Walldorf

Die Spurensuche war eine enorme Herausforderung

Im Rahmen der Kurt-Klein-Tage wird am Sonntag im Astorhaus die Ausstellung "Jüdisches Leben in Walldorf" eröffnet.

28.06.2022 UPDATE: 29.06.2022 06:00 Uhr 1 Minute, 53 Sekunden
Wolfgang Widder, Klaus Engwicht und Thomas Ostermann (v.l.) bereiten einen Türsturz mit hebräischer Inschrift eines ehemaligen Wohnhauses in der Hauptstraße für die Ausstellung „Jüdisches Leben in Walldorf“ vor. Foto: Helmut Pfeifer

Walldorf. (tt) Die Macher der Ausstellung "Jüdisches Leben in Walldorf" von der Vereinigung der Walldorfer Heimatfreunde feilen derzeit noch an den letzten Details und platzieren die letzten Exponate in den Vitrinen. Am Sonntag, 3. Juli, wird alles fertig sein, wenn die Ausstellung im Rahmen der Kurt-Klein-Tage im Jürgen-Herrmann-Saal des Astorhauses erstmals der Öffentlichkeit präsentiert wird. Fast ein ganzes Jahr haben die Heimatfreunde recherchiert und Fundstücke zusammengetragen, um die Ausstellung, die einen Einblick in das jüdische Leben in Walldorf bieten soll, auf die Beine stellen zu können.

"Das ist das erste Mal, dass es so eine Ausstellung gibt", berichtet Wolfgang Widder, Initiator der Kurt-Klein-Tage, bei einem Vorab-Rundgang im Astorhaus. Da es nur noch wenige Spuren des jüdischen Lebens in Walldorf gebe, sei die Suche danach eine enorme Herausforderung. Teilweise habe man die Exponate erst vor sechs Wochen bekommen. Konzipiert haben die Ausstellung Dieter und Andreas Herrmann von den Heimatfreunden. "Es geht hier nicht nur um Kurt Klein, sondern um das gesamte jüdische Leben", so Klaus Engwicht, Vorsitzender der Heimatfreunde.

Die Ausstellung ist in mehrere Bereiche unterteilt: Von den Ursprüngen jüdischen Lebens in Walldorf, den früheren jüdischen Einrichtungen und Geschäften, jüdischen Biografien über Kurt Klein und seine Familie bis zur Erinnerungskultur berichten unzählige Fotos, Schaustücke und Texte. Auch dem Thema Antisemitismus ist ein Bereich gewidmet. So hatte der Gemeinderat am 5. September 1935 beschlossen, den Zuzug von Juden nach Walldorf zu verbieten, obwohl es dafür keine gesetzliche Grundlage gab.

Zuvor hatten Jüdinnen und Juden, erfahren die Ausstellungsbesucher, etwa 500 Jahre lang zum gesellschaftlichen Leben in Walldorf beigetragen. "Sie waren ein wesentlicher Teil des Walldorfer Handelslebens", berichtet Engwicht. Zunächst hatte die jüdische Gemeinde ihren Betsaal im 18. Jahrhundert in einem Gebäude, das auf dem Areal der heutigen Hauptstraße 45 stand. Dieser Saal wurde allerdings Mitte des 19. Jahrhunderts wegen des Anwachsens der jüdischen Bevölkerung zu klein und deshalb kaufte die jüdische Gemeinde die ehemalige Kirche der evangelisch reformierten Gemeinde und nutzte sie bis zu den Novemberpogromen als Synagoge. "In Walldorf fand es verspätet statt: Nicht am 9. November, sondern einen Tag später am 10. November", weiß Thomas Ostermann, stellvertretender Vorsitzender der Heimatfreunde. Auch wenn die Synagoge in Walldorf nicht in Brand gesteckt wurde, so wurde doch die Inneneinrichtung zerstört und die Thora-Rolle von den Nazis verbrannt.

Die Ausstellung widmet sich auch den Biografien von Walldorfer Juden. Etwa dem Rabbiner Sali Levi (1883-1941), der im Ersten Weltkrieg als Feldrabbiner arbeitete. Oder Rositta Oppenheimer (1892-1972), die das Internierungslager Gurs überlebte und nach der Nazi-Diktatur ein jüdisches Altersheim in der Heidelberger Weststadt gründete. Auch der Rabbiner Hugo Hahn (1893-1967) wuchs in Walldorf auf, wanderte aus und gründete in New York die größte deutsch-jüdische Flüchtlingsgemeinde mit.

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"Die einzigen tatsächlichen Relikte aus jüdischen Walldorfer Haushalten sind zwei Schuhlöffel aus dem Schuhhaus Würzburger", berichtet Engwicht und zeigt die beiden Exemplare, die in einer Vitrine ausgestellt werden.

Info: Die Ausstellung "Jüdisches Leben in Walldorf" ist auch nach den Kurt-Klein-Tagen zugänglich: Bis zum 7. August immer samstags und sonntags von 15 bis 18 Uhr.

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