Eppelheimer Bahndamm: Bürger zeigen sich verägert
"Wir wollen keine Bebauung", so ein Bürger bei der Versammlung zum Thema. Auch der Gemeinderat will die Grünfläche als Pufferzone erhalten.

Kämmerer Hubert Büssecker (v.l.), Bürgermeister Dieter Mörlein und Rechtsanwalt Jürgen Behrendt mussten bei der Bürgerversammlung viel Kritik einstecken. Foto: Fink
Eppelheim. (fi) Die Sache mit dem ehemaligen Bahndamm ist kompliziert. Und um sie etwas verständlicher zu machen, hatte Bürgermeister Dieter Mörlein zu einer Bürgerversammlung ins Foyer der Rudolf-Wild-Halle geladen. Dort wollte er den Versuch unternehmen, Klarheit zu den strittigen Positionen zu schaffen. Ihm zur Seite stand Jürgen Behrendt, von der Stadt beauftragter Jurist aus der Kanzlei Schlatter & Co, Heidelberg. Sie hatten es nicht leicht: Denn die Akteure, die den Bahndamm im Eppelheimer Süden als Grünzone erhalten wollen, zeigten allesamt Flagge. Und der Anwalt musste sich recht schnell die Frage gefallen lassen, ob er auf Seiten der Gemeinde stehe oder mehr zu Gunsten der Bahn sprach.
Die komplizierte Geschichte mit dem Bahndamm fängt, grob gesagt, 1966 an. Bis dahin war es eine klare Angelegenheit, dass die Bahn auf der Trasse das Sagen hat. Dann wurde die Bahnstrecke nach Schwetzingen stillgelegt und der Bahndamm hatte genügend Zeit, sich ungestört zu einem grünen Refugium zu entwickeln. 1972 wurde ein Bebauungsplan "Justus-von-Liebig-Straße" (Bahndamm) aufgestellt, 2012 gab die Deutsche Bahn als Eigentümer den Bahndamm frei und verzichtete damit auf Bahnverkehr - nicht aber darauf, das Gelände anderweitig zu nutzen.
Um die heutige Gemengelage noch komplizierter zu machen, entstand im letzten Jahr das angrenzende Industriegebiet mit dem Capri-Sonne-Komplex der Firma Wild, zudem wurde ein Baurecht geschaffen für die Errichtung eines Discounters unweit des heutigen Edeka Marktes. Der angrenzende Bebauungsplan "Gewerbegebiet-Süd" mit Hochregallager und Betonwerk ist ebenfalls mit im Spiel.
Die Möglichkeit des Wohnungsbaus auf dem Bahndammgelände zeigt auch die unterschiedlichen Ansichten von weiten Teilen des Gemeinderates und der Verwaltungsspitze. Anwalt Behrendt hatte versucht, das verworrene Knäuel zu entwirren. Demnach hatte es zwar vor langer Zeit zwei Änderungen im früheren Plangebiet "Bahnhofsgebiet" gegeben, diese wurden aber vom Verwaltungsgerichtshof als unwirksam erklärt. Gleiches ist dem Bebauungsplan "Justus-von-Liebig-Straße" widerfahren. Die Baurechtsbehörde im Landratsamt wiederum hatte einen wirksamen Baubescheid zur Bauvoranfrage des Discounter-Betreibers gegen den Willen des Gemeinderates erlassen.
Behrendt kam zu dem Schluss, dass der Grünstreifen mit Radweg, eben der Bahndamm, seit 2012 beplant werden konnte. In diesem angezweifelten, "unbeplanten Innenbereich" nach dem Baugesetzbuch kann ihm zufolge Mischgebiet mit Wohnzwecken und Kleingewerbe angesiedelt werden. Sieben Jahre nach der Entwidmung, also bis 2019, kann demnach die DB auf Baurecht vertrauen und wie vorgesehen dort Wohnhäuser errichten.
Auch interessant
Das möchte der Gemeinderat nicht. Er will die Grünfläche als Pufferzone erhalten. "Das stellt kein Problem dar, natürlich darf die Stadt Eppelheim planen und die Grünzäsur erhalten", hieß es. Doch wird die Bahn als Grundeigentümer eine Entschädigung verlangen. Bürgermeister Mörlein rechnete vor: Bei einem Preis von 390 Euro pro Quadratmeter und einem Wert von zehn Euro für Grünland wären das Millionenbeträge, welche die Stadt an die Bahn als Ausgleich zahlen müsste. Oder es könnte einen Kompromiss geben.
Das alles beeindruckte die Bürger wenig. "Mir hilft das ganze Gequake nichts, wir wollen keine Bebauung", so ein Bürger. Mit Freigabe der Diskussionsrunde kreiste das Mikrofon im Saal. Kann die Bahndammtrasse nicht als Umgehungsstraße genutzt werden, lohne es sich noch, Wohnraum zu schaffen bei viel Leerstand, warum gibt es keine geordnete städtebauliche Planung? Fragen, die mit den rechtlichen Gegebenheiten beantwortet wurde.
Ins Spiel gebracht wurde erneut die Zauneidechse, die in dem Grünstreifen lebt, Naturschutz und das umstrittene B24-Biotop, ebenso die bereits heute bestehende Lärmproblematik im angrenzenden Industriegebiet. Ein Bürger erklärte, im Untergrund des Bahndamms verlaufe gar eine Fernwärmetrasse und zusätzlich ein Starkstromkabel zum aufgelassenen Flughafen im Pfaffengrund. Flächennutzungsplan, Klima- und Naturschutz - für Anwalt Behrendt alles beste Argumente zu Gunsten städtischem Planungsrecht.