Rathausplatz Leimen: Tag der Entscheidung naht

Sondersitzung des Leimener Gemeinderats zum Bürgerbegehren - Es geht um die Zukunft des Rathausplatzes - Die wichtigsten Fragen

14.02.2017 UPDATE: 15.02.2017 06:00 Uhr 3 Minuten, 30 Sekunden

Der Rathausplatz im Herzen von Leimen. Seit Jahrzehnten parken auf dieser wichtigen Fläche des Stadtkerns die Autos. Um die Zukunft des Areals gibt es ein hartes Ringen: Eine geplante Hotelbebauung stieß auf den erbitterten Protest von über 3000 Bürgern. Foto: Alex

Von Thomas Frenzel

Leimen. Die wichtigste gemeinderätliche Zusammenkunft des Jahres steht am Donnerstag an, am 16. Februar. Dann kommen die gewählten Bürgervertreter zu einer Sondersitzung zusammen, deren Beginn auf 18 Uhr vorverlegt wurde. Es geht um ein Schlüsselprojekt der Stadtkernsanierung, um die nordöstliche Randbebauung des Rathauses. Gegen das geplante Hotel-, Seminar- und Tiefgaragenprojekt hatte die Bürgerinitiative "Festhalle - Nein!" ein Bürgerbegehren eingeleitet und über 3000 Unterschriften gesammelt.

> Worum geht es am Rathausplatz überhaupt?

Seit Jahrzehnten fristet der Rathausplatz an seiner Nordostseite das Dasein einer innerstädtischen Brache. Die stadteigene Fläche wird von rund 80 Autos als öffentlicher Parkplatz genutzt. Alte Bebauungskonzepte sahen hier unter anderem eine Rathauserweiterung und/oder ein Dienstleistungszentrum und eine Tiefgarage vor. Alle Visionen scheiterten an den schwachen Stadtfinanzen oder am Abwinken von Investoren. Ein städtebaulicher Wettbewerb zu Beginn des Jahrtausends sprach sich zwecks Stadtkernbelegung für einen Frequenzbringer als Platzabschluss aus.

> Was ist die aktuelle Situation bezüglich der Bebauung am Rathausplatz?

Auch interessant
: Leimen: Arbeiten am Verwaltungsgebäude am Rathausplatz gehen voran
: Rathausplatz in Leimen kleidet sich in Luxus-Granit
: Leimener Rathausplatz: Mehr als 300 Bürger kamen zur Bürgerversammlung
: Leimen korrigierte Veröffentlichung zur Bebauung am Rathausplatz

Nur das ist öffentlich bekannt: Die örtliche CMS Invest GmbH kegelte mit ihrem Hotelvorschlag das Konkurrenzprojekt des Dossenheimer Bauträgers FWD aus dem Rennen, der altersgerechte Wohnungen und auch medizinische Dienstleistungen vorsah. Stattdessen sollte am Rathausplatz ein 60-Betten-Hotel mit Gastronomie und festtauglichen Seminarräumen plus Tiefgarage entstehen. Ein Knackpunkt dabei: Diese Tiefgarage sollte sich mit städtischer Beteiligung in Millionenhöhe unter den - von der Stadt neu zu konzipierenden und zu zahlenden - benachbarten Hof der Turmschule erstrecken. Diesem Konzept erteilte der Gemeinderat am 29. September mit einer knappen Zwölf-zu-zehn-Mehrheit sein Wohlgefallen: Die Stadt solle mit CMS über Weiterentwicklung des Projekts weiterverhandeln. Belastbare Zahlen für die Investitionssumme und die städtische Beteiligung gibt es nicht, zumindest nicht öffentlich.

> Worauf zielt das Bürgerbegehren?

Mit der Frage "Sind Sie gegen eine Bebauung des Rathausplatzes nach dem Konzept der Firma CMS" sammelte die Bürgerinitiative "Festhalle - Nein!" (BI) 3146 Unterschriften. Sie wurden von dem BI-Vertrauensmann Alexander Hahn am 22. Dezember vor Beginn der öffentlichen Gemeinderatssitzung an Oberbürgermeister Hans D. Reinwald überreicht. Das Bürgerbegehren argumentiert unter anderem mit - auch mit Blick auf die finanzielle Potenz der Investoren - unabsehbaren Risiken für die Stadt, mit zusätzlichem Verkehr und zusätzlicher Lärmbelästigung, mit mangelndem Bedarf an städtischen Versammlungsräumen und einer für die Nähe zum historischen Rathaus nicht zu verantwortenden Dimension des CMS-Projekts.

> Hat das Bürgerbegehren die gesetzlichen Erfordernisse erfüllt?

Ja, alle. Die Unterschriften wurden binnen der gesetzlichen Drei-Monate-Frist nach Bekanntwerden des Gemeinderatsbeschlusses gesammelt. Die Fragestellung, mit der die Unterschriften gesammelt wurden, entsprach der vorgeschriebenen Beantwortbarkeit mit Ja oder Nein. Am Tag der Abgabe der Unterschriften gab es in Leimen 21.003 wahlberechtigte Bürger; die gesetzliche Sieben-Prozent-Hürde für ein Bürgerbegehren lag demnach bei 1470 Unterzeichnern. Die Prüfung der Unterschriften ergab, dass 2948 Stimmen gültig waren - doppelt so viele wie nötig.

> Welchen Entscheidungsspielraum hat der Gemeinderat am 16. Februar?

Was die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens anbelangt, hat er keinen Entscheidungsspielraum. Um einen Bürgerentscheid zu vermeiden, kann er seinen Pro-CMS-Beschluss zurücknehmen. Dieser Rücknahme müsste allerdings die Bürgerinitiative zustimmen und ihrerseits ihren Antrag auf einen Bürgerentscheid zurückziehen.

> Was geschieht, wenn der Gemeinderat seinen Beschluss vom 29. September 2016 nicht widerruft?

Dann muss binnen vier Monaten zwingend ein Bürgerentscheid durchgeführt werden und zwar an einem Sonntag. Der späteste Termin wäre demnach der 11. Juni. Im Vorfeld müssten Stadtverwaltung und Bürgerinitiative in amtlichen Veröffentlichungen gleichberechtigt ihre Argumente darlegen können. Für die Durchführung eines Bürgerentscheids sind 15.000 Euro im Haushaltsplan 2017 eingeplant.

> Welche Erfolgsaussichten hätte ein solcher Bürgerentscheid?

Das ist reine Spekulation. Über die Hotel-Bebauung am Leimener Rathausplatz müsste die gesamte Wählerschaft der Großen Kreisstadt entscheiden, auch die Bürger in den Stadtteilen St. Ilgen und Gauangelloch. Ob diese aber zur Wahl gehen, ist völlig offen, eben weil die Rathausplatzbebauung im Leimener Stadtkern sie nicht direkt betrifft. Andererseits: Als unlängst in Eppelheim der zweigleisige Straßenbahnausbau auf der Autobahnbrücke nach Heidelberg zur Disposition gestellt war, scheiterte das von seinen Unterschriften her erfolgreiche Bürgerbegehren klar am gesamtstädtischen Wählervotum.

> Welche Folgen hätte ein für das Bürgerbegehen positiver Bürgerentscheid?

Der Gemeinderat und damit die Stadt wären drei Jahre lang an das Votum der Bürgerschaft gebunden. Andererseits könnte bei der Fragestellung des Bürgerbegehrens strittig werden, ob nur das konkrete CMS-Konzept verworfen wurde oder ob ein vergleichbares zwischenzeitliches Projekt eines anderen Investors - so es diesen überhaupt geben sollte - verwirklicht werden könnte.

> Zeichnen sich irgendwelche Kompromisse in dem Streit um das CMS-Projekt ab?

Ja. Die BI hat im Vorfeld signalisiert, dass sie bei einer Rücknahme des Pro-CMS-Gemeinderatsbeschlusses ihren Antrag auf einen Bürgerentscheid zurückziehen würde; schon allein um die hierfür veranschlagten 15.000 Euro nicht zu verpulvern. Die Stadt wiederum hat eine europaweite Ausschreibung der betreffenden Rathausplatzbebauung unter Beteiligung von "Festhalle - Nein!" in Aussicht gestellt.

> Was würde eine europaweite Ausschreibung bedeuten?

So weit gedacht ist noch lange nicht, selbst wenn der Gemeinderat am Donnerstag seinen Septemberbeschluss widerrufen würde. Denn dann müssten zunächst die Kriterien für diese europaweite Ausschreibung festgelegt werden, juristisch wasserfest, und das dauert. Derartige Ausschreibungen könnten mit Blick auf einen Wunschinvestor derart detailliert sein, dass kaum ein anderer Anbieter zum Zuge kommen würde. Beim Leimener Bäderpark, der sich seither zum Millionengrab für die Stadt entwickelte, wurden derartige Vorfestlegungen durchexerziert, mit allen nachteiligen Folgen. Entscheidend bei einer europaweiten Ausschreibung ist aber auch: Das annehmbarste Angebot, egal woher es kommt, muss zwingend angenommen und umgesetzt werden. Andernfalls drohen der Stadt Schadensersatzansprüche - bei einem Projekt wie der Rathausplatzbebauung ginge es da womöglich um Millionen.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.