Windräder am Greiner Eck: "Mit großer Ignoranz und Unkenntnis vorgegangen"
Die "Naturschutzinitiative e.V." schießt gegen die Regierungspräsidentin

Die Mitglieder der "Naturschutzinitiative e.V." zeigten sich erschüttert über die ersten Arbeiten für die geplanten fünf Windräder am "Greiner Eck". Foto: Katzenberger-Ruf
Von Nikolas Beck
Neckarsteinach-Grein. Nein, so schlimm hatte es sich Harry Neumann nicht vorgestellt. "Schockiert" und "fassungslos" zeigten sich der Vorsitzende der "Naturschutzinitiative e.V." und seine Vorstandskollegen bei einer Waldexkursion am "Greiner Eck" - im "Unesco Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald", im europäisch geschützten Fauna-Flora-Habitat-Gebiet. Dort, wo noch in diesem Jahr fünf Windräder in Betrieb genommen werden sollen.
Zwar habe man sich anhand der Literatur bereits lange zuvor mit den Plänen der "3P Energieplan GmbH" und dem Kampf der Bürgerinitiative "Greiner Eck" (BI) gegen eben diese beschäftigt, sagt Neumann. Der Anblick vor Ort habe die ablehnende Meinung zum Projekt aber noch einmal bestätigt. "Es war sehr schockierend, zu sehen, mit welcher Brachialgewalt hier Habitatsbäume zugetackert wurden - und das auch noch stümperhaft", so Neumann. Alle sogenannten Maßnahmen zum Artenschutz verhinderten nicht einmal das Gröbste. Sein Vorwurf: "Hier wurde mit großer Ignoranz und Unkenntnis vorgegangen."
Der Unmut der Naturschützer richtet sich vor allem gegen die Darmstädter Regierungspräsidentin Brigitte Lindscheid und deren Genehmigung zur Errichtung der Windkraftanlagen. "Wie die grüne Regierungspräsidentin hier vorgeht, ist skrupellos und in dieser Vorgehensweise bisher einzigartig", so die einhellige Meinung der anwesenden Experten bei der Waldexkursion.
Dass die Regierungspräsidentin die kritischen Bürgerstimmen offenbar unterdrücken will, dokumentiere sie eindrücklich mit ihrer Begründung zum Zielabweichungsverfahren, so die Naturschutzinitiative. Weil die Fläche des geplanten Windparks im aktuellen Regionalplan Südhessen / Regionaler Flächennutzungsplan 2010 als "Vorranggebiet für Natur und Landschaft" geführt ist, musste die Regionalversammlung zunächst der Abweichung von diesen Zielen zustimmen.
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In der Begründung der Zustimmung heißt es unter anderem: "Gerade angesichts steigender Widerstände gegen die Nutzung der Windenergie in der Bevölkerung und der Politik wäre es vor dem Hintergrund der energiepolitischen Ziele, denen sich auch die Regionalversammlung Südhessen verpflichtet sieht, kontraproduktiv, die Zulassung der Abweichung zu versagen." Den Bau der Windräder im Zielabweichungsverfahren mit dem zunehmenden Widerstand der Bürger zu begründen, "widerspricht eklatant einer fach- und sachgerechten Genehmigungspraxis", betont Harry Neumann.
Das "Greiner Eck" sei ein europäisches Fauna-Flora-Habitat-Schutzgebiet ersten Ranges, faktisches Vogelschutzgebiet, Naturpark und Unesco-Welterbe, dazu Wasserschutzgebiet. Die Errichtung von Windindustrieanlagen in einem so hochsensiblen Gebiet sei daher ein Angriff auf die einzigartige Landschaft des Odenwaldes, heißt es in einer Erklärung der Initiative. Zumal der dortige Windpark wohl nur der Anfang wäre, das "Einfallstor für weitere Planungen", wie es Neumann nennt.
Daher werde die "Naturschutzinitiative e.V." die BI "Greiner Eck" und alle kritischen Bürger tatkräftig unterstützen, den Bau der geplanten Anlagen mit allen rechtlichen Möglichkeiten zu verhindern, kündigt der Vorsitzende an. Gegen die Genehmigung hat die BI bereits Klage beim Verwaltungsgericht Darmstadt eingereicht. Die Naturschutzinitiative will nun rechtliche Schritte finanziell unterstützen, aber auch durch gemeinsame Veranstaltungen und das fachliche Know-how der Mitglieder der BI unter die Arme greifen.



