Weinabsatz ist teils stark eingebrochen
Die Corona-Krise hat einige Winzer der Region schwer getroffen - Absatz über Einzelhandel läuft - Weinverkaufsstellen dürfen öffnen

Rund um Wiesloch-Walldorf. (rnz) Wäre da nicht das neue Coronavirus, die Winzerschaft der Region und aus ganz Deutschland könnten entspannt in die Zukunft schauen. 2019 wurde ein guter Herbst eingefahren. Bis auf wenige Ausnahmen herrschte 2019 das ganze Jahr über die passende Witterung und sorgte für einen frühen Herbst. Der Jahrgang brachte zwar nicht die absoluten Spitzengewächse hervor, doch was in den Kellern der Weinbauern der Region sowie der "Winzer von Baden" in den letzten Monaten reifte, war ein überdurchschnittlicher Tropfen, der für viel Freude im Gaumen beim Genießen sorgen sollte.
Aktuell wird das Gros der weißen Tropfen gerade auf die Flaschen gefüllt und bei den Weintrinkern in der Region wuchs sicher schon die Vorfreude, um mit den filigranen Gewächsen aus Winzerhand das königliche Frühjahrsgemüse Spargel zu genießen. Die roten Tropfen schlummern noch in den Tanks und Fässern, um dann bis zum Sommer oder im Spätjahr ihre ganze Pracht in der Nase und am Gaumen zu entfalten.

Doch daraus wird im Moment leider nichts. Zahlreiche Veranstaltungen, die die Winzerschaft üblicherweise im Frühjahr und Frühsommer mit Wein beliefern konnte, sind abgesagt, und die Wenigsten holen sich die guten Tropfen von den heimischen Rebhängen rund um Wiesloch direkt vom Winzer nach Hause. "Corona" verändert nicht nur das Leben der Menschen im Beruf und in der Freizeit, auch das Trinkverhalten verändert sich. So ist der Absatz bei den meisten Weingütern wegen der Auswirkungen der Corona-Krise zum Teil merklich zurückgegangen. Abzusehen ist im Moment noch nicht, wie sich das wirtschaftlich auf die Winzerschaft auswirkt, auf jeden Fall aber werden die Weingüter, die traditionell mehr den Privatkunden bedienen, gößere Schwierigkeiten haben als jene Weinerzeuger, die im Lebensmitteleinzelhandel und bei den Discountern präsent sind. So dürften die "Winzer von Baden", die in den letzten Jahren vermehrt auch Supermärkte beliefern, weniger unter der Corona-Krise leiden.
"Wir stehen ’Gewehr bei Fuß’"
Völlig weggebrochen ist der Absatz für die Winzer in Bars, Restaurants, Bistros oder auf Festen. Diese sind im Moment geschlossen beziehungsweise wurden ganz abgesagt oder zumindest verschoben. Vor Jahresfrist war das Frühjahr noch ein gutes Geschäft für die Weinbautreibenden, denn gerade in unserer Region, einer der wärmsten Deutschlands, finden die Veranstaltungen im Freien früh an. So wird es in diesem Jahr kein "Wein & Spargel" in Rauenberg geben und ob die Weinlaube in Rotenberg pünktlich zum ersten Mai öffnen kann, ist auch noch fraglich.
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Von Seiten der Rauenberger Winzer richtet man sich auf jeden Fall darauf ein, dass es in diesem Jahr später losgeht. "Normalerweise hätten wir vom 30. April bis in den September hinein an jedem Wochenende eine Veranstaltung oder wären bei einem Event dabei gewesen. Hierzu gehören neben den Weinlauben das Weinparadies ebenso dazu wie die Weinkost oder die Beteiligung an der Sommernacht", so Vorsitzender Georg Wipfler von den Rauenberger Winzern. Wann es wirklich losgeht, wissen die Winzer in Rauenberg ebenso wenig wie die in den umliegenden Gemeinden. "Im Moment gehen wir nicht davon aus, dass wir pünktlich starten können. Wie sich dann das Frühjahr und der Sommer im Hinblick auf die Durchführung von Veranstaltungen entwickelt, bleibt abzuwarten", so Wipfler.

"Auf jeden Fall stehen wir sozusagen ’Gewehr bei Fuß’", fährt er fort. "Weiterhin bleibt abzuwarten, wie sich die Menschen nach Corona verhalten. Es wird in den nächsten Monaten wohl auch darauf ankommen, ob es starke wirtschaftliche Zwänge gibt. Denn eines ist klar: Der Weinkonsum steht in solchen Situationen hintan, aber vielleicht warten die Weinfreunde in der Region auch gerade darauf, dass wir unsere Ausschankstellen öffnen und wir erleben einen Ansturm. Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass die Gesundheit und die Sicherheit der Besucher immer an vorderster Stelle stehen muss", erklärt Georg Wipfler. In Rauenberg macht man sich schon Gedanken über die Zeit nach dem "Shutdown". "Wenn wir später beginnen, was ja auch noch in den Sternen steht, besteht vielleicht die Möglichkeit, dass wir die Saison bis in den Herbst hinein verlängern. Hier werden wir im Rathaus rechtzeitig anfragen", teilt Georg Wipfler weiter mit.
Gleich doppelt trifft es das Weingut Block aus Mühlhausen. Das noch junge Weingut hat sich in den zehn Jahren gerade im Privatkundenbereich fest bei den Weinfreunden etabliert. Nun hat aktuell das angeschlossene Restaurant zu, über das ein Großteil des Absatzes lief. "Wir haben zwar einen Abholservice eingerichtet und liefern das Essen auch aus, doch das kann das normale Geschäft, das wir hätten, nicht wettmachen. Wir freuen uns über jeden Kunden, der bei uns bestellt, und liefern dazu auch unsere Weine aus. Auch direkt ab dem Weingut können unsere Gewächse abgeholt werden", sagt Sonja Block.
Eine schwierige Zeit ist es aktuell auch für Daniel Rhein vom Malscher Weingut Hummel. Dieser hat erst vor wenigen Jahren das Zepter in dem renommierten und hochdekorierten Weingut am Fuße des Letzenbergs übernommen. "Der Weinverkauf läuft bei uns sehr zurückhaltend, da die Gastronomie-Kunden nicht geöffnet haben und daher keine Weine ordern. Dieser Rückgang wird nicht durch einen Mehrverkauf an Privatkunden wettgemacht, es läuft alles sehr schleppend. Uns belastet auch, dass Verordnungen von heute auf morgen geändert werden, die offiziellen Stellen dazu aber keine Auslegungshinweise geben. Hinzu kommt noch die Ungewissheit, wie es mit unseren ausländischen Hilfskräften weitergeht, denn aktuell müssen die Arbeiten in den Weinbergen ja weiter laufen", führt Daniel Rhein aus.
Für Friedhelm Koch vom gleichnamigen Dielheimer Weingut stellt das Ganze eine "surreale Situation" dar. Dabei sieht Koch die Menschen in ländlichen Gebieten, also gerade in unserer Region, im Vorteil, da die Wege zum Erzeuger, also auch zum Winzer oder Gemüsebauern, kurz sind. "Unser Internetshop ist deutlich stärker nachgefragt und im Moment können wir noch den Postversand bewältigen. Gut kommt auch unser Lieferservice an, den wir auch anbieten", meint Friedhelm Koch. Ähnlich sieht es auch Bernhard Fellhauer vom Weingut Fellini in Rauenberg. Er appelliert an alle, die lokalen Winzer und Landwirte zu unterstützen, damit die schwierige Zeit gemeinsam überstanden werden könne und alle nach der Pandemie wieder fröhlich zusammen bei einem Glas Wein sitzen könnten.
Viel Arbeit im Weinberg
Ganz anders sind die Vorzeichen bei den "Winzern von Baden". Wie Geschäftsführer Wolfgang Riesterer sagte, ist aktuell der Absatz in der Gastronomie und im Weinfachhandel fast ganz eingebrochen. Dies schlägt bei den "Winzern von Baden" jedoch nicht ganz so schwer zu Buche wie bei den Privatwinzern, da dieser Anteil am Gesamtgeschäft nur gering war. Dagegen laufen laut Riesterer der Verkauf über den Lebensmitteleinzelhandel und über die der Discounter im Moment kontinuierlich. "Wir haben den Eindruck, dass beim Einzelhandel und bei den Discountern der Markt nervös ist, hoffen aber, dass wir dort auch weiterhin unsere Weine platzieren können. Außerdem haben wir im Onlinehandel das eine oder andere Weinpaket mehr verkauft", so Riesterer.
Den "Winzern von Baden" kommt ihm zufolge jetzt entgegen, dass man im Betrieb schon seit Jahren großen Wert auf Hygiene legt. "Wir sind IFS-zertifiziert", verweist er auf von unabhängiger Stelle geprüfte Standards. "Wir machen in diesem Bereich regelmäßig Mitarbeiterschulungen und haben bereits überall Desinfektionsmittelspender hängen. Das kommt uns jetzt zugute", erklärt Riesterer. Weiter teilt er mit, dass die "Winzer von Baden" trotz der aktuell schwierigen Lage auf dem Weinmarkt weiter an den Zukunftsplänen festhalten und eine neue Abfüllanlage bauen werden. Hier rechnet man mit einem Investitionsvolumen von 6,5 Millionen Euro.
Die Winzer der Winzergenossenschaft Kraichgau sind wie auch die privaten Winzer derweil damit beschäftigt, die Arbeit im Weinberg zu verrichten. Geschäftsführer Carsten Wipfler hat daher die rund 250 Mitglieder, die hier Rebflächen von zirka 250 Hektar bewirtschaften, darum gebeten, trotz aller Widrigkeiten die Arbeit im Weinberg nicht zu vernachlässigen. "Mehr denn je werden wir im Spätjahr hochwertige Weine brauchen und dazu wird der Grundstock jetzt schon mit der Weinbergsarbeit gelegt", so der Hinweis von Carsten Wipfler.
Und wahrlich, im Augenblick sieht es für die Vegetation der Wingerte bestens aus. Einen Winter mit starken Frösten gab es heuer nicht, die Rebstöcke stehen prächtig da. Den Rebschnitt haben die Winzer schon erledigt, jetzt gilt es, die Weinberge zu richten und die Reben anzubinden, danach geht es dann mit der Bodenarbeit weiter.
Info: Wie der Rebschutzdienst des Regierungspräsidiums Karlsruhe mitteilte, dürfen nach Verordnung der Landesregierung vom 26. März die Winzer ihre Weinverkaufsstellen öffnen. Somit können die Weinfreude ihre guten Tropfen direkt bei den Winzern abholen.



