Verabschiedung des Lobbacher Bürgermeisters

Heiner Rutsch geht nach 16 Jahren in den Ruhestand (plus Video)

Der 64-Jährige arbeitete fast 50 Jahre im Lobbacher Rathaus

30.05.2017 UPDATE: 03.06.2017 06:00 Uhr 4 Minuten, 27 Sekunden

Lässt das Rathaus zufrieden hinter sich, wie er sagt: Heiner Rutsch. Foto: Alex

Von Christoph Moll

Lobbach. Am 12. Juni 2001 trat er sein Amt an, am 12. Juni 2017 endet seine zweite Amtszeit: Nach genau 16 Jahren als Bürgermeister von Lobbach geht Heiner Rutsch in den Ruhestand - und verlässt damit nach fast 50 Jahren das Rathaus. Gestern Abend wurde er offiziell im Atrium der Manfred-Sauer-Stiftung verabschiedet. Im RNZ-Interview blickt der parteilose 64-Jährige auf über 5800 Tage an der Spitze der Gemeinde zurück und verrät, auf was er sich nun besonders freut.

Herr Rutsch, am 12. Juni gehen Sie nach 16 Jahren als Bürgermeister von Lobbach in den Ruhestand. Wenn Sie die letzten 16 Jahre mit einem Wort beschreiben müssten, welches wäre das?

Stress (lacht). Aber konstruktiver Stress. Ich war vor meiner Wahl zum Bürgermeister mit Leib und Seele Verwaltungsbeamter. Da habe ich mir mit Entscheidungen noch leichter getan. Als Bürgermeister habe ich mir dann mehr Gedanken gemacht, weil es um Entscheidungen geht, die richtig Geld kosten. Ich habe manches Problem mit nach Hause genommen, bin dann aber morgens um 5 Uhr aufgewacht und hatte plötzlich die Lösung. Das war oft so. Aber ich habe es ja nicht für mich, sondern für Lobbach gemacht. Und vor allem gerne.

Sie hätten bei der Wahl im März noch einmal antreten können.

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Für mich war immer ganz klar: Mit 64 bin ich im Pensionsalter, dann wird es Zeit zum Aufhören. Ich war fast 50 Jahre im Rathaus und habe genug gearbeitet.

Was machen Sie am 12. Juni?

Ich werde morgens gemütlich mit meiner Frau frühstücken. Wo, weiß ich allerdings noch nicht. Vielleicht fahren wir noch kurzfristig in Urlaub.

Hintergrund

> Heiner Rutsch ist ein waschechter Lobenfelder. Der heute 64-Jährige, der eigentlich Heinrich heißt, wurde 1953 zwar in Heidelberg geboren, wuchs aber im jetzigen Lobbacher Ortsteil auf und wohnt noch heute dort. Dass er selbst einmal Verwaltungsbeamter wird, lag - im

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> Heiner Rutsch ist ein waschechter Lobenfelder. Der heute 64-Jährige, der eigentlich Heinrich heißt, wurde 1953 zwar in Heidelberg geboren, wuchs aber im jetzigen Lobbacher Ortsteil auf und wohnt noch heute dort. Dass er selbst einmal Verwaltungsbeamter wird, lag - im wahrsten Sinne - nahe. Denn bis die Eltern ein Haus bauten, lebte die Familie in einer Wohnung im früheren Lobenfelder Rathaus und der heutigen Verwaltungsstelle, wo der Vater als Ratsschreiber gearbeitet hat. Seine Verwaltungslehre begann der damals 15-jährige Heiner Rutsch jedoch nicht in Lobenfeld, sondern im benachbarten Waldwimmersbach, wo er zum Ende seiner Ausbildung die Fusion der beiden Ortsteile miterlebte. Rutsch bildete sich zum Diplom-Verwaltungswirt weiter und wurde damals der erste Verwaltungsbeamte im gehobenen Dienst der Gemeinde Lobbach. Über 26 Jahre lang war er Hauptamtsleiter und Kämmerer, bis er am 27. Mai 2001 zum Bürgermeister gewählt wurde. Bei seiner Wiederwahl 2009 erhielt Rutsch sage und schreibe 99,91 Prozent der Stimmen - obwohl es keinen Gegenkandidaten gab, lag die Wahlbeteiligung bei hohen 62 Prozent. Seit 2004 sitzt Rutsch für die Freien Wähler im Kreistag, seit 2010 ist er Vorsitzender des Gemeindeverwaltungsverbandes Elsenztal.

Zu seinen Hobbys zählen Fußball und Musik. Heiner Rutsch hat mit seiner Frau Sibylle drei erwachsene Kinder: Florian, Christoph und Carolin. Die Begeisterung für die Verwaltungslaufbahn hat Rutsch übrigens weitergegeben: Sein Sohn Florian ist Hauptamtsleiter in Epfenbach. cm

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Räumen Sie ihren Platz mit Freude oder mit Wehmut?

Ich freue mich schon, dass meine Amtszeit zu Ende geht. Etwas Wehmut ist natürlich dabei, aber ich gehe jetzt gerne. Ich hatte ein erfülltes Berufsleben.

Dann lassen Sie uns zurückblicken. Welcher schöne Moment in den letzten 16 Jahren ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Ich hatte viele schöne Momente. Besonders schön war es immer, wenn etwas vollendet wurde und man stolz sein konnte auf das Ergebnis dessen, was man sich vorgenommen hatte. Spontan fallen mir abgeschlossene Straßensanierungen, die Erneuerung der Wasserversorgung, die Erschließung des Gewerbegebiets, die Restaurierung des Klosters und die Schaffung des Geistlichen Zentrums sowie der Bau des Wegs am Lobbach ein.

Und was war nicht so schön?

Da fällt mir auf die Schnelle wirklich nichts ein. Es war überwiegend positiv. Fast alles, was ich mir vorgenommen habe, konnte ich auch umsetzen.

An welcher Stelle ist Ihre Amtszeit noch unvollendet geblieben?

Ein Punkt auf der Agenda ist offen geblieben: die Ansiedelung eines Lebensmittelmarktes im Gewerbegebiet. Das hätte ich noch gerne umgesetzt. Ich bin nach wie vor in Verhandlungen, mit Netto hatten wir schon einmal einen Vorvertrag. Es kann sein, dass es doch noch mit einem Markt klappt. Die Zeiten von kleinen Lebensmittelmärkten im Dorfzentrum sind jedenfalls sicher vorbei.

Was würden Sie als Ihren größten Erfolg bezeichnen?

Sicherlich die erfolgreiche Weiterentwicklung des Gewerbegebiets mit der Ansiedelung der Manfred-Sauer-Stiftung. Hier haben zahlreiche Firmen eine neue Heimat gefunden. Hier hätten wir übrigens schon viel mehr Grundstücke verkaufen können als vorhanden sind.

Haben Sie in den letzten 16 Jahren jemals an Ihrer Entscheidung, Bürgermeister zu werden, gezweifelt?

Ich hatte schon immer ab und zu davon geträumt, einmal Bürgermeister zu werden. Ich hatte die Voraussetzungen und wusste, welche Herausforderungen auf mich persönlich und meine Familie zukommen. Mir war also bewusst, auf was ich mich einlasse. Ich habe mich immer als Mittler zwischen Gemeinderat, Verwaltung und Bürgern gesehen. Dass ich ein sehr kontaktfreudiger Mensch bin, hat es mir leichter gemacht. Ich habe immer gern mit den Leuten gesprochen, die Vereine waren mir wichtig. Ich habe selbst lange Fußball gespielt und war früher auch bei den Kerweborscht, die immer wieder belächelt werden, aber so wichtig für den Ort sind. Meine Sorge war, dass dieses Brauchtum einmal ausstirbt.

Wie hoch ist der Preis des Jobs - auch gesundheitlich?

Schon hoch. Bürgermeister ist kein Fünf-, sondern ein Sieben-Tage-Job. Ich war häufig auch samstags und sonntags unterwegs. Und es gibt Aufgaben, die einem an die Nieren gehen. Zum Beispiel Trauerreden. Da haben mir bei den ersten Malen die Zähne geklappert. Das hat sich aber gebessert. Die Belastung hält sicher viele potenzielle Kandidaten davon ab, sich zu bewerben. Mir hat meine Frau immer den Rücken freigehalten, wofür ich sehr dankbar bin.

Was würden Sie heute im Rückblick anders machen?

Ich würde wieder alles genau so machen, wie ich es gemacht habe.

Es gibt sicherlich Dinge, für die in den letzten 16 Jahren wenig Zeit war und auf die Sie sich nun besonders freuen.

Ja, vor allem die Musik. Ich war früher 20 Jahre in einer Tanzkapelle aktiv, spiele selbst Bassgitarre, Klarinette und Saxofon. Wir sind damals im Fasching und auf Kerwen in der Region aufgetreten. Mit einem alten Kumpel habe ich schon ausgemacht, dass wir uns nun wieder treffen und Musik machen. Aber im privaten Rahmen. Buchen kann man uns nicht mehr. Außerdem will ich mich der Familienforschung widmen. Mein Vater hat Urkunden bis 1850 gesammelt, das hat mich schon immer interessiert. Eine Pause mache ich nicht. Ich bin ein Mensch, der immer etwas machen muss. Im Garten gibt es auch genug zu tun und ich will mich um meine Enkel kümmern. Sicherlich werde ich auch mehr Fahrrad fahren und nicht mehr nur einmal in der Woche nach Bammental und zurück.

Können Sie schon abschätzen, was Ihnen fehlen wird?

Ich habe immer gern mit den Leuten zu tun gehabt, aber das kann ich ja auch weiterhin haben. Ich werde durchs Dorf laufen und auf Festen dabei sein.

Mit Edgar Knecht ist ein langjähriger Kollege aus dem Rathaus zu ihrem Nachfolger gewählt worden, der auch schon hier seine Lehre gemacht hat.

Edgar war schon mein Auszubildender und ist ein fleißiger Kollege, mit dem ich eng zusammengearbeitet habe und auf den ich mich immer verlassen konnte. Er wurde gewählt, weil die Leute wissen, dass er ein guter Verwaltungsmann ist und sich im Ort auskennt. Ich sehe die Gemeinde bei ihm in guten Händen.

Wie wird die Amtsübergabe aussehen?

Die läuft eigentlich schon seit der Wahl und ist problemlos. Edgar ist in alle Themen eingeweiht - seitdem noch stärker als vorher schon. Wir haben in den letzten Wochen alles zusammen gemacht. Es muss ja weiter laufen, dafür ist mir die Gemeinde zu wichtig. Vor seinem Amtsantritt werden wir uns noch einmal zusammensetzen. Mit dem Aufräumen habe ich schon vor Wochen angefangen.

Wird Heiner Rutsch weiter in der Kommunalpolitik mitmischen?

Nein. Klipp und klar. Als ehemaliger Bürgermeister, der auch hier wohnt, werde ich sicher zu offiziellen Anlässen eingeladen, zu denen ich dann auch kommen werde. Aber aus der Ortspolitik halte ich mich heraus, das würde nichts bringen. Auch Gemeinderatssitzungen werde ich nicht besuchen - außer es wird einmal ein langjähriges Mitglied verabschiedet. Wenn Auskünfte erforderlich sind, werde ich diese gerne erteilen. Mein Mandat als Kreisrat bis zum Jahr 2019 werde ich erfüllen.

Was er am Bürgermeisterjob besonders geliebt hat, verrät Heiner Rutsch im Video zum Artikel auf www.rnz.de

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