Strafzettel für Stadträte

Neckargemünder Stadtrat entschuldigt sich

Joachim Bergsträsser gab im Gemeinderat eine persönliche Erklärung ab

13.02.2020 UPDATE: 14.02.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 34 Sekunden
Auf dem Rathaus-Innenhof dürfen nur Mitarbeiter der Stadt mit Monatsparkschein parken. Stadträte taten dies während einer Sitzung im Januar unerlaubt – und erhielten Knöllchen. Foto: Alex

Von Christoph Moll

Neckargemünd. Es war der Januar-Aufreger in der Stadt am Neckar: Während einer Sitzung des Ausschusses für Bau, Umwelt und Verkehr verteilte der Vollzugsdienst der Stadt Strafzettel an Stadträte, weil diese unerlaubt im Innenhof des Rathauses parkten. Dort dürfen nur Mitarbeiter der Stadtverwaltung mit einem Monatsparkschein ihr Auto abstellen. So hatten es die Stadträte selbst erst im Dezember erneut beschlossen.

Joachim Bergsträsser, SPD-Stadtrat und Ortsvorsteher des Stadtteils Mückenloch, hatte die Knöllchen scharf kritisiert und einen "Racheakt" der städtischen Mitarbeiter an den Stadträten gewittert. Der 62-Jährige vermisste "Fingerspitzengefühl" der Stadt im Umgang mit ehrenamtlich tätigen Stadträten. Bergsträsser hatte angekündigt, das Knöllchen zunächst nicht zu zahlen, damit die "Zettelverteiler des Ordnungsamts in die Röhre schauen", wie er sagte. In der jüngsten Sitzung des Gemeinderates gab er nun eine persönliche Erklärung ab, in der er sich entschuldigte.

Joachim Bergsträsser. Foto: privat

"Nach 31 Jahren Gemeinderatstätigkeit und nach nahezu 13 Jahren ehrenamtlicher Tätigkeit als Ortsvorsteher ist es mir gelungen, mit meiner Aufregung über eine Ordnungswidrigkeit von zehn Euro kräftig danebenzuliegen und mich so zu benehmen, wie es von mir bisher nicht bekannt war und auch nicht vorkam", sagte Bergsträsser. "Bei Bürgermeister Volk habe ich mich für dieses Verhalten entschuldigt, eine Rüge seinerseits habe ich akzeptiert und entgegengenommen."

Das Bußgeld habe er inzwischen an die Stadtkasse überweisen, so Bergsträsser, der sich auch bei den Bürgern für seine "nicht angebrachten Emotionen" entschuldigte. Ironisch "bedankte" sich Bergsträsser für den "Shitstorm" – also den Sturm der Entrüstung mit zum Teil beleidigenden Äußerungen – in den sozialen Medien, in denen er nicht angemeldet sei, über den er aber durch die Berichterstattung in der RNZ erfuhr. "Einer Kommentierung enthalte ich mich", sagte er. "Ganz besonders" bedankte sich Bergsträsser – und das dürfte wiederum ernst gemeint gewesen sein – bei jenen Personen, die sich bei ihm meldeten und weitere Lücken in der Parkraumbewirtschaftung aufzeigten. Bürgermeister Frank Volk bedankte sich für die Entschuldigung, kommentierte diese aber nicht weiter.

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Wer nicht hören will, muss zahlen. Nach diesem Prinzip verfährt die Neckargemünder Stadtverwaltung, wenn es ums Parken geht. Und sie macht dabei bekanntlich auch nicht vor Stadträten halt. Bei der Sitzung des

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von Christoph Moll:

Wer nicht hören will, muss zahlen. Nach diesem Prinzip verfährt die Neckargemünder Stadtverwaltung, wenn es ums Parken geht. Und sie macht dabei bekanntlich auch nicht vor Stadträten halt. Bei der Sitzung des Bau- und Verkehrsausschusses Mitte Januar erhielten mehrere Stadträte Knöllchen, weil sie unerlaubt im Innenhof des Rathauses parkten – wie sie es schon seit Jahrzehnten taten.

Zur jüngsten Sitzung des Gemeinderates ließ sich nun eine abrupte Änderung des Parkverhaltens beobachten. Der Innenhof des Rathauses war wie leergefegt. War hier während der Sitzungen meist jeder Parkplatz belegt, so standen hier nun nur noch sieben Autos – eines davon gehörte Bürgermeister Frank Volk, der dort aber parken darf.

Umso mehr belegt waren stattdessen die kostenfreien Parkplätze auf der anderen Straßenseite gegenüber dem Rathaus, wo sonst nur ganz regelkundige Stadträte parkten. Hier standen die Autos nun in Reih und Glied, sodass nicht mal der Gemeindevollzugsdienst etwas daran auszusetzen hatte.

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Später in der Sitzung stellte Joachim Bergsträsser den Antrag, eine Zehner-Parkkarte zum Preis von fünf Euro für den Parkplatz im Innenhof des Rathauses und andere Privatparkplätze der Stadt einzuführen. "Es gibt Personengruppen, die diese Parkplätze nicht unberechtigt nutzen wollen, der Preis einer Monatskarte aber nicht im Verhältnis zur Zeit der Nutzung steht", begründete er. "Mit der Ausstellung von Zehnerkarten wäre gewährleistet, dass eine rechtmäßige Nutzung der Abstellplätze erfolgen kann." Der Nutzer trage in die Zehnerkarte das Datum der Nutzung ein, womit das Parken für diesen Tag erlaubt sei. "Gerecht wäre, wenn mit allen Parksündern gleich umgegangen wird", sagte Bergsträsser. "Gerecht wäre aber auch, wenn Gemeinderäte im Hof des Rathauses parken könnten."

Dort seien Parkplätze zu Zeiten von Sitzungen des Gemeinderates und seiner Ausschüsse überwiegend frei. Zehn Euro für ein paar Abende im Monat seien aber ungerecht. Auch in Teilzeit arbeitende Lehrer von Grundschule, Realschule und Max-Born-Gymnasium, sollten mit gerechten Parkgebühren ihre Autos abstellen können. Außerdem werde ehrenamtlich tätigen Menschen die Motivation genommen, wenn sie "erhöhte Parkgebühren" im Parkhaus Pflughof bezahlen sollen, so Bergsträsser, der zudem kritisierte, dass bei der Villa Menzer kein Parkplatz als behindertengerecht ausgewiesen sei. Jene beim Stadttor seien zu weit entfernt.

Bürgermeister Volk nahm den Antrag entgegen. Dieser könne nicht vor Juni behandelt werden kann. Denn nach dem jüngsten Beschluss des Gemeinderates müsse ein halbes Jahr gewartet werden. Volk wies darauf hin, dass von den 31 Parkplätzen im Rathaushof 17 an die Firma Ortho im Untergeschoss des Rathauses und vier an die Stadtwerke vermietet seien. Von den restlichen zehn Stellflächen seien jeweils einer für Bürgermeister, Amtsboten und Bauhof sowie zwei für städtische Dienstfahrzeuge reserviert. Somit stünden nur noch fünf Parkplätze zur Verfügung. Die derzeit rund 35 ausgestellten Monatsparkscheine für städtische Mitarbeiter gelten deshalb auch für die Parkplätze an der Falltorstraße, die tagsüber von 7 bis 19 Uhr nur zwei Stunden mit Parkscheibe genutzt werden dürfen.

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