Verschwindet die Kirche hinter Häusern?
Katholische Kirchengemeinde plant drei Neubauten - Wohnhäuser sollen Geld für Gemeindezentrum bringen - Anwohner nicht begeistert

Die St. Pankratiuskirche in Dossenheim. Archiv-Foto: Alex
Von Benjamin Miltner
Dossenheim. Es ist seit Monaten ein heißes Thema in Dossenheim: Die Neubaupläne der Katholischen Kirche für ein Gemeindezentrum haben viele, teils hochemotionale Diskussionen ausgelöst. Anwohner und alteingesessene Dossenheimer sorgen sich um die freie Frontansicht auf und um die Parkplatzsituation an der St. Pankratius-Kirche, die das Erscheinungsbild der Gemeinde prägt. Auch in der Kirchengemeinde ist so manches Mitglied überrascht von den drei Bauvoranfragen, die in einer öffentlichen Sitzung des gemeinderätlichen Bauausschusses am kommenden Donnerstag vorgestellt werden. Aber der Reihe nach:
Die Vorgeschichte: Die Gemeinde denkt seit mehr als zehn Jahren über ein neues Gemeindezentrum nach. Das Pfarrheim bietet für die verschiedenen Gruppierungen nicht genügend Kapazitäten und ist zudem nicht barrierefrei. In dem etwa 300 Meter von der Kirche entfernten Augustinusheim sind derzeit 160 Kinder in Kindergarten und Krippe untergebracht, der große Veranstaltungssaal ist nur noch bedingt nutzbar.
Kurzum: Bedarf ist da. Ideen ebenso - nur wurden die nie zu Ende gedacht. Zu teuer. Zu wenig Platz. Zu kompliziert die Besitzverhältnisse rund um die Kirche. "Wir können aber das Thema nicht aus lauter Angst vor uns herschieben, nur weil es schwierig ist", sagt Michaela Marcolini, Pfarrgemeinderätin der Seelsorgeeinheit Schriesheim-Dossenheim. Also wurde vor gut einem Jahr ein neuer Prozess angestoßen und mit der Unterstützung des Erzbischöflichen Bauamts in Heidelberg ein Vorschlag erarbeitet, der jetzt als Bauvoranfrage im Dossenheimer Rathaus eingegangen ist.
Das Bauvorhaben: Genau gesagt sind es drei Anfragen, die die katholische Kirchengemeinde eingereicht hat: Erstens soll nordöstlich der Kirche ein eingeschossige Gemeindehaus entstehen. Nach RNZ-Informationen soll es über Grundfläche von gut 500 Quadratmetern verfügen und teils sechs Meter in die Höhe ragen. Zweitens ist vorgesehen, das südöstlich des Gotteshauses und der Kirche gehörende Anwesen im Schlüsselweg 7 - zurzeit das Zuhause des Asylkreis-Sprachcafés - abzureißen und dort ein Doppelhaus zu errichten. Dieses soll laut Marcolini in Erbpacht vergeben werden und dient als finanzieller Grundstock für das neue Gemeindehaus ebenso wie - drittens - der angedachte Neubau in der Kirchstraße, nordwestlich der Kirche. Das hier geplante Mietshaus birgt das größte Konfliktpotenzial.
Die Diskussion: Freie Sicht auf die im neobarocken Stil gebaute und 1926 geweihte schmucke Kirche - die scheinen die Dossenheimer im Allgemeinen und die Anwohner im Besonderen lieb gewonnen zu haben. Und genau um diesen Anblick fürchten sie jetzt, sollten die freie Wiese und ein Teil der Treppe, die zur Kirche hochführt, bebaut werden. "Ich verstehe die Bedenken", sagt Michaela Marcolini. "Aber aufgrund der schwierigen finanziellen Situation kann ich nur um Verständnis werben." Man wolle die Nachbarschaft mitnehmen, den parkähnlichen Zustand unterhalb der Kirche bewahren und nur das Nötigste auf so wenig wie möglich Fläche bauen. Deswegen sei das Gemeindezentrum als größtes Gebäude ja auch etwas versteckt hinter der Kirche geplant.
Marcolini stellt zudem klar: Die Bauvoranfrage soll rechtliche Möglichkeiten schaffen. "Sie ist für uns ein ganz wichtiger Schritt, aber was wirklich umgesetzt wird, ist eine andere Frage." In der Anfrage, die auch den Bewohnern vorliegt, habe man die größtmögliche Variante skizziert. Heißt: ein Mehrfamilienhaus in der Kirchstraße. Marcolini sagt: "Wir bauen da unten nicht um des Bauens willen, sondern als Mittel zum Zweck." Der Kirchengemeinde wäre es auch lieber, sie hätte einen Gönner für das Gemeindezentrum, dann wäre eine weitere Bebauung obsolet.
So ist es aber nicht. Stattdessen herrscht Unruhe. In der Kirchengemeinde selbst, in der viele Mitglieder das Vorhaben skeptisch sehen, auch weil sie sich schlecht informiert fühlen. Und bei den Anwohnern. Sie betonen, dass schon jetzt die Parksituation angespannt sei und bemängeln die Kommunikation der Kirche. Pfarrer Ronny Baier sieht das anders. In einer Mitteilung im Gemeindeblatt zeigt er sich verwundert, dass in Dossenheim die Gerüchteküche koche und bittet, bei Fragen ihn anzusprechen, damit nicht "unnötig Stimmung gegen unser Vorhaben gemacht wird". Allerdings: Baier schreibt von einem Einfamilienhaus in der Kirchstraße, den Neubau am Schlüsselweg sowie die elf geplanten neuen Parkplätze für das neue Gemeindezentrum erwähnt er nicht.
So geht’s weiter: Die drei Bauvoranfragen werden am Donnerstag, 19. Oktober, um 19 Uhr im Bauausschuss vorgestellt. Und zwar öffentlich, um die Planung vorzustellen, wie Jörg Ullrich, Bauamtsleiter der Gemeinde Dossenheim, bestätigt. Auch der Verwaltung sei die Aufregung vor allem der Anwohner nicht entgangen. Laut Bürgermeister Hans Lorenz wird der Sachverhalt wohl bald auch Thema im Gemeinderat sein - bei der Tragweite der Diskussion nicht überraschend.



