Wiesloch

Schritte gegen "Spaziergänger" in Vorbereitung

Die Stadt hat noch keine Allgemeinverfügung erlassen. Die nächsten Tage sind entscheidend.

24.02.2022 UPDATE: 25.02.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 45 Sekunden
Jeden Montagabend treffen sich Dutzende Gegner der Corona-Maßnahmen am Adenauerplatz und laufen durch die Wieslocher Innenstadt. Maske trägt dabei so gut wie keiner. Foto: Jan A. Pfeifer

Von Hans-Dieter Siegfried

Wiesloch. Erlässt die Stadtverwaltung eine Allgemeinverfügung im Zusammenhang mit den "Spaziergängern"? Das wird sich am nächsten Montag entscheiden. Neben dem regelmäßigen "Spaziergang" wird am gleichen Tag eine angemeldete Gegenkundgebung des "Bündnisses für Demokratie und Toleranz" um 18 Uhr auf dem Adenauerplatz stattfinden. "Wir werden das beobachten, um dann endgültig in Sachen Allgemeinverfügung zu entscheiden", so Oberbürgermeister Dirk Elkemann. Mit dem Erlass einer solchen Verfügung durch die Verwaltungsspitze kann mit der Polizei gegen die "Spaziergänger" vorgegangen werden.

Neben der möglichen Allgemeinverfügung wurden in der Gemeinderatssitzung am Mittwoch auch die Vorgänge vom vergangenen Montag thematisiert: Nachdem Einzelhändler Plakate in ihren Schaufenstern gegen die "Spaziergänger" aufgehängt hatten, wurden sie von diesen im Internet mit negativen Kommentaren überzogen. Elkemann sprach von einer "Spirale der Eskalation", da sich einige "Spaziergänger" in die rechte Ecke gedrängt fühlten. "Leisten wir mit einer Allgemeinverfügung der Gesellschaft tatsächlich einen guten Dienst?", fragte er. Eine solche Verfügung sei das tatsächlich letzte Mittel. Er bot eine Art Argumentationsforum an, an dem sich alle beteiligen können. Allerdings stieß Elkemann mit seiner Idee bei den Ratsmitgliedern kaum auf offene Ohren.

Durch die Bank wurde gefordert, "endlich mal Kante" zu zeigen. So meinte Katharina Ebbecke (Grüne), es sei nach mehreren Wochen an der Zeit, ein Zeichen zu setzen. Zumal sich die rechtliche Grundlage in Hinblick auf eine Allgemeinverfügung inzwischen geändert habe. Ebbecke verwies in diesem Zusammenhang auf die jüngste Rechtsprechung, bei der ein klarer Trend erkennbar sei. So habe der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg vor Kurzem solche Allgemeinverfügungen zugelassen und auch eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht sei gescheitert.

Fritz Zeier (Freie Wähler) sprach von einer Situation, die nicht mehr zu akzeptieren sei. "Vor allem das Vorgehen gegen die Wieslocher Geschäftsleute ist nicht zu dulden." Aus seiner Sicht sei eine Allgemeinverfügung, die der Polizei das Recht geben würde einzuschreiten, jetzt unbedingt notwendig. Ähnlich argumentierte Thorsten Krings (FDP). Nur mit Gesprächen komme man jetzt nicht weiter. "Wir dürfen keine rechtsfreien Räume entstehen lassen." Das Ziel der "Spaziergänger" sei es doch, ein "Faustrecht der Freiheit" zu wollen. "Man muss ihnen jetzt die Grenzen aufzeigen." Er befürchte, die "Spaziergänge" würden sich nicht von selbst "totlaufen". Corona sei vielmehr ein Schirm, unter dem sich viele versammelten.

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Richard Ziehensack (SPD) hob hervor, dass man mit der deeskalierenden Strategie bis jetzt gut gefahren sei. "Die Zahl der Teilnehmer an den montäglichen ,Spaziergängen’ hat abgenommen, wir sollten also jetzt genau überlegen, was wir tun." Jochen Filsinger (Freie Wähler) verwies auf die anstehenden Lockerungen im März. "Da fallen sicherlich viele Gründe weg, sich als ,Spaziergänger’ zu betätigen. Wir sollten abwarten".

Gerhard Veits (Grüne) sprach von einer "zunehmenden Unterwanderung". Es gehe nun darum, für all die Mitläufer ein klares Zeichen zu setzen. "Die könnten sich ja offiziell anmelden", meinte er. Henrik Wieditz vom Jugendgemeinderat resümierte, dass es sicher Teilnehmer an den Spaziergängen gebe, die gegen die Corona-Politik seien. "Aber da sind auch einige stramme Nazis mit dabei." Von denen würden auch die Treffen in Wiesloch organisiert. "Da freuen sich manche, zu uns zu kommen. Eine Allgemeinverfügung wäre richtig."

Peter Albrecht, Leiter des Wieslocher Polizeireviers, zeigte Verständnis für einen Ruf nach einer entsprechenden Verfügung. "Auch uns als Polizei beschäftigt das Thema, Wiesloch rückt immer mehr ins Rampenlicht." Die Stadt werde für diese Art von Protest "attraktiv". Gleichzeitig erläuterte Albrecht das Vorgehen der Polizei im Zusammenhang mit einer kleinen Gegendemo von drei Jugendlichen: Vorherige Woche hatten sie mit Kreide Botschaften auf die Straße geschrieben. Daraufhin kontrollierte sie die Polizei.

"Wir sind angehalten, alle Ereignisse zu protokollieren, mehr ist ja nicht passiert." Man habe nach den geltenden Vorschriften gehandelt und es sei genau definiert, was auf der Straße erlaubt sei und was nicht. Das Verhalten der Jugendlichen, so versicherte er, habe keinerlei Konsequenzen gehabt. Dem entgegnete Gabriela Lachenauer (Grüne), dass die Polizei dann auch gegen das an einem der Montage unrechtmäßig abgestellte Fahrzeug der AFD hätte vorgehen müssen.

Auf die Frage von Jan-Peter Oppenheimer (SPD), wie die Polizei mit einer Allgemeinverfügung vorgehen werde, wollte sich Albrecht nicht konkret äußern. "Wir können Platzverweise aussprechen und andere Maßnahmen ergreifen." Der Polizeichef verwies dabei auf die Gefahr, man könne damit die Grundlage schaffen, dass vielleicht noch mehr Menschen montags nach Wiesloch kommen könnten.

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