Ukraine-Flüchtlinge

Lieber nach Polen und Berlin als in die Region Heidelberg

Die Wiesenbacher Initiative kam ohne Flüchtlinge zurück. Die Ukrainer wollen grenznah bleiben.

23.03.2022 UPDATE: 24.03.2022 06:00 Uhr 1 Minute, 25 Sekunden
„Wir fahren nach Deutschland in die Stadt Wiesenbach“, steht in Ukrainisch auf dem Schild von Szeligowskis Mitarbeiter Roman Barabash. Mitfahren wollte aber niemand. Foto: privat

Wiesenbach. (bmi) Alles war vorbereitet. Die Unterkünfte gerichtet, die Gastfamilien bereit, der Transport organisiert. 13 Flüchtlinge wollte der Wiesenbacher Bauunternehmer Robert Szeligowski von der polnisch-ukrainischen Grenze ins Elsenztal bringen. Dafür waren zwei seiner ukrainischen Mitarbeiter mit einem Kleinbus und einem Sprinter in die polnische Stadt Przemysl gefahren. Am Ende fuhren die beiden wieder alleine zurück. "Leider wollte niemand in die Region Heidelberg mitfahren", berichtet Szeligowski.

Was auf den ersten Blick unglaublich klingt, erklärt der 47-Jährige so: "Die meisten Ukrainer hoffen auf ein baldiges Kriegsende und wollen daher so nah wie möglich an ihrer Heimat und damit in Polen bleiben", sagte Szeligowski, der selbst Pole ist und seit 2004 in der Region lebt. Die Flüchtenden, die es weiter nach Deutschland zieht, fragen alle nach Berlin und München. Also nach den großen Städten, aus denen man ebenfalls verhältnismäßig schnell zurück nach Osteuropa kommt. Dass sie auch von dort weiter auf Orte in der ganzen Republik verteilt werden, findet kein Gehör.

Auch Falschinformationen spielen weiter eine große Rolle. Wie schon die Bammentaler Ärztin Liane Wirth, die über 70 Flüchtlinge ins Elsenztal brachte, berichtet auch Szeligowski von Angst und Propaganda: "Es hält sich hartnäckig das Gerücht, dass die Ukrainer auch bei einem schnellen Kriegsende mindestens ein Jahr in Deutschland bleiben und zudem alle Sozialhilfe zurückzahlen müssen."

Die beiden ukrainischen Mitarbeiter waren zwei Tage lang in der polnischen Notunterkunft mit einem großen Schild unterwegs. "Bei uns warten deutsche Familien mit Zimmer und Wohnungen, ihr bekommt finanzielle Hilfe", wiederholten sie gebetsmühlenartig. Ab und an gab es mündliche Zusagen, etwa von einer fünfköpfigen Familie, die wenig später dann aber eine Unterkunft im polnischen Breslau vorzog.

Szeligowski und seine Frau waren – inspiriert durch die Ukraine-Hilfsaktion der Gemeinden Meckesheim und Eschelbronn – selbst tätig geworden. Aus dem eigenen Fuhrpark der Firma "RS Bau und Sanierung GmbH" standen schnell zwei große Fahrzeuge bereit, über Freunde, Nachbarn und Soziale Medien wurden Unterkünfte in Wiesenbach und Umgebung organisiert. Mit Spenden von Privatleuten und Apotheken rappelvoll beladen ging es an die polnisch-ukrainischen Grenze. "Die Lebensmittel wurden direkt dort verteilt, Medikamente sind in Lwiw und im direkten Kriegsgebiet angekommen", betont Szeligowski. Er ist froh, dass zumindest so geholfen werden konnte, und hebt die Dankbarkeit der Menschen hervor.

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