Sinsheimer Schulen

Vor dem Unterrichtsbeginn am 4. Mai ist noch vieles unklar

Abschlussklassen machen den Anfang: "Setzen um, was man uns sagt"

23.04.2020 UPDATE: 24.04.2020 06:00 Uhr 3 Minuten, 11 Sekunden
Aufgestuhlt und menschenleer: Bis in den Schulen wieder unterrichtet wird, muss noch geplant werden. Symbolbild: Fabian Strauch/dpa

Von Christiane Barth

Sinsheim. Wenn am 4. Mai der Unterricht für die Abschlussjahrgänge wieder anläuft, ist man an den Schulen von der Normalität weit entfernt. Und es gibt einige Ungewissheiten, wie diese Momentaufnahmen zeigen. Herauszuhören war bei mancher Schulleitung, dass klare Richtlinien des Kultusministeriums vermisst werden.

Theodor-Heuss-Gemeinschaftsschule (THS): Rektorin Veronika Böcherer ist "froh über die stufenweise Schulöffnung". Ein Wiedersehen mit den Schülern sehne man herbei. Dennoch sei die Situation eine tägliche Herausforderung für alle, gerade auch bei der Personalplanung. An der THS steigen die Prüfungsklassen ein. Zeitlich versetzt sollen die Viertklässler hinzukommen, der genaue Zeitpunkt ist offen. Man wolle die Schüler "pädagogisch auffangen und die Prüfungsvorbereitung weiterführen". Zentrale Voraussetzung für den Unterricht im Schulhaus ist die Einhaltung strikter Abstands- und Hygieneregeln. Wie genau diese umgesetzt werden können, sei noch zu klären.

In der Zwischenzeit würden Schüler mit digitalen und analogen Lernaufgaben unterstützt, worüber man "im Austausch mit Eltern und Schülern" stehe. In Zeiten von "Schule zu Hause" übernähmen Eltern zusätzliche Verantwortung. Bei den digitalen Angeboten stehe der THS "der Schulträger verlässlich zur Seite". Die Digitalisierung der Sinsheimer Schulen war noch in Vor-Corona-Zeiten im Gemeinderat als Mammutaufgabe beschrieben worden, die erst im Lauf mehrerer Jahre abgewickelt werden könne. Kurz nach Beginn des Unterrichts stehen wieder Ferien im Plan. Böcherer hat der Homepage des Kultusministeriums entnommen, dass sowohl die Pfingst- als auch die Sommerferien regulär stattfinden. Das Ministerium arbeite daher bereits "an Konzepten für Zusatzangebote an die Schüler".

Kraichgau-Realschule (KRS): Auch hier drückt zunächst der Abschlussjahrgang die Schulbank. Dann muss es schnell gehen, denn am 20. Mai sind schon die Prüfungen zur Mittleren Reife. "Wir sind in Lauerstellung", hofft Schulleiter Holger Gutwald-Rondot auf Direktiven: "Das, was man uns sagt, setzen wir um." Nach welchem System der stufenweise Wiedereinstieg stattfinden soll, weiß er noch nicht. Er wünscht sich einen klaren Fahrplan – zur Maskenpflicht für Schüler, zum richtigen Verhalten auf dem Schulweg und in öffentlichen Verkehrsmitteln. Noch sei vieles Spekulation. Auch künftige Klassengrößen kann Gutwald-Rondot nur vermuten. Die Ungewissheit zieht sich von der Frage, ob künftig nur Haupt- oder auch Nebenfächer unterrichtet werden sollen, bis hin zur Bereitstellung von Hygieneprodukten. "Wenn wir Desinfektionsmittel in den Toiletten bräuchten, müssten wir das wissen und rechtzeitig anschaffen." Vorrätig ist dieses nur fürs Lehrerkollegium – "seit der Schweinegrippe". Inhaltlich ist er zuversichtlich: Das "Notprogramm" erledige man "bestimmt auch ganz gut", da man in Sinsheim inzwischen "gut aufgestellt" sei, was "die technischen Voraussetzungen fürs Homeschooling" angehe.

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Problem sei, dass nicht alle Eltern die fachliche Unterstützung eines Lehrers leisten könnten. Gerade bei mehreren Kindern stelle sich Überforderung ein. Hier befürchtet Gutwald-Rondot, dass "sich die Schere gerade öffnet". So seien Kinder im Vorteil, "deren Eltern Integralrechnung können". Entstandene Defizite aufzufangen und Schüler auf ein gemeinsames Level zu bringen, gehöre zu den größten Herausforderungen dieser Zeit an den Schulen: Kinder, die es bei Normalbetrieb schon schwer haben, erreiche man im Fernunterricht "natürlich noch schlechter". Fünf der etwa 70 Lehrer der Schule gehören zur Covid-19-Risikogruppe. Personelle Engpässe erwartet Gutwald-Rondot zunächst aber nicht. In der ersten Etappe kommt rund ein Drittel der über 1000 Schüler. Je mehr Klassen hinzukommen, umso mehr müsse man "Normalbetrieb fahren". Auch Schichtbetrieb hält er für denkbar.

Wilhelmi-Gymnasium (WHG): Die Klassen 11 und 12 kommen am 4. Mai zum "Präsenzunterricht". Unterrichtet wird nur in prüfungsrelevanten Fächern, auf verschiedenen Stockwerken und mit versetztem Pausentakt, um Begegnungen unter den Schülern zu vermeiden. Hygiene- und Abstandsregeln würden gerade erarbeitet, sagt Rektor Thomas Gißmann, der in wesentlichen Punkten – etwa zum Ablauf der anstehenden Abiturprüfungen – auf die Pressemitteilungen des Ministeriums verweist. Die Vorgaben der Politik dienten hier als Leitfaden. Der Weg in Richtung schulische Normalität sei aber stark eingeschränkt. So konzentriere man sich auf die Abiturprüfungen und unterrichte nur prüfungsrelevante Fächer.

Am WHG stehen in jedem Klassenzimmer sowie in den Toiletten Seifenspender und Einmalhandtücher bereit: "Das reicht", findet Gißmann, "wir brauchen kein Desinfektionsmittel." Unsicherheit herrschte bei der Politik bis zuletzt, was das Tagen von Mundschutzmasken an Schulen angeht – in anderen Bundesländern gingen Schüler mit Gesichtsschutz zur Schule, nutzen separate Ein- und Ausgänge und ein markiertes Wege-System. Gißmann versichert, dass man bis zum Schulstart "über ein fertiges Konzept" verfüge, das in Zusammenarbeit mit der Stadt Sinsheim und den übergeordneten Behörden entstehe und "alle Vorgaben" berücksichtige. "Das ist alles im Prozess", berichtet Gißmann.

Möglicherweise würden nicht alle Lehrer in den Unterricht zurückkehren können, wenn Vorerkrankungen vorlägen, meint Gißmann. Das Kultusministerium teilte zuletzt jedoch mit, dass die einer Risikogruppe zugehörigen Lehrkräfte nicht vom Dienst freigestellt seien, sondern für Fernlernangebote oder in Aufgaben eingesetzt werden sollen, die nicht an der Schule und ohne direkten Kontakt zu den Schülern erledigt werden können. Man müsse sich, sagte Kultusministerin Susanne Eisenmann, "auf das Wesentliche konzentrieren". Klar sei, dass der Infektionsschutz immer Vorrang habe und der Unterricht auch nach dem 4. Mai bis zum Schuljahresende nur stark eingeschränkt erfolgen werde.

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