Umstrittene Baupläne in Dossenheim

Die Kirche bleibt im Dorf-Blick

Technischer Ausschuss lehnt Bauvoranfrage für Gemeindehaus ab - Bebauungsplan wird aufgestellt - Proppenvoller Rathaussaal

20.10.2017 UPDATE: 21.10.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 17 Sekunden

Liebhaber dieses Blicks können (vorerst) durchatmen. Durch die Veränderungssperre bleibt das Areal rund um die St.-Pankratius-Kirche für mindestens zwei Jahre unangetastet. Foto: Alex

Von Benjamin Miltner

Dossenheim. Viel Gedränge, alle Sitzplätze belegt, dahinter stehende Personen: Ein Blick in den proppenvollen Rathaussaal genügte, um zu erkennen, dass die öffentliche Sitzung des Technischen Ausschusses keine gewöhnliche war. "Wenn das richtige Thema auf der Tagesordnung steht, dann ist auch der Saal voll", leitete Bürgermeister Hans Lorenz die Sitzung ein.

Das "richtige Thema" waren die drei Bauvoranfragen der katholischen Kirchengemeinde rund um ihr Gotteshaus: Nordöstlich der Kirche ist ein eingeschossiges Gemeindehaus mit gut 500 Quadratmetern Grundfläche, bis zu sechs Metern Höhe und angrenzend elf Stellplätzen geplant. Südöstlich soll am Schlüsselweg 7 ein Doppelhaus hin. Ebenfalls zur Finanzierung des Gemeindehauses ist in der Kirchstraße auf einen Teil der Wiese und Treppe unterhalb der Kirche ein Wohnhaus vorgesehen. Gerade letzteres Vorhaben war über Wochen das Gesprächsthema Nummer eins in der Gemeinde. "Es ist ganz wichtig, dass darüber auch öffentlich diskutiert wird", betonte Lorenz. Die Verwaltung habe lange beraten, ob dies Aufgabe der Gemeinde sei. "Wir dachten eigentlich, die katholische Kirche macht selbst eine Veranstaltung. Aber gut, dann findet die Information eben im Technischen Ausschuss statt", so der Bürgermeister. Eine erste kleine Spitze in Richtung Kirchengemeinde.

Hintergrund

Die drei Bauvoranfragen der katholischen Kirche wurden vom Technischen Ausschusses (TA) abgelehnt und an den Gemeinderat überstellt - das ist mehr als nur eine Formalität. Denn auch wenn die Anfragen nur rudimentäre Pläne enthielten: Mit einer Genehmigung durch den TA und

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Die drei Bauvoranfragen der katholischen Kirche wurden vom Technischen Ausschusses (TA) abgelehnt und an den Gemeinderat überstellt - das ist mehr als nur eine Formalität. Denn auch wenn die Anfragen nur rudimentäre Pläne enthielten: Mit einer Genehmigung durch den TA und anschließend durch das Landratsamt wären sie wie eine Baugenehmigung rechtsbindend und hätten der Kirchengemeinde Bauanspruch verliehen. Nun prüft das Baurechtsamt des Kreises, ob der TA sein Einvernehmen zu Recht versagt hat. Parallel dazu bereitet die Verwaltung einen Bebauungsplan-Aufstellungsbeschluss für das Straßengeviert Wilhelm-, Kirch-, Heidelberger Straße und Schlüsselweg sowie eine Veränderungssperre vor. Stimmt der Gemeinderat am 21. November zu, liegt es an der Gemeinde, gemeinsam mit Pfarrgemeinde, Städteplaner und Betroffenen einen Bebauungsplanentwurf zu erarbeiten. "Eine reine Verhinderungsplanung ist nicht zulässig" stellt Bauamtsleiter Jörg Ullrich klar. Vielmehr müsse ein Konzept erarbeitet werden, in dem sich auch das Interesse der Kirche widerspiegelt.

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Nach kurzer Einleitung kam Lorenz schnell zum Beschlussvorschlag der Gemeinde, "auch um etwas Spannung aus der Sache rauszunehmen". Die Verwaltung schlug erstens vor, die Bauvoranfrage abzulehnen, zweitens das Thema angesichts "der Tragweite" in den Gesamtgemeinderat zu verweisen und drittens einen Bebauungsplan aufzustellen (vgl. Hintergrund). "Den gibt es im Moment dort nicht", sagte Lorenz und erklärte weiter: "Diese Vorgehensweise gibt uns die nötige Zeit und den Raum für öffentliche Diskussion" - und ist mit einer mindestens zweijährigen Veränderungssperre verknüpft.

Der Bürgermeister distanzierte sich damit klar vom Antragssteller und legte auch seine persönliche Meinung dar: "Für mich geht es hier um einen der markantesten Punkte der Gemeinde. Es gibt im Ort wenig Stellen, wo man so einen Blick auf die Kirche, aber auch auf das Drumherum hat." Lorenz zeigte für die bei der Gemeinde eingegangenen Einsprüche - darunter auch eine 400 Stimmen starke Unterschriftensammlung gegen das Bauvorhaben - ebenso Verständnis, wie für den Wunsch der Pfarrgemeinde nach Räumlichkeiten unweit der Kirche. Diese seien wichtig für die wertvolle Arbeit, die dort in den Gruppierungen geleistet wird.

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Lorenz versprach, dass Gemeinde und Kirche sich im Zuge der Aufstellung des Bebauungsplans bemühen wollen, eine bessere Lösung zu finden als die aktuelle. Er weiß aber: "Es wird schwierig, alle Interessen unterzubringen." Erschwerend kommt hinzu, dass neben der örtlichen Kirchengemeinde auch der Pfälzer Kirchenschaffnei und der Pfarrpfründestiftung in Freiburg Flächen rund um die Kirche besitzen.

Werner Wolf-Holzäpfel, der Leiter des Erzbischöflichen Bauamts in Heidelberg, stellte die Bauvorhaben, die bislang nur Anwohnern vorlagen, auch einer breiteren Öffentlichkeit vor. Sein Vortrag war von Raunen begleitet, als er von einem "kleinen Gemeindehaus" und als "Grundstock zur Finanzierung" von einem Einfamilienhaus in der Kirchstraße sprach. Bürgermeister Lorenz merkte angesichts der geplanten 250 Quadratmeter Wohnfläche an, dort würde ja ein schönes Einfamilienhaus entstehen. Nicht erst mit dem spontanen Applaus als Reaktion auf diesen Kommentar war die Stimmungslage im Raum klar.

Nach kurzer Fragerunde der Gemeinderäte nahmen diese die Gemeindevorlage einstimmig an. Die Bauvoranfrage war abgelehnt, um genau 19:40 Uhr der Punkt abgeschlossen. Danach leerte sich der Gemeindesaal. Drinnen handelten die Räte ihre Tagesordnung ab, draußen im Foyer gingen die Debatten zwischen Anwohnern, Bürgern, Kirchenmitgliedern und -vorständen weiter. Da Pfarrer Ronny Baier sich wegen eines Termins offiziell entschuldigt hatte, stand vor allem Pfarrgemeinderätin Michaela Marcolini Rede und Antwort. Schon vor der Sitzung hatte sie gesagt: "Ich stelle mich auf eine längere Geschichte ein." Spätestens seit Donnerstag wird ihr niemand widersprechen.

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