Sinsheim

Die Scheren bei den Friseuren klappern wieder

"Der Haarschnitt ist jetzt erst mal das Wichtigste" - Viel Drumherum gibt es beim Haareschneiden allerdings vorläufig nicht

04.05.2020 UPDATE: 05.05.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 34 Sekunden
Friseurmeister Stefan Wanner beim Haareschneiden am Montag. Foto: Christiane Barth

Sinsheim. (cba) Sechs Wochen sind eine lange Zeit für Haare. So lange waren die Friseurgeschäfte wegen der Corona-Verordnung geschlossen. Nicht selten ereilten die Betriebe in dieser Zeit Hilferufe von verzweifelten Kunden, die innerhalb der Familie notgedrungen selbst zu Werke gingen und damit kläglich scheiterten. Frisur verpatzt. Seit Montag klappern nun die Scheren wieder, die Friseure dürfen wieder arbeiten, opferten hierfür sogar bereitwillig den ansonsten in der Zunft üblichen arbeitsfreien Montag.

Doch hat der Berufsstand jetzt nicht nur eine Unmenge von Köpfen zu bearbeiten, sondern auch eine lange Liste an Auflagen einzuhalten, die die Landesregierung den Friseuren zur Bedingung gemacht hat. Das scheint die Freude darüber, endlich den Wildwuchs wieder zu beseitigen, nicht zu schmälern.

"Meine Kunden sind total froh, dass ich den Laden wieder aufmachen darf – und ich auch", berichtet Silke Grab-Stricker, die in der Alten Daisbacher Straße die "Haar-Lounge" betreibt. Und ihre Reaktion auf die Hilferufe? "Wir sitzen ja alle im selben Boot. Und es liefen ja fast alle ein bisschen verschnitten rum."

Sie räumt ein: "Manchmal waren die Kunden echt verzweifelt." Das Terminbuch der Friseurin ist nun wieder voll, sie freut sich darauf, loslegen zu dürfen. "Es ist zwar ungewohnt mit Mundschutz und den vielen Bestimmungen, aber das kriegen wir jetzt auch noch hin", zeigt sie sich optimistisch. Dass die Maske beim Tönen an den Ohrbügeln gleich mit koloriert wird: geschenkt. Wimpern- und Augenbrauenfärben oder Bartschneiden: Darauf kann man jetzt vorerst verzichten. "Das Wichtigste ist, dass die Kunden jetzt mal wieder einen Haarschnitt bekommen."

Als Einzelkämpferin ihres Friseur-Geschäftes muss sie zwar nicht befürchten, dass sich zu viele Menschen auf einmal in ihrem Laden aufhalten könnten, dennoch muss auch sie mehr Planungsaufwand betreiben als sonst. Eine Familie mit drei Kindern etwa wird darauf hingewiesen, dass der Nachwuchs abwechselnd draußen warten muss. Denn die Mitnahme von Begleitpersonen verbietet das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau, ausgenommen sind Personen, die auf eine Begleitperson angewiesen sind, etwa Kleinkinder.

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In ihrem kleinen Salon kann Grab-Stricker nur einen Kopf bearbeiten. Während Tönungen einwirken, müssen sich die Kunden in den Wartebereich zurückziehen, in der Zwischenzeit kann sie einem anderen Kunden die Haare stutzen. Nach jedem Durchgang müssen Scheren, Kamm und der gesamte Platz desinfiziert, Haare vor dem Schneiden immer gewaschen werden. Pinsel, um Abgeschnittenes aus dem Gesicht zu wischen, sind tabu. Auch auf die Zeitschriftenlektüre, auf den geliebten Kaffee und möglichst auch auf die Kommunikation, die ja beim Friseurbesuch ebenfalls eine große Rolle spielt, müssen die Kunden jetzt vorübergehend verzichten.

Stefan Wanner hat in seinem Salon in der Muthstraße, in dem er sechs Mitarbeiter beschäftigt hat, seine sieben Sitzplätze auf vier reduziert und damit Raum geschaffen. Auch er hat volle Terminbücher: "Elf Minuten nach der Pressekonferenz, bei der die Wiederöffnung beschlossen wurde, ging online der erste Termin rein."

Ohne Termin geht gar nicht. Föhnen nach Möglichkeit auch nicht. Nicht gut zu bewerkstelligen sei zudem die Mundschutzpflicht für die Friseure, wenn nebenbei Anrufe anzunehmen sind. "Maske rauf, Maske runter – das ist schon sehr umständlich", sagt Wanner. Viel Aufwand für einen gepflegten Kopf. Die Auflagen unterscheiden sich außerdem zwischen Landesregierung und Berufsgenossenschaft: Letztere fordert, die Haare vor dem Färben zu waschen. Davon steht in der Mitteilung der Landesregierung nichts. Stefan Wanner: "Es gilt immer die strengere Regel."

Zu bedenken gibt er auch: Scheren würden vom Desinfizieren stumpf. Auch die Stühle litten unter der scharfen Flüssigkeit. Die Schließung sei überdies in eine Hauptsaison gefallen, bedauert Wanner. Als "unmöglich" habe er vor sechs Wochen jedoch empfunden, dass er die Nachricht, dass Friseure ab dem Folgetag schließen müssten, erst abends von der Landesregierung erhalten hatte. Vielen Kunden habe er spätabends noch abgesagt. Trotzdem: "Morgens standen viele vorm Laden an und ich musste sie wieder wegschicken." Jetzt kommen sie wieder, Schlange stehen sollen sie aber nicht. Dafür gibt es die Terminpflicht.

Einen Termin zu bekommen, ist zurzeit schwierig. Die Bücher sind voll. Vor den Friseurläden – mehr als 20 gibt es im Stadtgebiet von Sinsheim – bildeten sich am Montag – erwünscht oder nicht – oft lange Warteschlangen.

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