Heilbronn

Neuer Gasmonitor zeigt, wer wie viel Gas spart

Heilbronn hat seinen Verbrauch überdurchschnittlich und fast schon vorbildlich gesenkt.

28.11.2022 UPDATE: 28.11.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 41 Sekunden
Die Heilbronnerinnen und Heilbronner sind Vorreiter in Sachen Gas einsparen. Symbolfoto: Getty Images/Ekaterina Krasnikova

Von Brigitte Fritz-Kador

Heilbronn. Runter vom Gas, das heißt nicht bremsen, wie beim Autofahren, sondern sparen beim Heizen. Das "Thema des Winters" ist die Frage, ob die Bürgerinnen und Bürger auch hier irgendwann im Dunklen sitzen und frieren, so wie die Menschen in der Ukraine. Gasverbrauch ist aber auch hier kein Luxusproblem. Beim Sparen hat sich nun Heilbronn geradezu als Musterbeispiel herausgestellt. Der "Gasmonitor" beweist es.

Ihn hat das Steinbeis-Institut (FSI) zusammen mit der Heilbronner Versorgungs GmbH (HNVG) jetzt im Forum auf dem Bildungscampus präsentiert – in einer ausdrücklich auch für die Öffentlichkeit konzipierten Veranstaltung. Der "Gasmonitor" gibt Auskünfte zum Stand des Verbrauchs vor Ort, animiert, beim Sparkurs zu bleiben und zeigt aber auch auf, wo es noch Verbesserungsmöglichkeiten gibt. Letzteres ist vor allem auf politischer Ebene der Fall. Die vom FSI präsentierten Zahlen und Erfahrungswerte belegen nämlich auch: Ein milder Winter hat auch nur einen sehr "milden" Einspareffekt. Frank Schupp, Geschäftsführer der HNVG brachte es auf diesen Nenner: "Vorkriegspreise" beim Gas wird es nie wieder geben, man werde aber, so weit als möglich, "die Dinge im Griff" behalten.

Der Gas-Notfallplan der EU sieht vor, dass die 27 Staaten ihren Gaskonsum vom 1. August 2022 bis 31. März 2023 freiwillig um 15 Prozent reduzieren. Heilbronn hat es auf 25,5 Prozent geschafft. Vor allem dank der privaten Haushalte und des Gewerbes, weniger bei der Industrie, das ist eine beachtliche Leistung, belegt durch die Zahlen des Gasmonitors für den Zeitraum von 1. August bis 19. November. Die Quote von 25,5 Prozent teilt sich auf in 32,8 Prozent bei den Haushalten und 14,8 Prozent in der Industrie, wo also noch Luft nach oben ist. Berechnungsgrundlage für die EU-Vorgaben ist der Durchschnittsverbrauch der vergangenen fünf Jahre. Deutschland, einer der größten Gasverbraucher in der EU, hat sich ein höheres Ziel als die 15 Prozent gesetzt und will 20 Prozent einsparen.

Heruntergebrochen für Heilbronn ist die Anforderung diese: Eine Reduzierung des Gasverbrauchs von Haushalten/Gewerbe und Industrie von durchschnittlich 1178 Gigawattstunden (GWh) auf 936 GWh, für den Zeitraum von August bis März. Ob und wie es in Heilbronn weiter gelingt, das wird der "Gasmonitor" weiterhin ermitteln und vermitteln. Da in der Region der Gasverbrauch in Haushalten und Gewerben höher ist als der in der Industrie, bedeutet das auch, dass diese überproportional zu den Einsparungen beitragen.

Auch interessant
Energiesparen: Wie dunkel darf es werden in Heilbronn?
Landkreis Heilbronn: Was man in diesen Zeiten für den Notfall zu Hause haben sollte
Heilbronn: Haushaltsstabilität in der Zeitenwende

Der Vorstellung des "Gasmonitors" ging eine andere voraus, Eva Deuchert, die Expertin vom FSI, erläuterte das komplexe wirtschaftliche und politische Szenario hinter der Erhebung, also welche Fakten zählen, wie sehr der Verbraucher davon abhängig ist, wie die Energiekrise ihn, die Wirtschaft und auch die Produzenten von Energie betrifft. Aber auch, wie hier die Parameter so auseinanderlaufen. So entsteht vor allem beim "Normalverbraucher" der zutreffende Eindruck einer ungleichen Belastung einerseits und ungerechtfertigter Gewinne andererseits.

Das Fazit hieraus: Es gibt viel strukturellen Handlungsbedarf beim Gesetzgeber, ganz unabhängig vom "Gaspreisdeckel", um einer Situation wie der jetzigen, in der sich der Gaspreis teils verdreifacht hat, wirksam zu begegnen. Dazu gezeigte Diagramme vermittelten das auch dem Laien bildlich. Die Folgerung daraus: Transparenz zu Verbrauch, Einflussgrößen und mögliche Szenarien für den Winter aufzeigen. Bei der Abrechnung fängt es ja schon an: im Haushalt verbrauchtes Erdgas wird in Kubikmetern gemessen, abgerechnet aber wird wie Strom, in Kilowattstunden (kWh). Die Umrechnung ist kompliziert, der Grund dafür dieser: Man bezahlt nicht das verbrauchte Gasvolumen, sondern für die Energie, die im gelieferten Erdgas steckt.

Oberbürgermeister Harry Mergel, der auch unter den Zuhörenden weilte, sagte: "Die Region Heilbronn ist gut auf Kurs und hält aktuell die Einsparziele von mindestens 20 Prozent im Vergleich zu den Vorjahren ein." Dennoch musste er sich in der anschließenden Diskussion auch vorhalten lassen, dass die Stadtverwaltung selber zu spät und zu wenig Engagement in der Umstellung weg von fossilen Energien zeige. Gassparen ist nicht nur vom wirtschaftlichen Standpunkt her wichtig, die Verbrennung von Erdgas erzeugt auch weniger Treibhausemissionen als andere fossile Brennstoffe. Eine weitere Schlussfolgerung daraus: Gassparen und Stromsparen gehören zusammen, denn immer mehr Erdgas fließt ja in die Stromerzeugung.

Info: Am 17. Januar ist eine Fortführung der Reihe geplant, bei der die Perspektive der Industrie aufgezeigt wird, die Bevölkerung ist dabei genauso willkommen. Die Eröffnungsrede in Heilbronn wird an diesem Nachmittag von Günther H. Oettinger, ehemaliges Mitglied und Vizepräsident der Europäischen Kommission; Ministerpräsident von Baden-Württemberg a.D. und Präsident der EBS Universität, gehalten.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.