Es muss nicht immer Paris sein
Schlemmerkino feierte eine gelungene Premiere - Alle zwölf Veranstaltungen ausverkauft

Klaus Erdmann (Café Erdmann), Hermann Wetzel (Feinkost Wetzel, vorne, v. li.) und ihr Team richten hoch konzentriert das Essen an. Indessen sorgten Freddy Wonder (li. hinten) and Friends nicht nur musikalisch für Stimmung. Foto: Kreutzer
Von Alexander Albrecht
Hirschberg-Leutershausen. Freddy Wonder nimmt die Akustik-Gitarre ab, genießt den Beifall, winkt und ruft in den Saal: "Kommt mit nach Paris, wir fahren schon mal vor." Dabei hat der Premierenabend des Schlemmerkinos am Montag schon zu diesem Zeitpunkt eines unter Beweis gestellt: Es muss nicht immer die Stadt der Liebe sein, wenn man sich kulinarisch wie musikalisch verwöhnen lassen will. "Paris kann warten" - so lautet denn auch der treffende Name der anschließend gezeigten Liebeskomödie.
LU, HP, MA, SÜW, RP und natürlich HD - so beginnen die Kennzeichen der Autos, die in der Hölderlinstraße und drumherum parken. Das Cinema-Gastro-Erlebnis im kleinen, aber feinen Olympia-Kino hat sich längst weit über die Bergstraße hinaus herumgesprochen. Innerhalb kürzester Zeit waren alle zwölf Veranstaltungen in diesem Jahr ausverkauft. "Nicht mal für unsere Familien haben wir noch Karten gekriegt", seufzt Wonder mit einem Augenzwinkern. "Ooooooh", johlt das Publikum.
Der Abend hätte freilich angenehmer beginnen können. Der Himmel zieht sich zu, es ist bedenklich dunkel. Weil es jeden Moment regnen könnte, verschanzen sich die meisten Besucher vor dem Kino unter Zelten und Sonnenschirmen. Entschädigt wird ihnen das Warten durch "Mühlen Secco" und das Amuse-Gueule: eine Quiche mit Wildschweinschinken. Für den kulinarischen Start nach Maß sorgt der erste von fünf Hirschberger Lokalmatadoren: der Hofladen "Zur Mühle" in Großsachsen.
Und dann kommt sie, fast wie aus dem Nichts: die vierköpfige Freddy-Wonder-Band. Zu lockeren Rock’n’Roll-Hits wie "Diana" wärmen sich die bibbernden Cineasten schnell auf. Und es bleibt sogar trocken. Bestens gelaunt schnappen sich die Besucher noch ein Gläschen Wein am Stand des Weinguts Teutsch und begeben sich auf ihre Plätze. Vorne im Saal richtet das Schlemmerkino-Team bereits die von Feinkost Wetzel kreierte Vorspeise an: Lachstatar an würzigen Belugalinsen. Die geübten Servicekräfte holen sich die Teller und bedienen Reihe um Reihe. Die Kino-Fans haben sich schon die großen Holzbrettchen auf die Schenkel gelegt, worauf sie die Köstlichkeiten Gang für Gang zu sich nehmen.
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Mit großem Hallo, Baguette unterm Arm und Rotwein marschiert die Freddy-Wonder-Band ein, alle vier Mitglieder stilecht mit Baskenmützen. Bis auf ein französisches Chanson geben sie fast ausschließlich englischsprachige Hits zum Besten. Geschenkt! Für den absoluten Höhepunkt sorgt Markus Zimmermann, der am Keyboard vor der Pariser Stadtsilhouette auf der Leinwand "A Sky Full of Stars" singt - so schön und so eindringlich wie Coldplay-Frontmann Chris Martin im Original. Tosender Applaus. Mit der Inbrunst eines Zirkusdirektors preist Konditormeister Klaus Erdmann jeden Gang an. Nach dem Lachstartar wird Perlhuhnbrust an getrüffeltem Püree und glaciertem Gemüse vom Hotel Krone serviert, das Weingut Teutsch schenkt dazu seinen Spätburgunder aus.
So voller die Mägen werden, so luftig-leicht kommt der Film daher, auch wenn es hier ebenfalls ums Essen geht. Ein Charmeur fährt eine gestresste Amerikanerin durch Frankreich - mit vielen Abstechern in Restaurants.
Den Schlusspunkt setzt der Moderator und Mitorganisator Klaus Erdmann mit dem Dessert aus seiner Konditorei: ein sündig-süßes "Venus Brüstchen" aus Schokomousse und Haselnusseis an Aprikosenkompott. Schlemmen auf hohem Niveau - Paris kann warten.



