Volksbegehren "Rettet die Bienen"

Zwischen Artenschutz und Existenzsorgen

Abgeordneter Sckerl lud zum Dialog ein

06.10.2019 UPDATE: 07.10.2019 06:00 Uhr 1 Minute, 53 Sekunden

Über 40 Interessierte kamen in den Anbau der Alten Turnhalle. Foto: Dorn

Von Karin Katzenberger-Ruf

Hirschberg. Weil das Volksbegehren "Rettet die Bienen" inzwischen auch von landwirtschaftlichen Betrieben mit der Gegenaktion "Grünes Kreuz" quittiert wird, hatte Uli Sckerl als Landtagsabgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen zum Dialog in den Anbau der Alten Turnhalle eingeladen.

Dass dies logistisch innerhalb weniger Tage klappte, ist auch ein Verdienst von Hans Mayer, Vorsitzender des Bauernverbands Großsachsen. Er hatte für den Veranstaltungsort gesorgt. Über 40 Interessierte kamen am Samstag dorthin. Auf drei Kurzvorträge zum Einstieg folgte eine fast zweistündige Diskussion, bei der sich rund 25 Gäste zu Wort meldeten. Landwirte, die um ihre Existenz fürchten, ebenso wie Umweltschützer, die davon überzeugt sind, dass der Artenschutz keinen Aufschub mehr verträgt. Mit dem Volksbegehren soll ein Gesetz auf den Weg gebracht werden, das unter anderem den Einsatz von Pestiziden in Landschaftsschutzgebieten zunächst mal grundsätzlich verbietet. An der Bergstraße gehören sämtliche Anbauflächen östlich der B 3, die vor allem für Obst- und Weinbau genutzt werden, zu dieser Kategorie. Ausnahmegenehmigungen sollen beantragt werden können. Dazu meinte Hans Mayer: "Die Kirschessigfliege ist zum Beispiel ein Schädling, der ganz plötzlich auftritt und schnell bekämpft werden muss. Da können wir nicht lange auf die Entscheidung warten, ob wir spritzen dürfen oder nicht."

Auch die im Volksbegehren formulierte Zielsetzung, den Anteil der Ökobetriebe bis 2035 auf 50 Prozent zu erhöhen, hält er aus jetziger Sicht für unrealistisch. Es sei denn, Handel und Kundschaft würden mitziehen.

Viele Landwirte sehen das Volksbegehren "Rettet die Bienen" kritisch. Mit Äpfeln und Info-Tafel machten sie bei der Veranstaltung am Samstag auf ihre Sorgen aufmerksam. Foto: Dorn

Darauf setzen Frank Reichenbacher vom Nabu und Siegfried Demuth vom BUND, die als Vertreter der Ortsgruppen Weinheim am Podium saßen. Demuth, Diplom-Biologe und Naturfachwirt, schlug analog zum "Wasserpfennig" den "Lebensmittelpfennig" vor. Das "Entnahmegeld" war von einigen Bundesländern zum Schutz des Grundwassers erhoben worden und sollte Landwirte wiederum für den sparsamen Einsatz von Düngemitteln entschädigen. Auch Sckerl ist der Meinung, dass über solche und ähnliche Maßnahmen, auch die Einbeziehung ganzer Handelsketten, etwas zu bewegen wäre. "Wir wollen zwischen Naturschutz und Landwirtschaft keine Gräben aufschütten, sondern nach Möglichkeit Wege für ein gemeinsames Handeln für den bestmöglichen Artenschutz bauen" bekräftigte er.

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Deshalb schlug er vor, die Gruppierungen sollten sich baldmöglichst nochmals zusammensetzen, um konkret zu besprechen, welche Regelungen den Ökoanbau fördern und den Pestizideinsatz weitgehend vermeiden könnten. Die Vorschläge sollten dann in einen alternativen Gesetzentwurf einfließen, der ergänzend zur Abstimmung gestellt werden könnte, sofern das Volksbegehren erfolgreich sein sollte. Dieses wird derzeit von rund 120 Verbänden und Organisationen unterstützt. Die landesweite Unterschriftensammlung begann am 24. September, bis März 2020 müssen mindestens 770.000 Unterschriften vorliegen. Dann muss sich der Landtag mit dem Begehren beziehungsweise mit der Gesetzesvorlage befassen. Findet sie keine Mehrheit, kommt es im zweiten Halbjahr zur Volksabstimmung.

Die größten landwirtschaftlichen Verbände in Baden-Württemberg haben jüngst einen Volksantrag vorgelegt. Dieser sieht keine gesetzlichen Änderungen vor, sondern nur Absichtserklärungen zum Artenschutz. Der Dialog in Großsachsen scheint trotz kontroverser Diskussion auf fruchtbaren Boden gefallen zu sein. Wie weit die Kompromissbereitschaft geht, wird sich bei weiteren Veranstaltungen zeigen.

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