Unfallschwerpunkt Krähbuckel: Hilft das Abfräsen wirklich?

Fahrlehrer sehen den rauen Asphalt mit gemischten Gefühlen - Probleme für Motorradfahrer? - Unfälle sorgen für Rätselraten

20.11.2016 UPDATE: 21.11.2016 06:00 Uhr 2 Minuten, 33 Sekunden

Die raue Fahrbahn soll die Autos auch bei Regen auf der Straße halten. Ob das gegen die Unfälle hilft, ist umstritten. Foto: Alex

Von Christoph Moll

Bammental. "Die haben eine intakte Straße kaputtgemacht", regt sich der Kollege auf, der jeden Tag auf der Bundesstraße 45 über den berüchtigten Krähbuckel zwischen Wiesenbach und Mauer fährt. "Das ist doch schizophren." "Die" - das sind die Verantwortlichen des für die Verkehrssicherheit zuständigen Rhein-Neckar-Kreises. Und mit "kaputtgemacht" ist eine Verbesserung der Griffigkeit der Fahrbahn gemeint. Denn die Absicht dahinter ist eine gute: Mit dem Abfräsen des Belags wurde die Straße rauer gemacht. Durch eine bessere Haftung soll verhindert werden, dass Autos künftig - wie zuletzt so oft - bei regennasser Fahrbahn ins Schleudern geraten.

Dass der Krähbuckel "kaputt" ist, spüren die Autofahrer. Das Fahren auf der rauen Fahrbahn ist lauter als zuvor, teilweise ruckelt es auch. Man glaubt, dass man plötzlich auf einem Feldweg statt auf einer gut ausgebauten Bundesstraße unterwegs ist. "Es ist normal, dass es lauter ist", sagt Behördensprecherin Silke Hartmann. Nicht zur Normalität werden sollte aber die Geschwindigkeitsbegrenzung von 50 Stundenkilometern, die zuvor nur bei nasser Fahrbahn galt. Diese war noch ein Überbleibsel der Baustelle, die vor zwei Wochen abgeschlossen wurde. Seit Ende letzter Woche gilt bei trockener Fahrbahn wieder Tempo 70. Für ein Fazit zur Wirksamkeit der Maßnahme sei es noch zu früh, sagt Hartmann. "Wir hoffen aber, dass sich die Griffigkeit der Fahrbahn durch die Fräsarbeiten erhöht hat und sich die Situation entspannt." Das hofft auch Polizeisprecher Norbert Schätzle. "Alles, was dazu beiträgt, die Unfallzahlen zu senken, ist uns recht", sagt er.

"Ich glaube nicht, dass es nun besser wird", sagt hingegen Roland Mattes. "Aber man muss es abwarten." Der Chef der Fahrschule Mattes, die in Bammental, Neckargemünd, Schönau und Ziegelhausen vertreten ist, fährt täglich mehrmals über den Krähbuckel, kennt die Situation bestens. Trotzdem ist er etwas ratlos: "Es ist völlig rätselhaft, wie man dort mit Tempo 50 bei Nässe auf dieser breiten und gut ausgebauten Straße aus der Kurve fliegen kann." Ursachen seien wohl eher zu hohes Tempo, Fahrfehler und Unachtsamkeit. Seine Fahrschüler hätten dort jedenfalls keine Probleme, so Mattes. "Das ist keine schwierige Strecke, da ist die L 600 nach Gaiberg problematischer." Für Motorradfahrer sei die abgefräste Fahrbahn "nicht optimal", meint der Fahrlehrer. "Das spürt man, das Fahrwerk ist unruhig und die Reifen fahren den Längsrillen nach." Eine Gefahr sieht Mattes dennoch nicht: "Das ist unproblematisch." Vielleicht sei die raue Fahrbahn aber schwieriger von Schnee und Eis zu befreien als vorher.

Damit rechnet Christoph Güll nicht. Der Fahrlehrer der in Bammental und Wiesenbach vertretenen "Academy Fahrschule Güll" stimmt seinem Kollegen aber zu: "Den Krähbuckel kann jeder einfach fahren, das ist nichts Besonderes." Trotzdem hätten alle Umbauten der letzten Jahrzehnte nicht viel genutzt. Im Gegenteil: Es sei eher schlimmer geworden. Die jüngsten Veränderungen jedoch hätten zu mehr Aufmerksamkeit bei den Autofahrern geführt, lobt der Fahrlehrer. Interessant sei, dass die meisten Unfälle auf der Fahrt bergauf passieren. Ein Grund dafür könne sein, dass die Rechtskurve leicht links abschüssig ist und Autofahrer beim Einlenken gegen den rechten Bordstein stoßen, als Gegenreaktion stark nach links lenken und die Kontrolle verlieren. "Das ist in dieser Kurve fatal", meint Güll.

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Der Fahrlehrer vermutet aber, dass auch der Fahrbahnbelag eine Rolle spielt. "Der war nicht ganz in Ordnung", meint er. Ein Bekannter habe ihm berichtet, dass er nur leicht zu schnell unterwegs war und mit dem Heck aus der Kurve "gerutscht" sei. Die Reifen seien in diesem Fall nicht mehr die besten gewesen, aber auch nicht besonders schlecht. "Immer kurz nach Regen wird es kritisch", meint Güll. Deshalb sei das Abfräsen des zuvor "sehr glatten Belags keine schlechte Idee".

Auch Güll meint, dass die abgefräste Fahrbahn für Motorradfahrer nicht optimal sei. Der Übergang sei jedoch kaum spürbar und man erschrecke nicht. Güll rechnet damit, dass der Landkreis nächstes Jahr einen neuen, griffigeren Belag als bisher aufbringt. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass das dauerhaft so wie jetzt bleiben soll", sagt er. Genau das ist aber geplant. Zunächst soll es keine weiteren Änderungen geben. Ja, zunächst.

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