Meckesheim/Eschelbronn

Hilfskonvoi wurde auf der Autobahn gerammt

Der Hilfskonvoi kehrte aber mit Geflüchteten von der ukrainischen Grenze zurück. Der Unfall steckte allen in den Gliedern.

10.03.2022 UPDATE: 11.03.2022 06:00 Uhr 3 Minuten, 5 Sekunden
Vor dem Feuerwehrgerätehaus wurden die Geflüchteten und der Hilfskonvoi von Mitarbeitern der Gemeindeverwaltung begrüßt. Foto: Roland Wolf

Von Roland Wolf

Eschelbronn/Meckesheim. Diese dreitägige Reise an die polnisch-ukrainische Grenze werden die Mitglieder des Hilfskonvois aus Eschelbronn, Meckesheim und Mönchzell so schnell nicht vergessen. Die Hilfsaktion ging von Julia Bevkh-Steiger aus Meckesheim aus, die aus der Ukraine stammt und Bürgermeister Maik Brandt um Hilfe bat. Sie hat noch Freunde und Verwandte im Kriegsgebiet, denen sie helfen und die sie bei der Flucht unterstützen wollte.

Schnell stimmte sich der Meckesheimer Bürgermeister mit seinem Eschelbronner Amtskollegen Marco Siesing ab und leitete die Hilfsaktion in die Wege. Eine ganze Woche lang wurden Hilfsgüter, vom Asthmaspray bis zur Zahnpasta, von unzähligen Spendern zusammengetragen. Die Hilfsbereitschaft war einfach überwältigend.

Am Montag in der Früh startete der Hilfskonvoi, bestehend aus sieben Fahrzeugen aus Eschelbronn, Meckesheim und Mönchzell, mit den beiden Bürgermeistern an der Spitze in Richtung Osten. Die Fahrzeuge waren bis unters Dach vollgepackt, und für die Rückreise war vorgesehen, insgesamt 34 Geflüchtete aus der Ukraine mitzunehmen, um ihnen im Kraichgau ein sicheres Dach über dem Kopf zu geben.

Verabschiedet wurden die 15 Konvoi-Mitglieder, die sich während der langen fast 1300 Kilometer langen Fahrt am Steuer abwechselten, von der Meckesheimer MuM-Gemeinderatsfraktion, die Verpflegungstüten für unterwegs spendierte, und auch die Bäckerei Schieck aus Helmstadt zeigte sich mit der Spende von frischen Backwaren solidarisch mit dem Hilfskonvoi.

Auch interessant
Meckesheim/Eschelbronn: Bürgermeister fahren an die ukrainische Grenze
Lkw verschwand kurz: So kommen Hilfsgüter der Ukraine-Hilfe Sinsheim auch wirklich an

Die Fahrt ging über Nürnberg, Prag, Brünn, Katowitz und Krakau am ersten Tag bis nach Kombornia in Polen, noch knapp 200 Kilometer von der Grenze zur Ukraine entfernt. Dort wurden in einer Herberge in der Nacht frische Kräfte gesammelt, und am Morgen ging es auf dem letzten Teilstück nah an die polnisch-ukrainischen Grenze. Dort sollten die Hilfsgüter übergeben und die Geflüchteten aufgenommen werden.

Auf einem großen Parkplatz musste sechs Stunden lang bei klirrender Kälte auf die Ankunft des Flüchtlingsbusses gewartet werden. Wenn oft von "sibirischer Kälte" gesprochen wird, dann war dies nur ein kleiner Vorgeschmack auf die Verhältnisse, noch viele Kilometer entfernt weiter im Osten. Die Spannung bei den Helfern stieg, denn niemand wusste genau, was auf ihn zukommen würde und ob alles so ablaufen könnte, wie es geplant war.

Die Verteilung der Geflüchteten auf die Fahrzeuge verlief recht zügig. Foto: Roland Wolf

Kurz vor Einbruch der Dunkelheit war es so weit: Der Bus rollte auf den Parkplatz – und dann ging alles rasend schnell, so, als hätte man noch nie etwas anderes im Leben gemacht. Die Hilfsgüter wurden aus den Einsatzfahrzeugen in den Bus umgeladen, die Geflüchteten wurden begrüßt und auf die Fahrzeuge verteilt. Es waren junge Mädchen, Mütter mit Kindern und ältere Frauen und Männer, denen die Erleichterung ins Gesicht geschrieben stand, das Kriegsgebiet verlassen zu können.

Nach gut einer Stunde war alles erledigt, die Ukrainer hatten mit ihrem Gepäck die Plätze in den Fahrzeugen eingenommen, und der Bus startete mit den übergebenen Hilfsgütern wieder in Richtung Ukraine. Die Freude bei den Helfern, dass alles reibungslos geklappt hatte, war auf der Fahrt in Richtung Autobahn deutlich zu spüren.

Was dann aber geschah, wird allen Beteiligten noch eine Weile in den Gliedern stecken: Das Feuerwehrauto aus Mönchzell, das den Schluss des Konvois bildete, wurde von einem heranrasenden Fahrzeug gerammt. Es durchbrach die Leitplanke, überschlug sich und blieb auf dem Dach auf der anderen Straßenseite liegen. Die beiden Fahrer und die vier Geflüchteten konnten sich aber selbst aus dem Fahrzeug befreien. Sie trugen lediglich Blessuren und einen gehörigen Schock davon. Die Autobahn war längere Zeit komplett gesperrt.

Alle Beteiligten behielten aber einen kühlen Kopf, alarmierten Polizei und Rettungsdienst und kümmerten sich um eine Unterkunft für die Nacht, denn das unverschuldet in den Unfall verwickelte Fahrzeug erlitt Totalschaden und fiel damit für den Weitertransport aus.

Der Rest der Helfertruppe konnte weiterfahren und erreichte am Mittag des dritten Tages unversehrt wieder die Heimat. Am Abend kamen dann auch die restlichen Helfer und Geflüchteten wohlbehalten zu Hause an, nachdem sie ein Ersatzfahrzeug gemietet hatten.

In Meckesheim wurde zunächst in der Auwiesenhalle ein Lager für die Geflüchteten eingerichtet. In Eschelbronn halfen viele freiwillige Helfer mit, eine gemeindeeigene Wohnung herzurichten, und ein Bürger stellte seine Privatwohnung zur Verfügung.

Unzählige Sachspenden und Lebensmittel gingen aus der Bevölkerung ein, um den Ankömmlingen die erste Zeit in der Fremde zu erleichtern. Und mehr als 4000 Euro Spenden konnte Bürgermeister Siesing verbuchen, die für diesen Zweck bei der Gemeinde eingingen. Die Anteilnahme und Solidarität für diese Aktion war überwältigend, was alle Konvoi-Teilnehmer in ihrem Gefühl bestätigte, das Richtige zum richtigen Zeitpunkt gemacht zu haben. Der Sender "Radio Regenbogen" berichtete fast stündlich über Sprachnachrichten der beiden Bürgermeister über den Verlauf der Aktion.

Jetzt muss das "normale Leben" der Flüchtlinge in Eschelbronn und Meckesheim anlaufen. Für das Erledigen von Formalitäten, für Einkäufe und für erste Gespräche, in denen die Ukrainer die Umgebung näher kennen lernen können, haben sich bereits einige Ukrainisch sprechende Bürger aus den Gemeinden zur Verfügung gestellt.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.