So sehen Sinsheimer Schüler und Lehrer den Schulstart
Dieses Mal sorgt der Schulbeginn für Freude - RNZ hört sich an mehreren Schulen um

Von Christian Beck
Sinsheim. Es ist ein stiller Anfang, doch es ist ein Anfang: Nach sechseinhalb Wochen geht seit Montag ein kleiner Teil der Mädchen und Jungen wieder in die Schule. Die RNZ sprach mit Schülern und Lehrern an mehreren Schulen, wie die ersten Eindrücke sind.
> Der Weg zur Schule: Schulbusse und Bahnen fahren wieder, doch nicht jeder möchte mitfahren. Isabella Acri, Schülerin am Wilhelmi-Gymnasium, ist lieber mit dem Fahrrad zur Schule geradelt – sie hat Angst, sich kurz vor den Abi-Prüfungen beim Busfahren anzustecken.
> In den Gängen der Schulen ist es still. Denn zum einen werden nur die jeweils letzten beiden Klassenstufen unterrichtet: An der Theodor-Heuss-Schule (THS) sind das 78 Schüler, am Wilhelmi-Gymnasium (WHG) 97, an der Kraichgau-Realschule (KRS) 296. Zum anderen sollen Schüler ihre Pause in den Klassenzimmern verbringen, um sich so wenig wie möglich zu begegnen. Wer auf die Toilette muss, soll dies teilweise während der Schulstunde erledigen, um zu verhindern, dass sich viele Schüler dort in der Pause begegnen.
> Trennung ist überall wichtig: In der THS dürfen Treppen und Flure nur in eine Richtung genutzt werden. An der Realschule und am Gymnasium nutzen die Schüler unterschiedliche Eingänge, um sich möglichst wenig zu begegnen.
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> In den Klassenzimmern sitzt jeder Schüler alleine an einem Tisch, mit mindestens 1,50 Meter Abstand zum Nachbarn. "Aufgrund der unterschiedlichen Raumgrößen und der einzuhaltenden Abstandsregeln können maximal neun Schüler in einem Raum unterrichtet werden", erklärt Veronika Böcherer, Rektorin der THS. An der Realschule wurden Klassen, die teilweise aus bis zu 30 Schülern bestanden, geteilt. Am Gymnasium war dies laut Rektor Thomas Gißmann nicht notwendig, da die Kurse in der Oberstufe ohnehin kleiner seien.
> Was sagen die Schüler? Die meisten freuen sich, wieder in die Schule zu gehen. Vor allem jene, die bald ihre Abschlussprüfungen ablegen. "Wir wollen es rum haben", sagt Annika Sperl, und Svenja Geißer pflichtet ihr bei, beide besuchen die 10. Klasse der Realschule. Auch wenn das Lernen über die Online-Plattform gut geklappt habe, betont Sperl: "Der direkte Kontakt hat mir sehr gefehlt." Andere Realschüler finden es gut, dass die geteilten Klassen deutlich kleiner sind. So sei es ruhiger, man könne sich besser konzentrieren.
> Was sagen die Lehrer? Auch hier überwiegt die Freude, wieder klassisch unterrichten zu können. Manche Dinge seien so doch einfacher zu erklären, berichtet Simone Lager von der Realschule. Die kleineren Gruppen seien ungewohnt, böten aber Vorteile: Da die Klasse geteilt ist, unterrichten die Lehrer der Realschule jeden Inhalt gerade zwei Mal. Beim zweiten Mal könne sie die Erfahrungen der Doppelstunde zuvor noch mit einfließen lassen, erklärt Lager. Etwas mulmig sei ihr am Montagmorgen bei der Frage zumute gewesen, ob sich alle Schüler an die Vorgaben halten. "Bitte Abstand halten!" rief so mancher Rektor am Montagvormittag seinen Schülern zu. Doch der größte Teil hält sich daran.
> Prüfungen stehen bei allen drei Schulen in den kommenden Wochen an. Das schriftliche Abitur beginnt am 18. Mai, die Abschlussprüfungen an der Realschule zwei Tage später, die Haupttermine bei der THS ebenso. Darüber hinaus gibt es Nachtermine. Ursprünglich waren die Prüfungen allesamt für den momentanen Zeitraum vorgesehen. Schüler der Abschlussklassen werden zurzeit nur in den Prüfungsfächern unterrichtet, teilweise mit mehr Stunden als sonst üblich. "So viel Zeit, um sich vorzubereiten, hatte noch kein Jahrgang zuvor", betont Realschul-Rektor Holger Gutwald-Rondot. Denn wer Interesse an guten Noten hat, habe sich auch in den zurückliegenden Wochen zu Hause hinter die Bücher geklemmt.
> Herausforderungen gibt es trotzdem: Nicht immer ist es ohne Weiteres möglich, den Abstand einzuhalten, beispielsweise, wenn Arbeitsblätter ausgeteilt werden, berichten Schüler. Da viele Klassen geteilt wurden, ergebe sich ein personeller Mehraufwand für die Lehrer, erklärt Böcherer. Und von jenen Schülern, die noch zu Hause lernen, hätten nicht alle die dafür notwendigen technischen Voraussetzungen, beispielsweise einen eigenen Computer und Drucker, wirft Gißmann ein.
Hier sei es wichtig, dass es keine Rolle spiele, ob die Eltern sich einen Computer für jedes Kind leisten können oder nicht. Klar ist bereits: Sitzenbleiber wird es dieses Schuljahr nicht geben. Gutwald-Rondot findet, dass diese Nachricht zu früh mitgeteilt wurde. Er fürchtet, dass sich beispielsweise mancher Neuntklässler, der sonst für seine Versetzung gekämpft hätte, nun nicht mehr anstrengt.
> Wie geht es weiter? Das ist vielfach noch unklar. Ziel ist offenbar, dass jedes Kind vor den Sommerferien wieder zur Schule geht. Gißmann vermutet, dass die jüngsten Kinder die letzten sind, die wieder an die Schulen dürfen. Je mehr Schüler wieder vor Ort sind, desto geringer werden aber auch die Möglichkeiten, diese im Schulhaus zu verteilen, um Abstände einzuhalten. "Es steht und fällt mit der Infektionsrate", sagt Gißmann. Denn schließlich sei es auch möglich, dass ein Schüler am Corona-Virus erkranke. Wie es dann weitergeht, müsse das Gesundheitsamt entscheiden.



