Wie dunkel darf es werden in Heilbronn?
Der Gemeinderat diskutiert über Energiesparmaßnahmen und billigt ein großes Maßnahmenpaket der Stadt.

Von Brigitte Fritz-Kador
Heilbronn. Wie dunkel wird der Winter in Heilbronn? Ist die ganze Stadt dann ein Schwarzes Loch? Die Zeitumstellung, sie kommt am 30. Oktober, wird das gewiss sehr deutlich vor Augen führen. Dass es dabei nicht nur um Atmosphärisches geht, zeigte deutlich die Debatte im Heilbronner Gemeinderat, als ihm gerade jetzt das "Energiesparpaket" der Verwaltung vorgelegt wurde. Es geht da auch um die Aspekte Sicherheit und Gesundheit sowie um strukturelle Fragen der Stadtentwicklung. Dass diese unterschiedlich gesehen und bewertet werden, zeigte sich dann in der Aussprache dazu. Die Hans-Böckler-Stiftung hat schon im Mai und jetzt wieder nachgewiesen, dass zwischen Energiesparen und Konsum ein direkter Zusammenhang besteht: "Mindestens 60 Prozent wollen bei Bekleidung, Haushaltsgegenständen oder Gastronomie kürzertreten."
Die Diskussion im Gemeinderat zur Thematik kommender Dunkelheit war aber nicht immer sehr erhellend. Über die Notwendigkeit des warmen Duschens wurde jedenfalls sehr viel länger diskutiert, als man selbst ausgiebig unter diesem Wasserstrahl steht. Ein Antrag der Gruppe der Linken ging dahin, dass dieses sowohl aus gesundheitlichen wie auch hygienischen Gründen in den entsprechenden öffentlichen Einrichtungen nicht ausgesetzt werden soll und dass der Weiterbetrieb der Sauna im "Soleo"-Hallenbad im Winter "eine bedeutende Möglichkeit" sei, um Erkältungen und Erkrankungen vorzubeugen: "Ihre Schließung auf die Werktage zu beschränken, wäre ein Kompromiss zwischen Sparmaßnahmen und Gesundheitsprophylaxe." Konrad Wanner vergaß dann auch nicht zu erwähnen, was der Stadt lieb und teuer ist, etwa die 158 Millionen Euro für Tiefbaumaßnahmen.
Einbezogen in die Maßnahmen sind Amtsstuben, Bäder, Schulen und Sporthallen. In Schulräumen und Amtszimmern sollen nur noch eine Temperatur von 19 Grad Celsius herrschen, Flure überhaupt nicht beheizt und die Hände mit kaltem Wasser gewaschen werden. In den Sporthallen habe die Temperatur immer schon bei nur 17 Grad gelegen, heißt es dazu. Andreas Ringle möchte als zuständiger Dezernent das warme Duschen in den großen Hallen auch weiterhin akzeptieren. Damit liegt er auf einer Linie mit Oberbürgermeister Harry Mergel, für den das Wort "differenziert" Teil der Debatte und der Maßnahmen sein soll.
Für Christoph Troßbach (CDU) ist der Antrag der Linken der Nachweis, dass sie "die Zeichen der Zeit nicht erkannt haben", vonseiten der Grünen war zu hören, dass "Windkrafträder schöner sind" als Kohlekraftwerke. Verbindend war die allgemeine Besorgnis. Aus dieser scherte nur AfD-Fraktionsvorsitzender Raphael Benner aus, um zu einer langen Rede anzusetzen, sich dabei als "Putin-Versteher" zu outen und als jemand, der durch die "Fracking-Debatte von den USA erpresst" werde. Sein Fraktionskollege Alfred Dagenbach erklärte zwar, er gehe mit Benner nicht in allem konform und nutzte die Gelegenheit zur offenbar notwendigen Erklärung, es gebe in der AfD keinen Fraktionszwang. Das alles, nachdem OB Mergel zuvor bei den Benner-Ausführungen der Geduldsfaden gerissen war: wegen ihrer Länge, verbunden mit der Ermahnung, zur Sache und nicht zur Bundespolitik zu sprechen.
Auch der FDP-Fraktionsvorsitzende Nico Weinmann möchte im Gemeinderat keine solchen Debattenbeiträge, sondern darüber reden, welchen Beitrag die Stadt zur Bewältigung der Energiekrise leisten kann. Er trage die Vorschläge der Stadt mit, wenn auch "ohne Begeisterung", plädierte für die Nutzung aller Energiequellen, auch der Kernkraftwerke, und vermutete, dass hier auch "Psychologie" eine Rolle spielt. Auch wenn sich die "Freien Wähler", entzweit in zwei Gruppierungen, nicht mehr grün sind, so nannten sowohl Herbert Burkhardt von der einen als auch Marion Rathgeber-Roth von der anderen die Vorschläge der Verwaltung tragbar; Rathgeber-Roth bat zusätzlich darum, die Wirksamkeit der Maßnahmen ständig zu überprüfen.
CDU-Fraktionsvorsitzender Thomas Randecker sah in dem Paket ebenfalls eine gute Grundlage für Energieeinsparungen, erinnerte aber auch daran, dass es dabei nicht nur um die "Großindustrie" gehe, sondern auch um Handwerksbetriebe, und dass neben den kommunalen Beiträgen auch das Land und der Bund gefordert seien. Diesen Aspekt sprach auch Mergel wiederholt an.
Das bei zwei Gegenstimmen der "Linken" (nachdem deren Antrag abgelehnt wurde) beschlossene Maßnahmenpaket ist dreigliedrig, es besteht aus Sofortmaßnahmen der Phase A, B und C. Phase A betrifft die Umstellung der Straßenbeleuchtung auf "reduzierten Betrieb" während der Nacht und das Nicht-Anstrahlen öffentlicher Gebäude, wenn dadurch die Sicherheit nicht gefährdet ist. Geheizt wird in öffentlichen Gebäuden erst, wenn es draußen weniger als zwölf Grad Celsius kalt ist. Von Phase B betroffen ist unter anderem die Stadtsiedlung mit der Umstellung der Leuchtmittel auf LED, diese soll auch für die Stadtbeleuchtung in Biberach und Frankenbach erfolgen, sowie weitere Maßnahmen. Phase C steht für die "mittelfristige Perspektive" und legt den Fokus auf erneuerbare Energien.
Warum auf so vielen städtischen und öffentlichen Gebäuden immer noch keine Sonnenkollektoren zu finden sind, diese Frage wurde nicht gestellt. Deutlich wurde hingegen, dass es zwei Arten von Schreckensszenarien gibt: Das eine ist für die einen die Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke. Das andere beschrieb SPD-Fraktionsvorsitzender Rainer Hinderer mit der Befürchtung, dass viele Menschen in Heilbronn ihre Wohnung nicht mehr heizen könnten und deshalb frieren oder sich in Aufwärmhallen aufhalten müssten.