Neckarbischofsheim

Gemeinderat verschickt Brandbrief wegen Integrations-Kürzungen

"Frechheit und Farce": Das Gremium kritisiert die Landesregierung für die Fördergelder-Kürzung beim Integrationsmanagement.

31.08.2024 UPDATE: 31.08.2024 04:00 Uhr 2 Minuten, 10 Sekunden
Das Rathaus von Neckarbischofsheim. Foto: Friedemann Orths

Von Friedeman Orths

Neckarbischofsheim. Dass das Land Baden-Württemberg die Förderung für das Integrationsmanagement in den Kommunen um knapp 60 Prozent gekürzt hat, stößt bei den Kommunen auf großes Unverständnis. Besonders verärgert zeigten sich allerdings der Neckarbischofsheimer Gemeinderat und Bürgermeister Thomas Seidelmann, als das Thema dort aufschlug.

Am Freitag hat Seidelmann deshalb in Stuttgart einen Brandbrief an Ministerpräsident Winfred Hermann (Grüne), Innenminister Thomas Strobl (CDU), Justizministerin Marion Gentges (CDU) sowie die Bundes- und Landtagsabgeordneten des Wahlkreises übergeben beziehungsweise verschickt.

Als "Frechheit und Farce" wurde die Kürzung im Gemeinderat bezeichnet, was Seidelmann auch am Freitag nochmals gegenüber der RNZ wiederholte. Grund für die Verärgerung ist auch der Tod von Rouven Lauer. Der Neckarbischofsheimer Polizist war Anfang Juni von einem Afghanen auf dem Mannheimer Marktplatz erstochen worden.

Die Politiker kamen zur Trauerfeier in Mannheim und waren teilweise auch beim stillen Gedenken im Neckarbischofsheimer Schlosspark anwesend. Alle hätten versprochen, dass sich etwas ändern soll. "Und dann passiert das als erster Schritt", verweist Seidelmann auf die Kürzung der Fördergelder.

Auch interessant
Neckarbischofsheim: Projekt soll Andenken an getöteten Polizisten bewahren
Neckarbischofsheim: Neues Gremium hat viele neue Mitglieder

Tenor des Briefs sei die Aufforderung "ihr müsst das nochmal überdenken", sagt Seidelmann. Denn Integration gelinge nur dort, wo die Kommunen mit anpacken können, also genau beim städtischen Integrationsmanagement. Und wenn sich wegen der weggefallenen Förderung nichts tue, sei die Stadt auch bereit, vor das Verwaltungsgericht zu ziehen. "Es kann nicht sein, dass das auf dem Rücken der Kommunen ausgetragen wird", findet Seidelmann. "Wir werden das (die Klage) durchziehen, wenn nichts im Doppelhaushalt gemacht wird", kündigt er an.

Zugleich lobt Seidelmann die Arbeit der beiden Integrationsmanager im Gemeindeverwaltungsverband Waibstadt. Die Arbeit von Secgül Bagli und Stefan Schmidbauer vom Internationalen Bund, die sich in den GVV-Gemeinden um Geflüchtete kümmern, könnten die Stadt und alle anderen Kommunen niemals alleine leisten, betont der Bürgermeister.

Die Kürzung würde von vielen "einfach akzeptiert", aber das dürfe so nicht sein, findet Seidelmann. Man teile in dem Brief auch mit, dass man gerne behilflich dabei sei, nach Einsparpotenzialen zu suchen – aber nicht bei der Integration, betont er.

Konkret muss Neckarbischofsheim wegen der Kürzung knapp 16.000 Euro mehr für das Integrationsmanagement bezahlen; insgesamt entstehen für die sechs GVV-Kommunen ab dem kommenden Jahr fast 76.000 Euro Mehrkosten, die untereinander anhand der Einwohnerzahl aufgeteilt werden. Eine andere Variante wäre gewesen, dass der Rhein-Neckar-Kreis das Integrationsmanagement für die Kommunen übernimmt. Damit wären aber etwa 50 Prozent der Leistungen weggefallen, was für die GVV-Kommunen und somit auch Neckarbischofsheim keine Option ist.

Zuvor waren die Kosten von rund 96.000 Euro für die eineinhalb Stellen fast gänzlich vom Land bezahlt worden. Jetzt werden davon nur noch knapp 47.000 Euro gezahlt.

Zwar wurde die Verlängerung des Managements zu den geänderten Konditionen einstimmig abgesegnet, allerdings gab es auch im Gremium deutliche Kritik: "Es ist unverschämt, was das Land macht", sagte Jochen Leinberger, der die Thematik auch aus Helmstadt-Bargen kennt, wo er Kämmerer ist. Nach dem Tod von Rouven Laur habe die Politik Versprechungen gemacht – "und macht jetzt sowas".

Walter Zeller lobte die "niederschwelligen Angebote" des Integrationsmanagements; die beiden Fachleute helfen beispielsweise beim Übersetzen von behördlichen Schreiben. "Das kann die Gemeinde gar nicht leisten", konstatierte er. "Die lassen uns im Regen stehen", sagte er über die Landesregierung. Das alles sei ein "absurdes Theater".

Schon zuvor hatte Seidelmann in der Sitzung vorgeschlagen, den Brief zu schreiben. Er wurde von ihm und dem gesamten Gemeinderat unterzeichnet. In der kommenden Woche soll er dann auch veröffentlicht und an die Medien verschickt werden.

Dieser Artikel wurde geschrieben von:
(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.