Unisex-Kabinen, aber keine Sibirische Lärche
Die Stadt will Toilettencontainer am Weiherpark aufstellen. Wildes Pinkeln in Vorgärten und Rabatten wird befürchtet.

Von Armin Guzy
Eppingen. Der Technikausschuss des Gemeinderats hat sich am Dienstag mit dem ÖTPNV im Weiherpark befasst, dem Öffentlichen-Toiletten-Personennahverkehr. ’S pressiert, sollen doch demnächst der Weiher-Kiosk und der Wasserspielplatz wiedereröffnet werden, aber die Angelegenheit ist weder einfach noch mit 85.000 Euro günstig. Und es ist offenkundig allerhand zu beachten bei der Standortwahl für den Stille-Örtchen-Container im Holzhaus-Stil. Folglich ging es nun auch um politisch Korrektes, um die Gepflogenheiten einiger Eppinger Nachtschwärmer mit gefüllter Blase, um Angriffskrieg, Schlüsselgewalt und Unisex-Kabinen. Es war ein launiger Gedankenaustausch, an dessen Ende die Verwaltung einstimmig den Auftrag bekam, die Sache voranzutreiben.
"Wir werden einen erhöhten Bedarf haben", stellte Bürgermeister Peter Thalmann fest. Klar: Sowohl der Spielplatz als auch das Weiherbistro an der großen Holzterrasse am See sind beliebt und werden sich in der wärmeren Jahreszeit eines großen Andrangs erfreuen. Doch die nächste öffentliche Toilette am Bahnhof ist fern, wenns mal schnell gehen muss – zumindest vom Spielplatz aus gesehen. Und plätscherndes Wasser regt ja bekanntlich an. Also soll der sechs mal drei Meter große Container mit drei Kabinen zwischen dem Spielplatz und dem ehemaligen Stadtpavillon aufgebaut werden, in etwa dort, wo schon zu Gartenschauzeiten die Toiletten waren. Der Vorteil: Wasser- und Abwasseranschlüsse liegen schon im Boden. "Wir haben uns Gedanken gemacht. Es gibt kaum einen anderen Standort", sagte Frank Edlinger, der Leiter des Grünplanungsamts, nachdem Anna Mairhofer (Grüne) angeregt hatte, den Container doch besser mittig zwischen Spielplatz und Bistro aufzustellen, weil der Weg vom Bistro sonst zu lange wäre. Dieses ist zwar der neue Wohlfühlort in Eppingen, aber eben nur so lange, bis einen ein gewisses Bedürfnis plagt. Eine eigene Toilette hat das Bistro nämlich nicht. Soll aber kommen, versprach Thalmann, während Reinhard Keller (CDU) anmerkte, dass das für diese Saison ja sowieso alles etwas spät sei: Die Verwaltung rechnet mit einer Lieferzeit von vier Monaten. Keller regte daher eine notdürftige Lösung für die Notdurft in Form eines Toilettenwagens an, bis der Container geliefert ist.
Trotz der Anlage am Bahnhof – dort steht auch das einzig wirklich behindertengerechte Örtchen weit und breit – und der geplanten beim Bistro fürchtet Thalmann keinen Toiletten-Overflow. Im Gegenteil: "Für Festlichkeiten wirds trotzdem nicht reichen", sagte er im Hinblick auf den geplanten, sechswöchigen Festivalsommer, für den dann zusätzlich mobile Container aufgestellt werden sollen.
Der optisch an den Weiherkiosk und an die Anlage am Elsenzer See angelehnte Toilettencontainer gefällt zwar allen, bei einem Gestaltungsdetail aber konnte Peter Wieser (Grüne) dann doch nicht an sich halten: Sibirische Lärche? Geht ökologisch und politisch gar nicht mehr! Mit Blick auf den Ukrainekrieg forderte er für die Verkleidung des Containers Lamellen aus Douglasie statt aus der von der Verwaltung vorgeschlagenen Holzart. Wäre ja noch schöner, wenn eine Eppinger Toilette Putins Angriffskrieg mitfinanzieren würde. Der heimische Wald bietet schließlich Alternativen.
Weniger mit äußerer Gewalt denn mit inneren Zwängen und eingeschliffenen Verhaltensmustern befasste sich die Wortmeldung von Hartmut Kächele (SPD). Der Container soll um 20 Uhr abgeschlossen werden. "Wenn die Leute um 22 Uhr im Weiher-Bistro sitzen, funktioniert das nicht", merkte Kächele an und sagte wildes Pinkeln in die Vorgärten der Anwohner oder die Weiherpark-Rabatten voraus. "Jetzt haben wir’s noch in der Hand", mahnte er. Der Vorschlag seines Fraktionskollegen Dieter Grässle dazu hat durchaus Charme: Die Bistrobetreiberin bekommt einen Schlüssel, den sie an die Gäste weitergeben kann, bis sie eine eigene Anlage hat.
Grässle votierte überdies gegen die von Thalmann befürwortete Unisex-Ausführung, die drei gleichartige, barrierefreie, jeweils mit Waschbecken, klappbarem Wickeltisch, Toilettensitz und zusätzlichem Urinal ausgestattete Kabinen vorsieht. Er regte an, einen Toilettensitz weniger zu installieren, dafür aber zwei Urinale mehr.
Nicht außen vor blieb auch die Frage der Gleichbehandlung, die in diesem Fall kaum zu lösen ist. Von der Weiherterrasse aus sind es nur wenige Meter und ein paar Stufen zum Bahnhof – aber eben nicht für Menschen mit einem Handicap, einem Rollator oder einem Kinderwagen. Diese müssen einen weiten Umweg über eine Rampe nehmen, um zur Bahnhofstoilette zu kommen. Ob der Standort des neuen Containers für diese Leute noch weiter entfernt ist oder vielleicht doch näher liegt, war in der Sitzung nicht zu klären.
Alles nicht ganz so einfach, also. Aber immerhin ist man in Eppingen weiter als in der Nachbarstadt Bad Rappenau. Dort ist die Not noch größer: Abgesehen vom Kurhaus, gibt es im früheren, deutlich größeren Park der Landesgartenschau keine einzige öffentliche Toilettenanlage. Nicht mal ein Unisex-Modell.