Weinheim

"Click & Collect" greift auch beim Weinheimer Buchhandel

Dennoch hoffen die Händler, ihre Kunden bald wieder im Laden beraten zu können.

18.01.2021 UPDATE: 19.01.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 22 Sekunden
Jürgen Bietsch, stellvertretender Geschäftsleiter der Beltz-Buchhandlung. Foto: Kreutzer

Von Philipp Weber

Weinheim. Es hätte gar nicht viel gefehlt und 2020 wäre ein gutes Geschäftsjahr geworden. Das sagt Jürgen Bietsch, stellvertretender Geschäftsleiter der Beltz-Buchhandlung in der Innenstadt im RNZ-Gespräch. "Nach dem ersten Lockdown stieg der Bedarf an Büchern enorm. Betätigungen wie Reisen waren ja nur sehr eingeschränkt möglich", erklärt er. Dennoch habe die Buchhandlung letzten Endes schlechter abgeschnitten als im Vorjahr: Dass das Geschäft eine gute Woche vor Weihnachten vom zweiten Lockdown erfasst wurde und schließen musste, "das hat sehr wehgetan".

Zurzeit ist das Geschäft im Atrium an der Bahnhofstraße montags bis freitags jeweils von 9 bis 15 Uhr besetzt. Das vorerst eingeführte Prinzip "Click an Collect" greift auch beim Buchhandel, Kunden können via Internet und Telefon vorbestellen und die Ware an der Ladentür abholen. Buchhändler Bietsch räumt ein, dass die Präsenz von Personal im Laden betriebswirtschaftlich kaum Sinn ergibt: "Verglichen mit Zeiten, in denen der Laden richtig geöffnet hat, ist die Frequenz sehr niedrig."

Anders als während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 – damals stand Ostern vor der Tür – seien die Menschen zum Jahresbeginn gut mit Büchern versorgt. Erschwerend kommt hinzu, dass der Jahresbeginn auch im Buchhandel die Zeit ist, in der bestellt und geplant wird. "Die Vertreter bieten jetzt Ware zum Verkauf an. Wir hoffen, dass wir die Bücher so bald wie möglich an unsere Kunden weitergeben können."

Trotzdem bleibt Bietsch vorsichtig optimistisch und beteiligt sich weiter an "Click an Collect". Auf diese Weise halte er den Kontakt zu den Literaturfreunden: "Die Stammkunden rufen an, sie freuen sich, wenn sie vorbeikommen können. Nun hoffen wir, dass sich die Lage im Land bald entspannt und wir die Leute wieder ins Geschäft lassen können." Schließlich sei die Beratung vor Ort die Stärke der kleineren Buchhandlungen. Diese seien verglichen mit großen Filialisten gut durch die Coronazeit gekommen, sagt er.

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Silvia Mayer, Inhaberin der Traditionshandlung Schäffner. Foto: Dorn

Auch Silvia Mayer freut sich über die Treue ihrer Stammkunden. Und nicht nur über die: "Es kommen auch Leute vorbei, die gerade jetzt die kleineren Geschäfte unterstützen wollen", so die Inhaberin der Buchhandlung Schäffner in der Hauptstraße. Sie steht dem "Click and Collect" aufgeschlossen gegenüber: "Dadurch haben sich schon einige Dinge gebessert." Das gelte für sie als Händlerin, aber auch für die Kunden: "Wenn ich ausliefere, fahre ich manchmal wegen eines Buches einen Ort an." Sie tue das gern, weil sie ihre Kundschaft an sich binden will; aber der gefalle auch "Click an Collect", wobei sich auch vor ihrem Laden keine langen Warteschlangen bilden.

Der Buchhandel leide Mayer zufolge aber weniger als andere. Aus ihrer Sicht liegt das nicht allein daran, dass man Bücher nicht anprobieren muss: "Durch Konkurrenten wie Amazon war der Buchhandel schon vor zehn Jahren gezwungen, ins Online-Geschäft einzusteigen." Sie arbeite mit zwei Großhändlern zusammen, was nicht nur sehr zügige Lieferungen ermöglicht – sondern auch das Web-Geschäft vereinfacht. Einzelhändler, die jeden Artikel einzeln ins Netz stellen müssen, hätten es schwerer.

Mayer engagiert sich für die Einzelhändlervereinigung "Lebendiges Weinheim" – und sieht die aktuelle Situation durchaus mit Sorge. Nicht jeder habe das Glück, einen (anderweitig) mitverdienenden Ehepartner zu haben, sagt sie. Und die staatlichen Hilfen fließen auch nicht gerade in rasendem Tempo.

Auf der anderen Seite berge die Krise auch Chancen: Zum einen müsse der Einzelhandel ohnehin "massiv" neue Wege beschreiten und neue Vertriebsmöglichkeiten auftun. Die Krise könne als Katalysator wirken, so ihre Hoffnung. Und zum anderen spürten die Händler derzeit eine "Riesen-Solidarität". Der Einzelhandel rücke wieder ins Bewusstsein. Der Lockdown mache den Menschen bewusst, dass etwas fehlt, wenn die Geschäfte aus den Städten verschwinden. "Wenn wir glimpflich davonkommen, gehen wir vielleicht sogar gestärkt aus der Krise hervor", hofft sie.

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