Überflutungs-Katastrophe

Was der Hirschberger Marcel Donath bei seinem Einsatz erlebte

Der Feuerwehrmann packte als freiwilliger Helfer im Überschwemmungsgebiet Ahrweiler mit an.

22.07.2021 UPDATE: 23.07.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 13 Sekunden
Der Schlamm beherrscht auch das Bild im eigentlich sonst so idyllischen Weindorf Dernau. Foto: Marcel Donath

Von Annette Steininger

Hirschberg/Dernau. Seit Tagen hat man die schrecklichen Bilder der Überschwemmungskatastrophe im Kopf. Etwas ganz anderes ist es aber, wenn man die Situation hautnah vor Ort erlebt, die selbst erfahrene Feuerwehrleute schockt. Der Gerätewart der Freiwilligen Feuerwehr Hirschberg, Marcel Donath, beschloss dennoch, seinen Urlaub zu nutzen, um quasi als Privatperson mit Fachexpertise vor Ort, in Dernau im Kreis Ahrweiler mit anzupacken.

"Es sieht hier aus wie nach dem Krieg, nur nicht zerbombt, sondern voller Schlamm", erzählt der 23-Jährige der RNZ einigermaßen fassungslos. Vor seiner Anreise am Dienstag versuchte er sich vergeblich, via Hotline und online als Helfer zu registrieren. "Das funktioniert alles nicht", berichtet er. Eine Rückmeldung habe er nie erhalten. Über eine Facebook-Gruppe machte er sich auf die Suche nach einer Privatunterkunft und kam so in Kontakt mit einer Familie in Rheinbrohl, die ihn und Sarah Lorenz, eine im Deutschen Roten Kreuz aktive Freundin aus Heidelberg, aufnahm. "Sie sind so lieb zu uns, haben uns ein ganzes Stockwerk zur Verfügung gestellt und bekochen uns", ist Donath dankbar.

Feuerwehr-Gerätewart Marcel Donath (23) gönnt sich zwischendurch mal eine kurze Pause; seine Kleidung ist voller Schlamm. Foto: Marcel Donath

Urlaub für Hilfsaktion genutzt

Einen solchen Rückzugsort brauchen die Helfer, denn die Lage vor Ort ist immer noch katastrophal. Der Gerätewart hat auch mitbekommen, dass das Zusammenspiel der verschiedenen Hilfsorganisationen vor Ort nicht wirklich gut funktioniert. "Es ist katastrophal organisiert", sagt Donath.

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Auch an der Ausstattung der Einsatzkräfte mangelt es. So gibt es laut Donath in einigen Gemeinden schlichtweg keine Feuerwehrhäuser mehr; sie wurden durch die Flut einfach zerstört. Auch in Dernau wütete das Wasser im Gebäude der Wehr und stand bis zu vier Meter hoch. "Jetzt ist da überall Schlamm", sagt Donath.

Für die Einsatzkräfte hatte er aber einiges im Gepäck. Denn der Gerätewart arbeitet bei einer Firma für Feuerwehrbedarf, bei Weinhold in Heppenheim. Als sein Arbeitgeber erfuhr, dass Donath eine Hilfsaktion im Unwettergebiet plant, war er begeistert und bot sofort Unterstützung an. Und die sah so aus: Donath durfte Sachspenden im Wert von 4000 Euro mitnehmen, darunter Feuerwehrkleidung, Stiefel, Masken, Besen und Schaufeln. Für den Transport konnte er den Firmenbus nutzen.

Auch im Gepäck hatte der Gerätewart einen Stromerzeuger aus dem gerade ausgemusterten Tanklöschfahrzeug der Hirschberger Feuerwehr. Die Gemeinde gab ihm dafür die Erlaubnis, und nun leistet das Gerät für eine Familie in Dernau gute Dienste. Die Stromversorgung war komplett zusammengebrochen. "Immerhin gibt es inzwischen wieder frisches Wasser aus einem Brunnen, das man aber nicht trinken darf", erzählt Donath.

Durch den "verseuchten Schlamm" überall sei auch das DRK stark gefragt und verabreiche Tetanus-Impfungen zum Schutz.

Die Flut hat hier Häuser unter Wasser gesetzt, zerstört und Autos sogar auf Bäume oder Grabsteine gespült. Foto: Marcel Donath

Der Gerätewart selbst packte einfach überall dort an, wo er gebraucht wurde. So reparierte er beispielsweise Pumpen und organisierte eine Eimerkette mit einem 20-köpfigen Helferteam, um Gebäude von Wasser zu befreien. "Überhaupt sind hier alle sehr hilfsbereit", findet Donath. Daher organisierte er am Mittwochabend auch einen Grill, sodass sich die Helfer zwischendurch mal über etwas Schönes freuen konnten.

Einen Tag zuvor half er, eine Wohnung auszuräumen, wo das Wasser im ersten Stock hüfthoch gestanden war, beschreibt der Gerätewart die Lage. Er hat Autos auf Grabsteinen liegen und einen Wohnwagen im Baum hängen sehen. An Gebäuden von Verstorbenen prangen Kreuze.

Eindrücke, die man nicht so schnell wieder vergisst. "Ich muss das jetzt erst mal verdauen", gibt Marcel Donath offen zu. Am Donnerstagabend ging es für ihn zunächst wieder zurück in die Heimat nach Hirschberg, doch der nächste Einsatz in der kommenden Woche ist schon eingeplant. Denn die Menschen im von der Überschwemmung so hart getroffenen Dernau brauchen solche Hilfe dringend.

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