Eppelheim: Bahndamm-Deal ist mit Wild nicht zu machen

Rat will für Bebauungsplanänderung westlich der "Capri Sonne" eine Gegenleistung - Mörlein räumte Verhandlungen erst spät ein

19.02.2016 UPDATE: 20.02.2016 06:00 Uhr 2 Minuten, 23 Sekunden

Das Bahndammgelände in Eppelheim. Foto: Geschwill

Eppelheim. (aham) In einer Zwickmühle waren die Gemeinderäte gefangen. Sollen sie der Firma Wild den Hof machen? Immerhin ist es der größte Gewerbesteuerzahler der Stadt. Oder dürfen sie für eine Leistung etwas verlangen? Schließlich hat die Firma - genauer gesagt ihr Inhaber Hans-Peter Wild - ja Geld.

Eine Bebauungsplanänderung für das Gewerbegebiet Süd brachte die Bürgervertreter in dieses Dilemma. Die Aufstellung haben sie bereits im September 2015 beschlossen. Und schon damals kam der Bahndamm ins Gespräch. Die unausgesprochene Theorie im Räterund: Grünstreifen gegen Grünstreifen - und die Stadt wäre eines ihrer größten Probleme los. Schließlich handelt es sich beim Bahndamm um eines der größten kommunalpolitischen Streitthemen der letzten Monate. Die Fraktionen wollen eine Bebauung verhindern, können es aber nicht, weil das Gelände nicht der Stadt gehört und die prekäre Finanzlage macht einen Kauf extrem schwierig, wenn nicht gar unmöglich.

Mit diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass die eigentliche Debatte zur Bebauungsplanänderung ausuferte. Auch wenn Bürgermeister Dieter Mörlein und der Planer die Sache zunächst recht sachlich erläuterten. Demnach ist das Werksgelände im Gewerbegebiet Süd geteilt, seit der US-Konzern ADM die Wild-Werke übernommen hat: ADM östlich der Kreisstraße, die "Capri Sonne", die weiterhin Wild gehört, westlich davon.

Als 2012 der Bebauungsplan für das Gewerbegebiet Süd ursprünglich aufgestellt wurde, war eine Verlegung der Kreisstraße vorgesehen. Dafür hatte man einen Grünstreifen westlich der "Capri Sonne" freigehalten. Doch mittlerweile macht die Straße Sinn: Sie trennt und erschließt zwei unabhängige Firmen. Daher soll sie bleiben, wo sie ist. Der freie Grünstreifen, der der Stadt gehört, könnte mit der Bebauungsplanänderung zu 200 dringend benötigten "Capri Sonne"-Stellplätzen werden.

Trudbert Orth (CDU) wollte von Bürgermeister Mörlein wissen, wie weit die Verhandlungen mit Hans-Peter Wild gediehen seien. Schließlich habe ihn der Gemeinderat im September damit beauftragt, Bedingungen auszuhandeln. Christa Balling-Gündling (Grüne) nannte gleich Preise: "Die Flächen werden zu einem ortsüblichen Preis verkauft." Das wären 1,05 Millionen Euro. Zudem müsse der Antragssteller die Kosten für die Bebauungsplanänderung tragen. Nur dann werde ihre Fraktion zustimmen.

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Der Rathauschef hatte die September-Diskussion zunächst anders in Erinnerung: "Wir haben nie darüber gesprochen, dass wir verkaufen", so Mörlein. "Ich bin der Meinung, dass wir die Fläche lieber behalten und verpachten." Mörlein weigerte sich, vor einem Beschluss mit Wild zu verhandeln. Er würde dies nicht tun, so lange er nicht wisse, dass der Rat die Änderung auch durchwinken würde. Und: "Mir geht es darum, so eine Firma hier zu halten", stellte der Rathauschef klar und erinnerte an die Gewerbesteuer. "Wir müssen Wild entgegenkommen."

Damit hatte er den Ring für Grundsatzdebatten freigegeben. Etwa Lothar Wesch (SPD): "Ich bin seit 40 Jahren im Gemeinderat und habe immer nur Forderungen von Wild gehört - aber der junge Wild hat uns noch keinen Lutscher gegeben!" Ähnlich sein Fraktionskollege Hans-Günther Büssecker: "Ich habe noch nicht gesehen, dass der Wild etwas macht, außer Steuern zu zahlen." Andere Großbetriebe würden in ihren Städten etwa den Sport fördern. Guido Bamberger (EL) mahnte schließlich: "Verärgert nicht den Wild - wir sind auch den vielen Bürgern verpflichtet, die dort arbeiten."

Letztlich war die ganze Diskussion umsonst. Denn erst, nachdem alles aus dem Ruder gelaufen war, gestand Mörlein: "Gut, dann lasse ich jetzt die Katze aus dem Sack: Es wurden schon Verhandlungen geführt." Und der Rathauschef stellte klar: Der Bahndamm-Deal ist mit Wild nicht zu machen.

Plötzlich ging alles ganz schnell: Der Rat stimmt - wie schon im September - mit knapper Mehrheit für die Offenlage: CDU, EL und FDP dafür, SPD und Grüne dagegen. Und Bürgermeister Mörlein wurde angewiesen, erneut mit Wild zu verhandeln.

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