Windräder an der Landesgrenze: Badener fühlen sich von Hessen verschaukelt

Direkt an der Landesgrenze entsteht ein weiterer Windpark, doch an dieser endete die Bürgerbeteiligung.

02.01.2017 UPDATE: 03.01.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 10 Sekunden
Windenergie

Symbolfoto: dpa

Von Christoph Moll

Heiligkreuzsteinach. "Da hört die Welt auf", hat der frühere Bürgermeister Karl Brand einmal überspitzt gesagt und damit die Landesgrenze zwischen Baden-Württemberg und Hessen gemeint. Tatsächlich sind die Beziehungen zwischen dem badischen Heiligkreuzsteinach und den angrenzenden hessischen Gemeinden Abtsteinach und Wald-Michelbach überschaubar. Buslinien enden an der Grenze, die Menschen zieht es zum Einkaufen und Arbeiten in unterschiedliche Richtungen.

Und so ist es kein Wunder, dass die meisten Heiligkreuzsteinacher bis vor Kurzem nichts von den Windpark-Plänen der Hessen mitbekommen haben. Spätestens bis letzten Freitag. Denn da hat das Regierungspräsidium in Darmstadt den Windpark "Stillfüssel" auf der Gemarkung von Wald-Michelbach mit zunächst fünf Windrädern genehmigt. Und diese sollen direkt an der Landesgrenze entstehen.

Heiligkreuzsteinach sieht sich von Windrädern eingekesselt. Neben dem "Greiner Eck" und dem nun genehmigten Windpark "Stillfüssel" könnte noch der Windpark "Flockenbusch" im Nordosten bei Eiterbach und Heddesbach (nicht in der Grafik) hinzukommen. Grafik: p&s

Auch Heiligkreuzsteinachs Bürgermeisterin Sieglinde Pfahl wurde davon überrascht. "Wir wurden zu den konkreten Plänen nicht angehört", kritisiert sie. "Wir wissen deshalb nicht, wo die fünf Windräder hinkommen sollen." Bekannt war lediglich, dass ein Windpark entstehen soll. Denn der Gemeindeverwaltungsverband Schönau, in dem Heiligkreuzsteinach Mitglied ist, hatte bereits 2014 im Rahmen der Erstellung des "Regionalplans Südhessen" Stellung genommen und gefordert, einen größeren Abstand zu den Gemarkungen einzuhalten und die Flächen deutlich zu verkleinern, was nun auch geschehen ist.

Da der Regionalplan aber noch nicht rechtskräftig ist, handelt es sich um ein privilegiertes Bauvorhaben. Die Folge: "Wir als Gemeinde wissen nichts, wir haben noch nicht einmal Pläne", berichtet Bürgermeisterin Pfahl. "Wir sind Nachbarn, wurden aber leider nicht eingebunden und fühlen uns nicht ernst genommen - das ist nicht schön." Die Kritik richtet sich aber weniger an die Nachbargemeinden, sondern vielmehr an das Regierungspräsidium in Darmstadt. "Es wurde über unsere Köpfe hinweg entschieden", so Pfahl. "Wir wären ein fairer Gesprächspartner gewesen, hätten sachlich gestritten und das Ergebnis dann akzeptiert." So aber sei man nicht einmal gehört worden, "als wären wir Niemandsland". Eine Beteiligung wäre aber für die Akzeptanz des Projekts in der Bevölkerung wichtig gewesen, meint Pfahl. Erst kürzlich hat sich ein Ableger der hessischen Bürgerinitiative gegen den Windpark in Heiligkreuzsteinach gegründet.

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Besonders ärgert Pfahl, dass der Windpark "Stillfüssel" - wie jener am "Greiner Eck" - in einem Landschaftsschutzgebiet entstehen darf. "Normalerweise wird dort nicht mal eine Holzhütte genehmigt", berichtet sie aus Erfahrung. "Dass das jetzt so einfach geht, tut weh." Sie habe die Befürchtung, dass der Ort von hessischen Windrädern "eingekesselt" werde - zumal mit "Flockenbusch" in unmittelbarer Nähe noch ein weiterer Windpark kommen könnte.

Dies sieht auch Werner Fischer, der Geschäftsführer des Gemeindeverwaltungsverbandes Schönau, so. "Es ist jetzt wieder das gleiche bedauerliche Spiel wie beim Greiner Eck", sagt er. Auch damals seien die badischen Nachbarn nicht am Verfahren beteiligt worden. "Für mich ist das völlig unverständlich und einfach nur schade, das ist kein guter Stil." Fischer betont, dass der Verband Windkraft nicht generell ablehne, aber an diesem schützenswerten Standort schon. Wäre Heiligkreuzsteinach hessisch, hätte es wohl eine Beteiligung gegeben, mutmaßt er.

Dem widerspricht Dieter Ohl, der Sprecher des Regierungspräsidiums in Darmstadt: "Die Beteiligung beschränkt sich nach dem Immissionsschutzgesetz auf die Gemarkungen der betroffenen Gemeinden." Angeschrieben worden seien aber auch das Landratsamt in Heidelberg und der Verband Region Rhein-Neckar. "Wir hatten das Gefühl, dass wir gut informiert haben", sagte ein Sprecher des Energieversorgers Entega in Darmstadt, der den Windpark bauen will. Das Verfahren sei transparent gewesen. Die Bürgerinitiative zieht dennoch eine Klage gegen den Windpark in Erwägung.

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