Eppingen

Weg für drei große Freiflächen-Fotovoltaikanlagen ist frei

Solarpanels auf fast einem Quadratkilometer: Debatte um Größe und Informationen.

28.09.2023 UPDATE: 28.09.2023 06:00 Uhr 3 Minuten, 14 Sekunden
Hier, gegenüber dem Gewerbegebiet Tiefental, soll im Gewann Hohenstein eine Freiflächen-Fotovoltaikanlage mit 46,5 Hektar Größe entstehen. Zwei weitere, kleinere Anlagen sind in der näheren Umgebung geplant. Foto: Armin Guzy

Von Armin Guzy

Eppingen. Der Gemeinderat hat am Dienstag mit deutlicher Mehrheit den Weg für den Bau von drei Freiflächen-Fotovoltaikanlagen freigemacht, die zusammengenommen fast einen Quadratkilometer Fläche einnehmen werden und Strom für mehr als 40.000 Haushalte produzieren sollen. Bauherren sind nach heutigem Sachstand die Bürgerenergiegenossenschaft (BEG) Kraichgau aus Sinsheim und das Solarunternehmen "hep" aus Güglingen, das demnächst bekanntlich seinen Firmensitz nach Eppingen verlegen will. Wie viel Geld investiert werden soll, ist noch nicht bekannt.

Der mehrheitlichen Zustimmung vorausgegangen war eine phasenweise mit scharfen Worten geführte Debatte, in der Hartmut Kächele (SPD) das Handeln der Verwaltung kritisierte, der solchermaßen angegriffene Oberbürgermeister Klaus Holaschke wortkarg äußerte, er lasse sich nicht provozieren, und Peter Wieser (Grüne) wiederum Kächele kritisierte, dass dieser sich anmaße, alleine eine Ahnung davon zu haben, was die Bevölkerung denkt.

Kächele hatte in seiner Stellungnahme klargestellt, dass die SPD-Fraktion gegen die Projekte stimmen werde, weil sie diese in der geplanten Dimension von fast 87 Hektar und auf besten Landwirtschaftsflächen nicht für richtig halte. Der mit knapper Mehrheit gefasste Grundsatzbeschluss des Gemeinderats für die Freiflächen-Fotovoltaikanlage sei im April seiner Auffassung nach aufgrund mangelnder Informationen gefasst worden.

Damals habe die Verwaltung gesagt, dass es noch keine gesetzlichen Vorgaben gebe, aber nur zwei Tage später seien die kompletten Unterlagen da gewesen, kritisierte Kächele. "Es ist einfach nicht in Ordnung, wenn Beschlüsse so zustande kommen", sagte er, nannte die Vorhaben und den Flächenverbrauch "völlig überzogen" und behauptete, es gebe keine große Zustimmung in der Bevölkerung dafür. Eppingen schieße weit über das Ziel hinaus. Die SPD wolle lieber mehr Windkraftanlagen bauen, als wertvolles Ackerland zu überplanen.

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Wieser hingegen warb eindringlich für Zustimmung und entgegnete, die Böden blieben für künftige Generationen nutzbar: "Da kommt kein Beton drauf." Im Sinne der Energiewende brauche es eine schnelle Lösung, und überdies sei Solarstrom der günstigste Strom für die Allgemeinheit. "Wenn sich uns eine Chance bietet, eine solche Fläche zusammenzutragen, sollten wir sie wahrnehmen. Wir können damit einen erheblichen Beitrag leisten." Da habe Eppingen einen Vorteil gegenüber anderen Kommunen, sagte Wieser.

Schon vor der eigentlichen Debatte war es zu einer längeren, ebenfalls scharf geführten Diskussion gekommen, als Georg Heitlinger (FBW) eingangs der Sitzung beantragt hatte, die Solarparks von der Tagesordnung zu nehmen. Auch er argumentierte, er habe sich beim Grundsatzbeschluss zur Freiflächen-Fotovoltaik im April nicht ausreichend informiert gefühlt, weil das Thema Windkraft nicht als Alternative behandelt worden sei. Sein Fraktionskollege Rainer Antritter stellte daraufhin klar, dass dies Heitlingers Einzelmeinung und nicht die der FBW-Fraktion sei.

Er und OB Holaschke betonten, man habe das damals ausgiebig diskutiert und um Flächen gerungen. Wieser bezeichnete Heitlingers Antrag als "taktischen Winkelzug" und als "Rückzieher" von der damaligen Entscheidung: "Damit gewinnen wir nichts." Herbert Meixner (CDU) pflichtete bei und nannte den Vertagungsantrag ein "undemokratisches Nachtreten", sein Fraktionskollege Klaus Scherer sprach vom Versuch, die Entscheidung "durch die Hintertüre zu kippen".

Heitlinger wies den Vorwurf des Winkelzugs zurück: "Wenn ich das damals gewusst hätte, hätte ich nicht zugestimmt", sagte er, "die Entscheidung damals war nicht korrekt." Auch Kächele hatte zu diesem Zeitpunkt schon betont: "Ein Grundsatzbeschluss heißt nicht, dass ich auch einem Bebauungsplan zustimmen muss." Am Ende fand Heitlingers Vertagungsantrag sechs Befürworter, wurde also abgelehnt.

Erfreut waren nach der Abstimmung über die drei Projekte die Investoren, die den Schlagabtausch verfolgt hatten. "Jetzt können wir loslegen", sagte Florian Oess von der BEG Kraichgau, die den Solarpark im Gewann Hohenstein gegenüber dem Gewerbegebiet Tiefental realisieren und die Bürger an der Finanzierung und dann auch am Ertrag beteiligen will. 46,5 Hektar groß soll dieser Park werden und Strom für 21.500 Haushalte erzeugen – das seien 32 Prozent des für ganz Eppingen im Jahr 2040 angenommenen Strombedarfs.

Es sagte aber auch, dass es noch rund zweieinhalb Jahre dauern werde, bis der erste Strom fließt. Knackpunkt ist das große Umspannwerk, das dafür im Tiefental gebaut werden soll – und zwar gemeinsam mit der Firma "hep", die im Gewann Buckeläcker beim Dammhof, zwischen Richen und Adelshofen, eine 30 Hektar große Anlage und im Gewann Zimmerberg nahe dem Tiefental eine zehn Hektar große Anlage errichten will. Auch die projektierte Freiflächen-Fotovoltaikanlage in Gemmingen soll an dieses Umspannwerk im Tiefental angeschlossen werden.

Die Planungs- und Bauzeit sei aber lang, sagten auch Vertreter von "hep" nach der Sitzung, die sich indes freuen, bald eine Vorführanlage direkt am neuen Firmensitz zu haben. Die "hep global GmbH" entwickelt seit 2008 Solaranlagen, ist also eine der Vorreiterinnen auf diesem Sektor und betreibt inzwischen 30 Solarparks in Deutschland, Japan, Kanada und in den USA. Außerdem wurden für Kunden bisher Anlagen entwickelt, die zusammen eine Gesamtleistung von 1300 Megawatt haben.

Die beiden geplanten Anlagen in Eppingen sind in diesem Vergleich also eher klein – aber eben vor der Firmentüre und damit ein Beitrag für die Energiewende vor Ort. Anders als die genossenschaftlich organisierte BEG, bei der man Mitglied werden muss, bietet "hep" Beteiligungen in offenen und geschlossenen Fonds an.

Für die Solarparks müssen noch vorhabenbezogene Bebauungspläne aufgestellt werden, und die Verwaltungsgemeinschaft muss den Flächennutzungsplan ändern. Außerdem will die Stadt möglichst bald Durchführungsverträge mit der BEG und "hep" schließen.

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