Weinheim

Ein Freiluft-Wohnzimmer gegen Obdachlosigkeit

Caritas machte am Dürreplatz auf Wohnungsmangel aufmerksam

12.09.2018 UPDATE: 13.09.2018 06:00 Uhr 1 Minute, 44 Sekunden

Stefanie Edinger, Kerstin Schmid, Benjamin Weis und Mario Rudloff (v.l.) saßen für Gespräche bereit. Foto: Dorn

Weinheim. (nare) Eine braune Ledercouch, dazu ein passender Sessel, eine Stehlampe in der Ecke und ein Teppich, der unter dem Wohnzimmertisch platziert wurde. Im Bücherregal stapeln sich rot eingebundene Bücher, auf der Kommode sorgt eine kleine Zimmerpflanze im grünen Topf für die nötige Frische. Was an diesem Raum besonders ist, ist aber nicht seine Einrichtung, sondern sein Standort: Denn dieses Wohnzimmer war am Dienstag mitten auf dem Dürreplatz in Weinheim zu begutachten.

Was zunächst nach einer lustigen Aktion aussieht und für den einen oder anderen irritierten Blick bei den Passanten sorgte, hat allerdings einen durchaus ernsten Hintergrund. Denn dieses "Zimmer auf der Straße" ist eine Aktion der Jahreskampagne des deutschen Caritasverbandes, die in diesem Jahr unter dem Thema "Jeder Mensch braucht ein Zuhause" läuft. Mit ihrem Wohnzimmer auf der Straße wollen die Initiatoren auf die erschreckenden Zahlen von Obdachlosigkeit in der Bevölkerung aufmerksam machen. Im vergangenen Jahr habe es 30 Prozent mehr Wohnungslose gegeben als noch im Jahr davor, auch im aktuellen Jahr sei die Tendenz steigend, sagt Benjamin Weis, der bei der Caritas für den Rhein-Neckar-Kreis zuständig ist. Schuld daran sei unter anderem der Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Doch die Mitarbeiter der Caritas wollen mit ihrer Aktion nicht nur auf die erschreckenden Statistiken aufmerksam machen, sondern auch zeigen, dass hinter jedem Wohnungslosen ein persönliches Schicksal steckt. "Wohnungslosigkeit bedeutet nicht, selbst schuld zu sein", lautet die klare Botschaft von Weis. Aus diesem Grund haben die Initiatoren an diesem Tag auch einige Wohnungslose in ihr "Wohnzimmer" eingeladen.

Wer also an dem Zimmer vorbeikam, konnte sich nicht nur mit den Mitarbeitern der Caritas, sondern auch in ungezwungener Atmosphäre mit den Betroffenen unterhalten und merken: Obdachlosigkeit ist ein Thema, das alle betrifft. Um genau solche Gespräche führen zu können, habe man sich für ein Wohnzimmer als "Zimmer auf der Straße" entschieden, denn die Couch biete eine gute Gelegenheit, sich hinzusetzen und ins Gespräch zu kommen, erklärt Weis. Für ihn ist insbesondere wichtig, den Passanten vor Augen zu führen, wie viele Menschen von Obdachlosigkeit betroffen sind.

Es handelt sich schon lange nicht mehr um ein Randphänomen. "In Deutschland fehlen eine Millionen Wohnungen", lautet die aktuelle Bilanz. Doch von ihrem Zimmer auf der Straße erhoffen sich Weis und sein Helferteam neben mehr öffentlicher Aufmerksamkeit auch Kontakte mit Menschen, die bereit sind, als ehrenamtliche Helfer etwas Gutes zu tun.

Denn in der Caritas-Tagesstätte in Weinheim, in der wohnungslose Menschen Mahlzeiten bekommen können oder mit Duschen und frischer Kleidung versorgt werden, können die fleißigen Mitarbeiter jede helfende Hand gebrauchen, sagt Weis. Das "Zimmer auf der Straße" selbst wartet nun auf seinen nächsten Einsatz in Schwetzingen am Donnerstag, wo es vermutlich wieder viele neugierige Passanten anlocken wird, die mehr über die Wohnungslosenhilfe der Caritas erfahren möchten.

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