Heilbronn

Wie die Innenstadt attraktiver werden soll

Günstig parken an den Advents-Samstagen, ein Preisausschreiben für alle und Kassenbons als Lose: Dafür will die Stadt viel Geld ausgeben.

21.11.2023 UPDATE: 21.11.2023 06:00 Uhr 2 Minuten, 39 Sekunden
„High Noon“ am Samstagmittag im „Konsumschlauch“ Kirchbrunnenstraße in Heilbronn: Eine belebte Fußgängerzone sieht anders aus. Dagegen wollen Stadtverwaltung und Händlerschaft nun angehen. Foto: Brigitte Fritz-Kador

Von Brigitte Fritz-Kador

Heilbronn. Mit Speck fängt man Mäuse, diese Spruchweisheit scheint auch im Heilbronner Rathaus der Weisheit letzter Schluss zu sein, wenn es darum geht, das von dort aus Mögliche dazu zu tun, um die Innenstadt attraktiv und überhaupt am Leben zu erhalten. Vor keiner Stadt in Deutschland, ob groß oder klein, mache dieses Problem halt, sagt Oberbürgermeister Harry Mergel, was darauf schließen lässt, dass die Ursache nicht nur bei den Städten liegt.

Veränderte Lebenswelten bringen verändertes Verhalten, auch von Kunden, mit sich, das ist die Binsenweisheit, der man sich im Heilbronner Rathaus nicht beugen will – auch weil der Druck aus der Händlerschaft immens ist und die Schuldzuweisungen der autofreien "Sommerzone" den Winter überleben könnten. Das wird auch unverhohlen artikuliert.

Die Belebung der Innenstadt sei eine Herausforderung; um dieser zu begegnen, hätten sich "viele Akteure" und der "komplette Sachverstand" zusammengetan, heißt es bei der Pressekonferenz, in der die Ergebnisse dieses Prozesses vorgestellt wurden. Herausgekommen ist dabei ein Preisausschreiben mit zugegebenermaßen sehr attraktiven Preisen und ein Entgegenkommen beim Parken.

Dabei ist man geradezu über den eigenen Schatten gesprungen, wohl auch mit Blick auf Kunden, die von außerhalb kommen, auf die man Wert legt und letztlich auch angewiesen ist: An allen vier Advents-Samstagen kann man für drei Euro den ganzen Tag in den Parkhäusern am Bollwerksturm und der "Experimenta" parken, auch um den innerstädtischen Parkplatzsuchverkehr etwas einzudämmen, wie Erster Bürgermeister Martin Diepgen zu verstehen gibt. OB Mergel erinnert daran, dass sich nur Jena und Heilbronn eine Stadtbahn leisten, die direkt in die Stadt und bis vor die Ladentüren fährt.

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Am Preisausschreiben teilnehmen kann jeder, der einen Kassenbon für einen Einkauf oder einen Verzehr (ausgenommen Supermärkte und Tankstellen) vorweisen kann. Er ist das Los, das aber nicht in die Trommel, sondern auf digitalem Weg in den digitalen Los-Topf kommt. Es wird versichert, dass das auch ungeübtere Smartphone-Nutzer "kapieren" werden. Gespannt kann man sein, was mit den so gewonnenen Daten geschieht: Reichweiten und Einkaufsverhalten kann jede KI daraus ermitteln.

Die Hauptpreise sind fünf hochwertige E-Bikes, unter den insgesamt 70 Preisen sind auch "exklusive Erlebnisgutscheine", beispielsweise für den Weihnachtscircus, der Gesamtwert liegt bei 30.000 Euro; 25.000 Euro davon kommen von der Stadt, 5000 Euro von den Händlern.

Auf Langzeitwirkung angelegt ist der Gründerwettbewerb für neue und kreative Geschäftsideen. Er startet im Januar, ansprechen soll er vor allem junge Unternehmer und Gründer aus den Bereichen Handel, Gastronomie und Dienstleistung. Eine Jury wird die innovativsten und vielversprechendsten Ideen prämieren. "Wir wollen kreative Köpfe ermutigen, ihre Idee umzusetzen und so das Angebot in unserer Stadt weiter ergänzen und mischen", sagt Diepgen dazu. Die letzten Details dazu werden gerade abgestimmt, Teilnahmevoraussetzungen und alle weiteren Informationen sollen im Januar vorgestellt werden.

Unter dem Einfluss der Corona-Pandemie fand im vergangenen Jahr der Kongress "Frequent City" auf dem Bildungscampus statt, ausgerichtet von der Stadt und dem Verein Wissensstadt Heilbronn, mit so namhaften Referenten wie Zukunftsforscher Matthias Horx, dem Wiener Autor und Stadtgestalter Dr. Christian Mikunda und Professor Thomas Krüger von der HafenCity-Universität Hamburg. Die Experten fanden längst nicht alles schlecht in und an Heilbronn, zeigten aber auch auf, was man noch tun kann.

Oberbürgermeister Mergel nennt dazu die Stärkung Heilbronns als "Wohlfühlstadt", so wie es beispielsweise schon mit der Neckarbühne und der Neckarmeile gelungen sei. Dass letztere erst nach 28 Jahren hartnäckigem Bemühen von Gastronom und Stadtrat Thomas Aurich wahr wurde, sollte man dabei allerdings im Auge behalten.

Zum Hinweis aus dem Kongress, Heilbronn habe noch viel Potenzial in der Fläche, kann man auch "Leerstand" sagen. Das Innenstadt-Problem hat schon viele Köpfe rauchen lassen: Immer wieder zeigt sich, dass der Einfluss einer Stadt und ihrer Verwaltung dort endet, wo jener der Vermieter beginnt. In Köln, wo die berühmten Einkaufstraßen Schildergasse und Hohe Straße so im Niedergang sind, dass sogar H&M seine dortige Filiale schließt, hat man die Vermieter jetzt ins Visier genommen.

"Wir können immer noch besser werden" sagt Mergel und kündigt an, dass der "Masterplan Innenstadt" aktualisiert wird, auch im Hinblick auf die wachsende Gruppe von Studenten, dank derer man nun immer mehr Englisch in der Stadt hört.

Info: Digital abrufbar sind die Ergebnisse von "frequentcity" unter www.heilbronn.de/frequencity 

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