Trockenheit im Wald

Mühlhausener Förster wünschen sich vor allem Regen

Wie sich die Dürre des Jahres 2018 auf den Wald auswirkt, ist im Mühlhausener Forst besonders deutlich zu beobachten - Ein Besuch

04.07.2019 UPDATE: 05.07.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 55 Sekunden

Im Mühlhausener Wald sind teilweise ganze Buchenbestände abgestorben. Eine unmittelbare Folge des Dürrejahres 2018. Gerade die Buchen sind gegen Wasserstress sehr empfindlich, viel empfindlicher beispielsweise als die robustere Eiche mit ihrer Pfahlwurzel. Künftig wollen die Forstleute deshalb verstärkt auch die Eiche setzen. Foto: Kloé

Mühlhausen. (oé) Die Szene hat fast schon Symbolcharakter. Von den drei großen Bäumen, die in dem kleinen Waldstück dicht nebeneinanderstehen, macht nur einer einen wirklich gesunden Eindruck: Es ist eine Eiche. Die Esche gleich daneben ist vom Eschentriebsterben deutlich gezeichnet und weist viele dürre Äste auf. Noch mitgenommener sieht die Buche dazwischen aus. Die Baumkrone ist stark gelichtet, man sieht welke Blätter und nur spärliches Grün. Auch hier viele abgestorbene Äste. Vielleicht wird sich der Baum erholen und noch ein paar Jahre leben, aber alt wird er bestimmt nicht werden.

Forstbezirksleiter Philipp Schweigler und Revierleiter Bernd Niederer stellen tief greifende Veränderungen im Wald fest - eine Folge der Trockenheit. Foto: Kloé

"Hier sehen wir zwei Probleme und einen Hoffnungsträger", kommentiert Philipp Schweigler die bedrückende Szene. Als Forstbezirksleiter ist er für den südlichen Teil des Rhein-Neckar-Kreises mit dem Kraichgau zuständig. Zusammen mit seinem für die hiesigen Wälder verantwortlichen Revierförster Bernd Niederer ist Philipp Schweigler unterwegs im Waldgebiet zwischen Mühlhausen, Angelbachtal und Östringen, wo besonders viele Bäume markante Schäden aufweisen oder abgestorben sind - Buchen vor allem. Es sind die sichtbaren Folgen des Dürrejahrs 2018, als es monatelang nicht regnete. Vor allem im August, September und Oktober des vergangenen Jahres fiel praktisch kein Tropfen vom Himmel. Zu wenig Wasser für die empfindlichen, weniger trockenheitstoleranten Buchen, wie Philipp Schweigler und Bernd Niederer erläutern.

Dass die Schäden im Mühlhausener Wald besonders sichtbar werden, hat ihren Worten zufolge mehrere Gründe. Zum einen ist es der tonige Boden, der für die Bäume nur schwer zu durchwurzeln ist und auch schneller austrocknet. "Das macht den Wasserstress besonders groß", sagt Philipp Schweigler. Dann war 2018 auch ein extremes "Mastjahr", wie die Fachleute sagen. Wegen des nassen Winters 2017/2018 haben gerade die Buchen im vergangenen Jahr besonders intensiv geblüht und auch große Mengen an Bucheckern ausgebildet. Als dann die große Dürre kam, war das für die Bäume eine zusätzliche Belastung. Dass die Bucheckern oft an den Ästen hängen blieben, war bereits ein Indiz dafür, dass die Bäume Schaden genommen hatten.

Und schließlich hat wohl auch die Umgehungsstraße ihren Anteil. Einmal, weil die Trasse einen künstlichen Abriss im Wald geschaffen hat, der die Bäume der prallen Sonne aussetzt. Gerade Buchen vertragen das den Experten zufolge nicht. "Dann vermuten wir aber auch, dass die Straße den Wasserhaushalt beeinflusst", ergänzt Bernd Niederer. Vielleicht erklärt das, warum gerade entlang der Umgehungsstraße so viele Buchen abgestorben und teilweise ganze Bestände verdorrt sind.

Für die Forstleute ist dieses Buchensterben neu. Anders als bei den Fichten. Im Eichtersheimer Wald beispielsweise sind ganze Fichtenbestände ein Opfer des Borkenkäfers geworden, der von der Erwärmung profitiert und sich deshalb stärker vermehrt. Aber das macht den Forstleuten "nicht so viele Sorgen und tut auch nicht so weh wie bei den Buchen". Denn eigentlich sind sie die in unseren Breiten von Natur aus vorherrschende Baumart. "Der Lehrmeinung nach sind unsere Wälder natürliche Buchenwald-Gesellschaften", erklärt Bernd Niederer. Dass gerade die Buchen jetzt besonders leiden, ist Forstbezirksleiter Schweigler zufolge "ein Einschnitt", ein Zeichen dafür, dass sich etwas verändert. "Und das macht uns richtig Sorgen." Dabei spielen wirtschaftliche Erwägungen die geringste Rolle. "Es geht um den Wald", sagt Philipp Schweigler.

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Und dieser Wald wird sich in Zukunft wandeln, darin sind sich die Forstleute einig. An die Stelle der Buche wird künftig mehr und mehr die Eiche oder auch die Elsbeere treten, Bäume, die robuster und resistenter gegen Trockenheit sind. Auch die Esskastanie, die Baumhasel oder sogar die Zeder kämen für Neuanpflanzungen infrage. Entsprechende Forschungen und Versuche laufen bereits. Im Mühlhausener Wald werden die Veränderungen vielleicht weniger auffallen als anderswo. Denn er war bisher schon ein "typischer Eichenwald", wie Bernd Niederer erklärt. Vielleicht ein Hinweis darauf, dass es schon einmal extreme Wetterereignisse wie jetzt gab. "Wir wissen es nicht", sagt der Revierförster. Aber es sei schon auffallend, dass die Eiche hier "der prägende Baum" sei.

Für die Forstleute, die gewohnt sind, in langen Zeiträumen zu denken und auch auf die Selbstheilungskräfte der Natur zu vertrauen, ist dies indes auch ein Hoffnungszeichen. "Der Wald verändert sich immer", sagt Bernd Niederer. "Er ist nicht statisch, sondern dynamisch, auch wenn es langsam geht." Entscheidend sei, dass die Natur weiterhin genug Fläche zur Verfügung habe. Dann kann der Wald auch künftig seine vielen Funktionen erfüllen, die gerade im Zeichen des Klimawandels immer wichtiger werden. Zum Beispiel die Eigenschaft eines gigantischen Wasserspeichers. "Der Wald hält das Wasser wie ein Schwamm fest", erklärt Bernd Niederer. Allerdings braucht es dafür auch ausreichend Regen. Und genau das ist es, was sich die Forstleute angesichts der erneuten Trockenphase sehnlichst wünschen: anhaltenden, ergiebigen Regen.

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