Plus Walldorfer Waldschwimmbad

Als Gemeinderäte noch die Dauerkarten kontrollierten

Reiner Menges berichtet von den Anfängen des Waldschwimmbades. Oft hatte es mehr Besucher als der Ort Einwohner.

28.02.2023 UPDATE: 28.02.2023 06:00 Uhr 2 Minuten, 20 Sekunden
1953 wurde der Badesee des Waldschwimmbades in Walldorf eröffnet. Er entstand mit Unterstützung eines amerikanischen Pionierbataillons. Repro: Helmut Pfeifer

Von Anton Ottmann

Walldorf. Glaubt man der Werbung der Stadt Walldorf, so kommen in ihrem "Aqwa Freibad" ambitionierte Schwimmer, Bewegungshungrige und Erholungssuchende gleichermaßen auf ihre Kosten. Wer es naturnah liebt, kann ins klare Wasser des Badesees eintauchen. Im Olympia-Becken drehen die Sportler ihre Runden und im Nichtschwimmer-Becken mit der Spaß-Rutsche kann ordentlich getobt und gespritzt werden. An Land wird es ebenfalls nie langweilig, es gibt Gelegenheit, Beach-Volleyball, Fußball, Basketball und Tischtennis zu spielen. Und wer Entspannung sucht, kann es sich auf der weitläufigen Liegewiese bequem machen oder genießt das Plätschern der Wasserkaskade auf der Liegeterrasse am Badesee. Naturbelassene, schattige Ruhebereiche sind im Waldbereich zu finden.

Bis das "Aqwa" diesen Komfort bieten konnte, zu dem auch der Sauna-Bereich und das nahe Hallenbad gehören, dauert es viele Jahre: Der Anfang reicht bis zu den 1950ern zurück. Gebadet wurde damals in Bächen und Teichen, im Rhein und Neckar und in dem 1933 eröffneten Freibad in Wiesloch. Wie es schließlich zum "Walldorfer Schwimmbad" kam, erzählte Reiner Menges im Astorstift, in dem von Klaus Winnes organisierten Erzählcafé "Walldorfer erzählen Walldorf". Der Vortrag wurde ergänzt durch eine Bilder-Show mit historischen Aufnahmen und Postkarten.

Reiner Menges (l.) war zu Gast beim Erzählcafe von Klaus Winnes im Astorstift. Foto: Pfeifer

Angefangen hatte alles mit den "Kümmelwiesen", deren sehr kieshaltiger Boden an den vielen Kümmelblüten zu erkennen war. Hier hatten nach dem Krieg die Fußballer ihren Sportplatz, der im Zuge der einsetzenden Bautätigkeit zur lukrativen Sand- und Kiesgrube wurde. Schnell bildete sich durch das aufsteigende Grundwasser ein großes Wasserloch, was den damaligen Bürgermeister Wilhelm Schmelcher auf die Idee brachte, daraus einen Badesee zu machen. Unterstützt wurde die damals ländliche Gemeinde von dem in Heidelberg stationierten amerikanischen 45. Pionierbataillon, das mit Baggern, Planierraupen und einem "Erdhobel" anrückte. 1953 war Einweihung und, wie auf den alten Fotos zu sehen ist, so gut wie niemand im Wasser. Der Eintritt betrug für Kinder und Kriegsbeschädigte 20 Pfennig, für Erwachsene 50 Pfennig, eine Sonderjahreskarte für über 60-jährige Einheimische zwei Mark. Der Durchschnittslohn eines Arbeiters betrug damals aber 1,65 Mark in der Stunde.

Repro: Helmut Pfeifer

Vielen Besucher erinnerten sich noch an den ersten Bademeister Karl Willinger, einige hatten auch erste Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht auf dem "Knutsch-Bückele" gemacht, das vom See aus nicht eingesehen werden konnte. Ende der 1950er-Jahre war der Badesee zur regionalen Attraktion geworden. Oft seien am Wochenende mehr als 10.000 Besucher gezählt worden, weit mehr als Walldorf Einwohner hatte. Auf Fotos aus dieser Zeit sind die Kioske von Heinrich Hackmeier zu sehen, zwei Palmen zieren den Eingangsbereich. Auch gab es einen Dreimeter-Sprungturm und den mit einer Stahltrosse abgetrennten Nichtschwimmerbereich. Schirme waren keine zu sehen und eingecremt wurde mit Nivea-Creme oder Tiroler Nussöl, sodass die Haut der Badegäste weitgehend schutzlos in der Sonne brutzelte.

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In den 1960er-Jahren wurde dann der See 14 Meter tief ausgebaggert und es kamen, um den veränderten Bedürfnissen der Badegäste gerecht zu werden, ein Nichtschwimmer-, ein Olympia- und ein Kinderplanschbecken dazu. Um die langen Schlangen vor den Kassen zu bewältigen, ließ im heißen Juni 1967 der damalige Bürgermeister Wilhelm Willinger seine Gemeinderäte an den Nebeneingängen die Dauerkartenbesitzer kontrollieren. 1971 wurde nach zweijähriger Bauzeit das Hallenbad mit Innenrutsche und Saunabereich eröffnet, damit die Besucher "schwitzen konnten ohne zu schaffe", meinte Menges. Es folgte dann eine "See-Sauna" mit Blick durch die große Panoramascheibe auf den See und einen wunderschönen Sandstrand. Dort leuchteten jetzt die Schirme blau, gelb und rot und die Sonnenhungrigen konnten sich gemütlich auf ihrem "Teppich" ausbreiten, wie man in Walldorf zu den Badetüchern sagte.

Im Lauf der Jahre kam eine See-Bühne für Konzerte dazu, eine Salz-Lounge für Bronchiengeschädigte und eine Bio-Sauna für Gesundheitsbewusste. Selbst der Eingangsbereich sei inzwischen sehr ansprechend umgestaltet worden, sodass Menges am Ende stolz zusammenfassen konnte: "Wir haben eine wunderschöne Anlage."

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