Tafel feierte 15-jähriges Bestehen
"Komm teil mit mir": Es gab eine gesellige Feier. Susanne Reich ist neue Vorsitzende.

Von Kim Fellger
Walldorf. In Zeiten von Inflation und Ukraine-Krieg haben die meisten Menschen weniger Geld zur Verfügung und der Wocheneinkauf belastet die Haushaltskasse stark. Doch was ist mit denen, die vorher schon wenig hatten? Gerade für Sozialleistungsempfänger, Rentner und Bafög-beziehende Studierende stellt die rasante Teuerung ein unüberwindbares Hindernis dar, weshalb sie kaum noch in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. In solchen Situationen stehen die Tafeln helfend zur Seite.
Der deutschlandweit aktive Verein rettet im Sinne der Nachhaltigkeit die übrig gebliebenen Lebensmittel der Supermärkte und stellt sie für einen viel günstigeren Preis bedürftigen Menschen zur Verfügung. Die Tafel in Walldorf feierte ihr 15-jähriges Bestehen auf dem Marktplatz.
Unter dem Motto "Komm, teil mit mir" lud die Tafel alle Walldorfer ein, Essen und Geschirr von zu Hause mitzubringen, um dann gemeinsam an einer langen Tafel zu essen und zu teilen. Die Veranstaltung war gut besucht und Musik von der Stadtkapelle und von "Crazy Heart" – Werner Geistl mit Hits von den 1960ern bis in die Neuzeit – sorgte für eine fröhliche und ausgelassene Stimmung.
Die Tafel selbst bot Getränke, gegrillte Wurst und Gemüse an. Bei dem Event waren neben Helfern und Kunden der Tafel auch mehrheitlich Menschen zugegen, die in ihrem Alltag eher wenige Berührungspunkte mit der Tafel haben. So auch Ritta Schell, die zusammen mit ihren Freundinnen aus dem Gesangverein Eintracht Germania die Veranstaltung besuchte. Ihr gefiel die Idee und Umsetzung des Events mit Musik und Gesprächen sehr. Normalerweise habe sie wenig mit der Tafel zu tun, allerdings befürworte sie die Einrichtung und finde es wichtig, für den guten Zweck zu spenden. Ähnliches berichtete auch eine weitere Besucherin, Renate Evers. Für sie habe die Tafel "Berechtigung" und sie finde es toll, dass sich Menschen ehrenamtlich für andere einsetzen.
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Für den Vorsitzenden und Gründer der Tafel in Walldorf, Hans Klemm, stellte das Fest am Sonntag gleichzeitig eine Abschiedsfeier dar. Nach 15 Jahren des Engagements gibt er seinen Posten an Susanne Reich ab. Für die Zukunft sehen sie große Herausforderungen auf die Tafel zukommen, da es "immer weniger Spenden und immer mehr Bedürftige" gebe. Auch in der Nachwuchsarbeit gebe es Schwierigkeiten: Die meisten Mitarbeitenden der Tafel seien Frauen im Rentenalter und viele könnten die zum Teil körperlich anstrengende Arbeit nicht mehr leisten und würden aufhören. Gleichzeitig werde es immer schwerer, "junge Menschen für ein Ehrenamt zu gewinnen", so Reich.
Durch die Coronakrise waren auf einmal viel mehr Menschen auf die Tafel angewiesen, da vielen wegen Kurzarbeit oder Verlust des Jobs weniger Geld zur Verfügung stand. Doch auch jetzt nach der Pandemie habe sich die Situation nicht entspannt, berichtete Hans Klemm. "Eine Krise wurde durch die andere abgelöst", denn auf Corona folgte der Ukraine-Krieg, einhergehend mit Inflation und Energiekrise. Auch beziehen jetzt viele ukrainische Flüchtlinge Nahrungsmittel von der Tafel. Die Zahl der Bedarfsgemeinschaften, die auf die Tafel angewiesen sind, stieg von 110 auf 245.
Gleichzeitig seien die Spenden der 32 Geschäfte, von denen die Tafel in Walldorf Lebensmittel bezieht, zurückgegangen, so Klemm. Während der Pandemie wurde weniger für die Einkaufsmärkte bestellt und seither die Logistik optimiert, somit gibt es weniger Überschuss.
Deshalb sei die Tafel auf Spenden und Sammelaktionen von Schulen, Vereinen, Kirchengemeinden und Märkten angewiesen. Trotz all der Schwierigkeiten blickt die neue Vorstandsvorsitzende Susanne Reich positiv nach vorn. Sie sei überzeugt vom Tafelkonzept und freue sich über die Dankbarkeit der Kunden. Reich erzählte, dass sie zum Teil schockiert sei, mit wie wenig Geld manche Menschen in unserer Gesellschaft auskommen müssten. Deshalb finde sie es unglaublich wichtig, diese Menschen zu unterstützen.
So denken auch die Ehrenamtlichen. Sammy Clasen, der bereits seit 2018 bei der Essensausgabe arbeitet, erklärte, dass er vor allem bei der Tafel arbeite, um "in Form von Zeit und Ehrenamt etwas zurückzugeben". Er sei so dankbar für die Möglichkeiten, die seine Familie und er hier in Walldorf haben, dass er sich gerne durch sein Engagement revanchieren möchte. Es sei einfach schön, "dort etwas Gutes zu tun, wo man lebt", weil man dann die direkten Auswirkungen seines Handelns erlebe und sicher sein könne, dass die Hilfe auch wirklich ankommt.
Auch die Landtagsabgeordnete und ehemalige Bürgermeisterin Walldorfs, Christiane Staab, war vor Ort und bekannte sich als "großer Fan der Tafelidee ", da die Tafel für sie der "Inbegriff von Nachhaltigkeit" sei. Sie als Politikerin sehe, dass es dem Staat nicht möglich sei, alle Probleme zu lösen, weshalb die Tafel als "beständige Einrichtung" essenziell für armutsbetroffene Menschen sei.