Was man in diesen Zeiten für den Notfall zu Hause haben sollte
46 Kommunen feilen an ihrer Notfall-Logistik: Der Landkreis Heilbronn ist in puncto Bevölkerungsschutz weit vorne, appelliert aber auch an die Eigenverantwortung der Bürger.

Von Armin Guzy
Landkreis Heilbronn. Ein paar Dosen Ravioli, notfalls auch zum Kaltverzehr geeignete, der Kasten Sprudel, die warme Decke, Kerzen und Taschenlampe samt Batterien sollten in diesen Zeiten in jedem Haushalt vorgehalten werden. "Das hilft schon enorm", sagt Marc Hoffmann, Leiter des Amtes für Sicherheit und Ordnung beim Landratsamt Heilbronn. In dieser Funktion koordiniert er auch den Bevölkerungsschutz für die rund 350.000 Menschen im Landkreis und hat damit gerade reichlich zu tun. Wenn es darum geht, sich für mögliche Krisen zu wappnen, müsse aber jeder bei sich selbst beginnen, verdeutlicht er und merkt kritisch an, dass viele Menschen in eine "Vollkasko-Mentalität" abgerutscht seien. Der Landkreis und die Kommunen könnten eine solche Absicherung aber niemals leisten.
Seinen Appell an die Eigenverantwortung in puncto Gefahrenabwehr verbindet Hoffmann im Gespräch mit der RNZ jedoch auch mit der klaren Botschaft an die Bürger, die derzeitige Lage zwar mit Ernst zu betrachten und verantwortlich zu handeln, aber zugleich gelassen zu bleiben. Panik und Hamster-Käufe seien nicht nötig und überdies sogar gefährlich: "Panik ist das, was viele böse Kräfte gerade erreichen wollen."
Trotz des Appells an die Eigenverantwortung sorgt natürlich auch der Landkreis vor, und das nicht erst, seit der Flut im Ahrtal, und auch nicht erst, seit Putins Truppen die Ukraine überfallen haben und Energie knapp und teuer geworden ist – im Moment sind die Anstrengungen allerdings etwas intensiver als bisher. Die "Wasserkisten" des Kreises sind sechs mobile Tankstellen, seine Taschenlampen große Notstromaggregate – beschafft in den vergangenen Wochen. Vor allem aber wird an der Logistik gefeilt, die nötig würde, falls beispielsweise Gas und Strom mehrere Tage lang ausfallen würden. Dass es tatsächlich so weit kommen wird, ist Hoffmanns Ansicht nach "eher unwahrscheinlich". Realistischer sei, dass punktuelle Abschaltungen für wenige Stunden nötig werden könnten. "Das ist unangenehm, aber mit so was kann man umgehen", sagt er.
Damit im Notfall die Reaktionsfähigkeit der Behörden und Hilfsorganisationen weiter gewährleistet ist, auch entsprechende Kommunikationsmittel vorhanden sind und die Bevölkerung Anlaufstellen hat, feilen die Kommunen im Landkreis derzeit ebenfalls an Notfallplänen, auch für ihre Kritische Infrastruktur. Pflegeeinrichtungen und Kliniken sind ebenso aufgefordert, ihre Abläufe zu überprüfen. Doch nicht alle Kommunen oder Einrichtungen sind finanziell gleich gut aufgestellt, auch die Infrastruktur ist unterschiedlich: Manche Gemeindehalle, manches Seniorenheim wird mit Gas beheizt, andere mit Öl oder Fernwärme. Doch auch eine Öl- oder Pelletheizung mit vollem Tank bleibt kalt, falls der Strom fehlt. Das Problem seien die vielen Unsicherheitsfaktoren: "Wir wissen alle nicht, was weiter kommt", verdeutlichte Hoffmann die Herausforderung beim Planen.
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Er betont aber auch, dass der Kreistag beim Bevölkerungsschutz schon lange vor der jetzigen Situation "sehr proaktiv unterwegs war". Seit 2018 wurden rund sechs Millionen Euro in diese "Freiwilligkeitsleistung" investiert, weitere zweieinhalb bis drei Millionen Euro seien bereits bewilligt, und auch alle Kommunen seien derzeit "sehr rührig". Bereits im November 2021, also deutlich vor dem Kriegsbeginn in der Ukraine, haben der Landkreis, die Kommunen und verschiedene Organisationen Hoffmann zufolge "eine Standortbestimmung" vorgenommen. Was sich dabei an Verbesserungsmöglichkeiten gezeigt hat, wird momentan abgearbeitet: "Wir sind an den Grundvorhaltungen für verschiedene Szenarien dran", auch in enger Absprache mit den Hilfsorganisationen. "Das Thema ist in Fahrt."
Um möglichst viele Erfahrungen bei der konkreten Umsetzung zu sammeln, wurden fünf "Pilotkommunen" ausgewählt, die eine unterschiedliche Siedlungsstruktur, Einwohnerzahl und Infrastruktur haben. Was in Neckarsulm, Eppingen, Roigheim, Schwaigern und Lauffen funktioniert oder eben nicht, steht unter besonderer Beobachtung und soll anderen Kommunen als Blaupause dienen.
Das Thema Wasserversorgung sieht Hoffmann gelassen. Kapazität und Druck in den Hochbehältern würden den Versorgern zufolge auch ohne Strom für mehrere Tage reichen, und die Bodenseewasserversorgung habe signalisiert, auch in diesem Fall noch 70 Prozent der derzeitigen Wassermenge liefern zu können.
Klar sei aber auch, dass es trotz der sehr guten Verfügbarkeit von Mitarbeitern der Hilfsorganisationen im Ernstfall nicht ohne "Spontanhelfer" aus der Bevölkerung gehen wird. Auch in dieser Hinsicht ist Hoffmann zuversichtlich. Die Flutkatastrophe im Ahrtal habe gezeigt: "Da gibt es einen Pool hilfsbereiter Menschen zur Krisenbewältigung."