Weinheim

Buchhändler sind bereit für Wiedereröffnung

Handlungen Beltz und Schäffner stellen auf Präsenzbetrieb um - Spannend wird, wie hoch die Kundenfrequenz tatsächlich ausfällt

05.03.2021 UPDATE: 06.03.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 33 Sekunden
Die Traditionsbuchhandlung Schäffner in der Hauptstraße will mit den regulären Öffnungszeiten starten, um nach einigen Tagen Bilanz zu ziehen. Foto: Dorn

Von Philipp Weber

Weinheim. Seit zwei Tagen sind Hermann Paul und sein Team mit Auf- und Umräumen beschäftigt. "Im Lockdown hatten wir das Innere der Buchhandlung auf den Lieferservice ausgerichtet. Auf denTischen wurden keine Bücher für den Verkauf ausgestellt, sondern zur Auslieferung in verschiedene Orte bereitgelegt", erklärt Paul Herrmann, Leiter der Beltz-Buchhandlung im Atrium an der Bahnhofstraße. Außerdem müsse noch Ware ausgepackt und in die Auslage gelegt werden.

Trotz der Mühen ist die Vorfreude groß unter den Buchhändlern: Sie zählen zu denjenigen, die vom kommenden Montag an in jedem Fall wieder öffnen dürfen – unter Hygiene-Auflagen, versteht sich. "Wir starten mit unseren regulären Öffnungszeiten", so Hermann. Dennoch ist er sich keineswegs sicher, dass der Andrang so groß wird wie zuletzt bei den Friseuren. Bei ihm hänge es nicht zuletzt davon ab, ob, wann und wie andere Geschäfte öffnen dürfen. Schließlich leben die Buchhändler in der City auch von Kunden, die zum Einkaufsbummel kommen.

Hoffnung auf weitere Öffnungen

Die Hygieneauflagen sehen vor, dass sich 25 bis 30 Kunden gleichzeitig in dem 300 Quadratmeter großen Flagship-Store des Beltz-Verlags aufhalten dürfen. Das sei unter normalen Umständen kein Problem, lediglich direkt vor Ostern könnte es voller werden, so Herrmann: "Dann müssten wir den Zutritt beschränken. Kurz vor dem Ende des zweiten Lockdown dankt der Buchhändler den Kunden, die dem Geschäft die Treue gehalten und auf die Liefer- und Abhol-Angebote zurückgegriffen haben: "Das war große Klasse", sagt er. Er hoffe nun für die anderen Händler in Weinheim, dass auch sie wieder öffnen dürfen – terminfrei, aber mit Hygieneauflagen.

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Auch in der Traditionsbuchhandlung Schäffner in der Hauptstraße laufen die Vorbereitungen auf Montag. Inhaberin Silvia Mayer setzt ebenfalls auf die üblichen Öffnungszeiten, die sich trotz der überschaubaren Größe des Geschäfts von 9 bis 18.30 Uhr erstrecken. "Wir nutzen dieses Zeitfenster nun eine Woche lang voll aus, dann ziehen wir Bilanz", kündigt sie mit Blick auf die Umgebung ihrer Handlung an: Der Marktplatz mit seinen Cafés und Restaurants fällt als Frequenzbringer weiter aus. Der Rest zeigt sich noch. Sollte die Frequenz zu gering ausfallen, muss die Buchhändlerin abwägen: Eine Möglichkeit wäre, den Laden nicht schon um 9 Uhr, sondern später zu öffnen; auf der anderen Seite empfinde es die Kundschaft als "transparenter", wenn die üblichen Öffnungszeiten eingehalten werden.

Hintergrund

Weinheim. (web) Es wird sich erst im Verlauf des Wochenendes entscheiden: Während bei Blumenläden und in Buchhandlungen ein Hygienekonzept ausreicht, herrscht beim übrigen Einzelhandel (Stand Freitagabend) noch keine vollständige Klarheit darüber, ob Kunden vor ihrem Besuch

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Weinheim. (web) Es wird sich erst im Verlauf des Wochenendes entscheiden: Während bei Blumenläden und in Buchhandlungen ein Hygienekonzept ausreicht, herrscht beim übrigen Einzelhandel (Stand Freitagabend) noch keine vollständige Klarheit darüber, ob Kunden vor ihrem Besuch einen Termin vereinbaren müssen. Weder die Sprecher der Stadt Weinheim und des Rhein-Neckar-Kreises, noch der Landtagsabgeordnete, parlamentarische Geschäftsführer und stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Uli Sckerl, konnten eine sichere Auskunft geben. Denn letztlich hängt vieles von der nächsten Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg ab, und die lag zuletzt noch nicht vor.

> Was auf jeden Fall geht: Buchhandlungen und Blumenläden dürfen von Montag an inzidenzunabhängig öffnen. Sie müssen Hygieneauflagen einhalten und dafür sorgen, dass bei kleineren Geschäften nur ein Kunde auf zehn Quadratmeter Fläche kommt (rein rechnerisch, versteht sich). In anderen Branchen wird in jedem Fall ein Besuch der Geschäfte nach vorheriger Anmeldung möglich sein ("Click and Meet").

> Was möglich ist, wenn die Infektionszahlen niedrig bleiben: Bereits seit Tagen weist der Rhein-Neckar-Kreis ein moderates Infektionsgeschehen aus, die Sieben-Tage-Inzidenz liegt unter 50, die nächtliche Ausgangssperre ist bereits aufgehoben worden. Wenn es übers Wochenende bei Werten von unter 50 bleibt und sich die politisch-juristische Bewertung der Bund-Länder-Konferenz von Mittwoch nicht diametral ändert, müsste es auch möglich sein, den übrigen Einzelhandel ohne Termin-Bindung zu öffnen (natürlich unter Hygieneauflagen). Aber: Definitiv sicher ist es nicht.

> Welche Rolle die Nachbarkreise spielen: Laut Sckerls Erkenntnissen gelten die Grenzwerte "kreisscharf". Das heißt, dass die Sieben-Tage-Inzidenz in Baden-Württemberg erst mal ebenso wenig eine Rolle spielt wie die Werte in den Nachbarkreisen.

> Warum die Fakten so spät kommen: Auch Sckerl ist alles andere als glücklich darüber, dass es bis ins Wochenende hinein dauert, ehe definitiv klar wird, was Sache ist. Ein Hintergrund ist wohl, dass Bund und Länder den betroffenen "dritten" Öffnungsschritt um eine Woche vorgezogen haben, weil der Druck entsprechend hoch war. Sckerl geht aber davon aus, dass die Kunden bis Montag wissen, ob sie ihre Lieblingsgeschäfte mit oder ohne Termin besuchen können. Nach Angaben eines Sprechers des Rhein-Neckar-Kreises bleibt auch noch abzuwarten, ob die ausstehende Landesverordnung noch in kommunale Allgemeinverfügungen umgesetzt werden muss. rnz.

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Die Hygieneauflagen, die Mayer und ihr Team aus der Zeit zwischen dem ersten und dem zweiten Lockdown kennen, lassen zwei Kunden gleichzeitig im Geschäft zu. So soll es nun auch von Montag an laufen. Ebenso wie OB Manuel Just (die RNZ berichtete) erkennt die Buchhändlerin in den jüngsten Beschlüssen der Ministerpräsidentenkonferenz das viel zitierte Licht am Ende des Tunnels – und in dem beschlossenen Corona-Stufenplan ein "Ja" der Politik zu der ebenso oft erhobenen Forderung nach mehr "Planbarkeit". Nun wünscht sie sich, dass auch andere Geschäfte bald wieder öffnen können. Deren Betreiber bräuchten dringen eine Perspektive, die drastisch formulierten Unterstützungsappelle der Händler an die Kommunalpolitik seien keineswegs übertrieben gewesen.

Sie ist sich sicher, dass der inhabergeführte Einzelhandel nicht zum Infektionsherd gerät: "Wir haben Plexiglasscheiben zwischen uns und der Kundschaft, die Abstands- und Hygieneregeln werden eingehalten – und die Leute tragen alle medizinische Schutzmasken. Da kann eigentlich nichts passieren", sagt sie.

Der Flagship-Store des Beltz-Verlags im Atrium an der Bahnhofstraße. Foto: Dorn

Sowohl Mayer als auch Herrmann wirkten übrigens einigermaßen überrascht von der Tatsache, dass Buchhandlungen relativ inzidenzunabhängig öffnen dürfen. Sie betonen aber auch, dass ein funktionierender Buchhandel vor Ort seine Richtigkeit und Wichtigkeit hat: So decken die Buchhändler auch ein Stück weit den Lernmittelbedarf für Schüler, von denen es in Weinheim bekanntlich nicht wenige gibt. "Bücher sind auch wichtig für die Volksseele", so Mayer. Damit meint sie zum Beispiel, dass das Studium von Literatur vielen dabei helfe, sich selbst zu beschäftigen – gerade in Zeiten, in denen viele Freizeiteinrichtungen geschlossen bleiben müssen.

Ein wesentlicher Aspekt ist sicherlich, dass Bücher – ebenso wie die selbst im "harten" Lockdown verfügbaren Medienangebote – zum gesellschaftlichen Diskurs beitragen. Gerade in aufwühlenden Zeiten wie diesen ist das nicht zu unterschätzen.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
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