Lehrgeld bezahlt, auch eine sehr intensive Bürgerdiskussion und Einwände haben mich weitergebracht. Die Tatsachen des Marktes haben mir aber auch gezeigt, dass Handel auf der Süßmosterei nicht funktioniert. Die Perspektive auf dem Areal sehe ich wie folgt: Wo wir die Dinge in die Hand nehmen, traue ich uns zu – wenn die Finanzen mitmachen –, dass wir in den nächsten Jahren im Bereich des Kesselhauses eine zeitgemäße Mediathek bauen, die dem Kulturanspruch Eppingens gerecht wird. Möglicherweise auch eine dauerhafte Lösung für das Figurentheater und die Volkshochschule. Dann ist tatsächlich ein Ende in Sicht.
Sehnen Sie manchmal die Nach-Gartenschauzeit herbei?
Ja. Die Dauer, mit der wir das Projekt intensivst beackern, ist schon enorm. Seit 2009 haben wir die Zusage des Landes. Schön wär’s insbesondere, wenn’s jetzt losginge, wenn wir nach 129 Tage erfolgreich waren und dann in den Jahren danach sehen, wie sich Bürgerpark, Bachwegle und einiges mehr entwickelt hat. Ich denke, wenn’s so weit ist, werden wir in eine absolute Hochstimmung verfallen. Das ist ein Bürgerprojekt, auch wenn die Beteiligung manchmal nur punktuell ist, und ich bin immer wieder bass erstaunt, was zum Beispiel Bad Herrenalb und Mühlacker auf die Beine gestellt haben. Die Eppinger sagen immer: "Das toppen wir." Und davon bin ich felsenfest überzeugt.
Und die Finanzen?
Es waren goldene Zehner-Jahre. Ich habe so eine Periode noch nicht erlebt, auch, was den Einkommensteueranteil angeht, der immer wieder nach oben korrigiert wurde. Wir werden 2019 erstmals in der Eppinger Geschichte mit zwölf Millionen an Gewerbesteuereinnahmen abschließen. Trotz Investitionen seit 2012 von annähernd 100 Millionen Euro haben wir die Verschuldung auf 738 Euro je Einwohner abgebaut. Lieber wäre mir keine Verschuldung, aber auf dieser Basis lassen sich sicherlich auch die großen Aufgaben der nächsten Jahre bewältigen. Die Gartenschau ist für mich Kür mit einem großen Anteil Pflicht. Wir werden erst in ein paar Jahren sehen, was uns das an "Mehr" in der Stadt gebracht hat – auch was den Schub in der Bevölkerung, was die Nachhaltigkeit und das touristische Potenzial angeht.
Nach der Gartenschau die Schulen?
Im "Rot" investieren wir dieses Jahr 1,1 Millionen in den Ausbau der Grundschule zur Ganztagesbetreuung. Das Gleiche wird auch im Schulzentrum kommen. Und auch die Entscheidung für den Standort der Kraichgauschule steht an. Wir wachsen in allen Stadtteilen, und Grundschulen vor Ort werden von mir nicht infrage gestellt. Bei elf Schulen in städtischer Trägerschaft stehen immer neue Herausforderungen an.
Sie sind von Hause aus Kämmerer und damit Analytiker. Aber Sie haben immer auch Visionen gehabt. Wo steht Eppingen 2028?
Ich glaube, für eine Stadtentwicklung ist das gesellschaftliche und politische Klima, das in der Stadt herrscht, das wichtigste, also sind es eher die weichen Faktoren. Wenn ich an die harten Faktoren denke, dann wird uns der weitere Ausbau der Kinderbetreuung, die ärztliche Versorgung und der demografische Wandel beschäftigen. Wohnraum für alle – auch das ist eine Vision. Der ÖPNV ist gut ausgebaut. Meine Vision ist aber, dass wir noch bessere Takte haben und, das ist mir ganz wichtig, die unbefriedigende Anbindung der Stadtteile verbessert wird. Ich habe unverändert die Vision einer lebendigen Stadt, aber auch einer Stadt, in der sich politisch Verantwortliche und Bürgerschaft auf Augenhöhe begegnen und man sich sagt, was man denkt. Aber dann angemessen, nicht hetzerisch, nicht beleidigend und nicht feige und anonym. Und in der man sich nach wie vor in über 200 Vereinen, Organisationen und Verbänden in die Pflicht nehmen lässt. Vision ist auch, dass wir Verkehrsbrennpunkte wie die Waldstraße/Bismarckstraße entschärfen und unsere Ortsdurchfahrten vom Verkehr entlastet werden. Dass wir unseren aktiven Beitrag zur Verkehrs- und Energiewende beitragen, aber nicht alleine durch Verbote oder mit erhobenem Zeigefinger.
Und Ihre Sorgen?
Was ich mir wünsche, ist, dass unsere repräsentative Demokratie unverändert Bestand hat. Es gibt so viele komplexe Entscheidungen, die kann man meines Erachtens nicht durch ein einfaches "Ja" oder "Nein" oder ein "Like" beantworten. Wenn man die Demokratie basisdemokratisch von unten aufbauen will, muss man die Verantwortungsträger stärken. Wenn wegen Angriffen und Beleidigungen keiner mehr Lust hat mitzumachen, fände ich das sehr traurig. Das würde unsere kommunale Selbstständigkeit gefährden.
Sie sind mannschaftssportbegeistert. Am Sonntag wird es aber ein Alleingang. Hätten Sie sich einen Gegenkandidaten gewünscht?
Das kann man ehrlicherweise nicht mit Ja oder Nein beantworten. Nach Ende der Bewerbungsfrist war eine gewisse Erleichterung da, da mache ich auch keinen Hehl draus. Ich glaube schon, dass man sieht, wie "Holaschke" präsent ist, wie mir auch eine gute Entwicklung der Stadtteile stets wichtig war. Daran wird ein potenzieller Kandidat oder eine Kandidatin gemessen. Ist der Bewerber authentisch und glaubwürdig? Wer sich mit der Verantwortung und dem Zeitbudget, das das Amt mit sich bringt, auseinandersetzt, tritt nur dann gegen einen Amtsinhaber an, wenn er sieht: Da wackelt einer. Die Leute kennen meine Stärken und Schwächen. Ich glaube, die Eppinger in allen Stadtteilen können mich beim Wort nehmen. Sicher, es gibt auch mal Themen, bei denen ich meinen Weg finden muss, wo ich Fehler mache. Aber neben einer gewissen Erleichterung ist das Fehlen eines Herausforderers für mich schon ein gutes Zeichen.