Weinheim

Nach dem Eklat um die Windeck äußern sich die Pächter

Pächter erklären sich zu Mietrückständen - Hallengastronomie ist auf Dauer nicht mehr tragbar

01.08.2018 UPDATE: 02.08.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 28 Sekunden

Die Pächter Marlies und Rolf Pflästerer im Restaurant auf der Burg Windeck. Foto: Dorn

Von Philipp Weber

Weinheim. Die Sommersonne heizt die Mauern der Windeck zurzeit auf wie einen riesigen Backofen - nur von außen. Dennoch herrscht bei den Burgpächtern aktuell eisige Stimmung: So steht das Telefon von Marlies und Rolf Pflästerer seit Samstag kaum still. Die beiden kennen den Grund. Ende letzter Woche wurde ein Schreiben von OB Heiner Bernhard an die Stadträte publik, das sich um Verhandlungen über einen Verkauf der Burgruine dreht. Das kam einem Eklat gleich, weil sich der Gemeinderat komplett übergangen fühlte. Auch der Erste Bürgermeister und baldige Interims-OB, Torsten Fetzner, hat sich inzwischen von Bernhards Vorgehen distanziert.

Da der noch amtierende OB Bernhard in seinem Schreiben aber entsprechende Angaben machte, waren auch die vermeintlichen Mietrückstände der Windeck- und Stadthallenpächter rasch öffentlich: Bernhard hatte in Aussicht gestellt, dass Windeck-Kaufinteressent Thomas Noor die Rückstände in fünfstelliger Höhe übernimmt.

Hintergrund

Die Ro-He-Wo-GmbH bewirtschaftet Windeck und Stadthalle. Geschäftsführer ist Rolf Pflästerer, Heiner Pflästerer ist Minderheitsgesellschafter. Ex-OB-Kandidat Simon Pflästerer ist derzeit

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Die Ro-He-Wo-GmbH bewirtschaftet Windeck und Stadthalle. Geschäftsführer ist Rolf Pflästerer, Heiner Pflästerer ist Minderheitsgesellschafter. Ex-OB-Kandidat Simon Pflästerer ist derzeit Mitarbeiter.

Die Stadthallen-Gastro ist seit 1997 in der Hand der Pflästerers. Sie waren für den (damaligen!) Pächter der Woinemer Hausbrauerei eingesprungen, auf Anfrage der Stadt.

Die Windeck wurde 1996 von den Pflästerers "gestürmt". Die damals Naturfreunde-Haus-ähnliche Bewirtung wurde professionalisiert.

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"Wir haben ein sehr gutes Verhältnis zu ihm und vielen Stadträten. Aber es ist ein Unding, solche Daten herumzuschicken", findet Marlies Pflästerer. Sie ist in der Ro-He-Wo-Gastronomie-Betriebs-GmbH ihres Mannes für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Die Ro-He-Wo unterhält die Gastronomien in der Stadthalle und auf der Windeck sowie einen freien Catering-Service.

Jetzt hat auch Marlies Pflästerer einiges klarzustellen: Zum einen beziehe sich die Sache mit den Pachtrückständen einzig auf die Stadthalle. "Auf der Windeck sind alle Rechnungen bezahlt", sagt sie: "Wir haben hier einen Vertrag bis 2020. Alle Buchungen behalten ihre Gültigkeit."

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Zum anderen hätten sich die Rückstände durch Verrechnungen mit der Stadt bereits deutlich reduziert: Um einen ebenfalls "fünfstelligen Betrag", so die Pflästerers. Es sei nie zur Debatte gestanden, dass Privatinvestor Noor Pachtrückstände übernimmt: "Das würde er auch gar nicht tun, das wissen wir. Und wir können diese Gelder selbst zurückzahlen." Es stimme auch nicht, dass es schon vor der letzten Pacht-Verlängerung in der Stadthalle Rückstände gab.

Aber warum sind die Mietschulden seit 2016 überhaupt zustande gekommen? "Für die Stadthalle ist einfach keine kostendeckende Bewirtschaftung mehr möglich", sagen die Pflästerers. Als sie die Hallen-Gastronomie vor gut 20 Jahren übernommen hatten, war Weinheims gute Stube noch weit besser frequentiert als heute. Die Firma Freudenberg veranstaltete dort zahlreiche Feste. Die von der Kulturgemeinde organisierten Theateraufführungen hatten noch deutlich mehr Zuschauer. Auch Tanzschulen schauten regelmäßig vorbei. Vielleicht stammt ein Sprachbild von Marlies Pflästerer noch aus diesen Tagen: "Man kann einige schlechte Tänze mittanzen, wenn danach wieder gute kommen", sagt sie. In letzter Zeit war das Tanzvergnügen in der Stadthalle aber arg begrenzt.

Die Pacht an sich richte sich zwar am Umsatz aus, erklärt sie. Gastronomische Fixkosten wie Reinigung, Versicherungen oder Geräte-Instandhaltung blieben aber immer gleich hoch. Personal einsparen sei auch keine Lösung: "Die Leute wollen schnell verköstigt sein. Egal ob 200 oder 500 da sind." So wollen die Pflästerers mittelfristig Konsequenzen ziehen - und aus dem Pachtvertrag für die Stadthalle aussteigen. Was sagt der Verpächter? In Sachen Windeck-Verkauf will Bürgermeister Fetzner die Füße stillhalten. Und das Thema nur in den Ratsgremien behandeln lassen, wenn die Fraktionen das wünschen. "Das Thema Pachtrückstände in der Stadthalle werde ich dagegen im Hauptausschuss beraten und mir eine Handlungsempfehlung geben lassen", verweist er auf die Zuständigkeit des Gremiums.

Während in der Stadthalle nun vieles auf gelegentliches Catering ohne festen Pächter hindeutet, halten die Pflästerers an der Windeck fest. Hier haben sie dank massiver persönlicher Präsenz seit 1996 ein Angebot aufgebaut, "bei dem die Oma ihren 80. Geburtstag ebenso feiern kann wie größere Firmen ihre Jubiläumsevents." Das sei keineswegs einfach gewesen - auch, weil die räumlich kleine Küche nicht jedem liegt. Auch Hochzeitsgesellschaften kommen gern. Neben dem Burgrestaurant gibt es noch den Biergarten mit Snackangeboten. In Anbetracht ihrer langen Zeit auf der Windeck hat es Marlies Pflästerer übrigens geschmerzt, dass Mitglieder einer Ratsfraktion ihre Burg-Gastronomie mit den gescheiterten Pächtern des Schlosspakrestaurants verglichen haben. Letztere hatten nur ein Jahr durchgehalten.

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