Rainbach 2.0

Kommt es nun zum Bürgerentscheid?

Streit um Neubebauung im Neckargemünder Ortsteil Rainbach: 744 Unterschriften waren notwendig, 1599 kamen zusammen. Nun muss der Gemeinderat entscheiden.

17.05.2021 UPDATE: 18.05.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 47 Sekunden
Frank Volk nahm den dicken Umschlag mit den Unterschriften von Edith Mayer unter den Augen von Dirk Staudenmaier (hinten, von links), Helga Gunst, Tobias Mayer und Christa Höchst am Rathaus entgegen. Foto: Alex

Von Christoph Moll

Neckargemünd. Soll der Beschluss des Gemeinderates zur Aufstellung des Bebauungsplans "Rainbach 2.0" aufgehoben werden? Ja, meinen 1599 Neckargemünder und haben mit ihrer Unterschrift einen Bürgerentscheid über diese Frage beantragt. Die Bürgerinitiative "Achtung! Rainbach und Neckartal" hat nun einen dicken Umschlag an Bürgermeister Frank Volk übergeben. Die Gruppe wehrt sich bekanntlich gegen den Abriss der traditionsreichen früheren Gaststätte "Zum Neckartal" und eine Neubebauung, wie sie die Onigkeit-Gruppe als neuer Eigentümer mit mehreren Mehrfamilienhäusern, einem Hotel und Gastronomiebereichen plant. Wie es nun weitergeht, muss der Gemeinderat entscheiden.

Als Edith Mayer als Vertrauensperson der Bürgerinitiative die Zahl der Unterschriften nannte, staunte Bürgermeister Volk: "Das ist ein Wort", meinte er. "Ich freue mich grundsätzlich darüber, dass Bürger Interesse zeigen." Volk betonte, dass die Stadt das Bürgerbegehren ernst nehme: "Es geht nun alles den vorgeschriebenen Verlauf."

Und dieser sieht wie folgt aus: Die Stadt prüft nun die Unterschriften. Das Bürgerbegehren ist erfolgreich, wenn sieben Prozent aller stimmberechtigten Einwohner – das entspricht 744 Bürgern – unterschrieben haben. Zulässig sind Unterschriften von Bürgern der Europäischen Union, die mindestens 16 Jahre alt sind und zum Zeitpunkt der Unterschrift seit mindestens drei Monaten in Neckargemünd wohnten. Laut Gemeindeordnung muss sich der Gemeinderat "unverzüglich" mit dem Bürgerbegehren befassen – voraussichtlich am 29. Juni. Zunächst werden die Vertrauenspersonen öffentlich angehört an und es wird in derselben Sitzung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens entschieden.

Hintergrund

Von Freien Wählern beantragte Veränderungssperre nicht möglich

Das nächste Mal wird sich der Gemeinderat nicht erst im Juni mit

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Von Freien Wählern beantragte Veränderungssperre nicht möglich

Das nächste Mal wird sich der Gemeinderat nicht erst im Juni mit der Neubebauung im Ortsteil Rainbach befassen, wenn es um das Bürgerbegehren geht. Nein, bereits am Dienstag geht es um das umstrittene Vorhaben. Denn die Freien Wähler haben eine sogenannte Veränderungssperre für das Areal beantragt, um einen vorzeitigen Abbruch der Bestandsgebäude zu verhindern. "Durch diese Veränderungssperre wollen wir vermeiden, dass auf dem Plangebiet vorschnell nicht mehr umkehrbare Fakten geschaffen werden", begründete Stadtrat Steffen Wachert.

"Nach der Rechtsauffassung des Stadtbauamts ist der Erlass einer Veränderungssperre in diesem Verfahren nicht möglich", teilte Stadtsprecherin Petra Polte auf RNZ-Anfrage mit. "Es ist zunächst korrekt, dass der Abbruch der Gebäude nach summarischer Prüfung durch das Landratsamt keiner Genehmigung bedarf, sondern lediglich im Kenntnisgabeverfahren anzuzeigen wäre."

Grundsätzlich sei es auch möglich, eine Veränderungssperre mit dem Inhalt zu beschließen, dass bauliche Anlagen nicht abgebrochen werden dürfen, wenn ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplanes gefasst wurde. Die Stadt habe jedoch auf Antrag des Vorhabenträgers die Einleitung des Verfahrens für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan beschlossen. Es handele sich hier also nicht wie im Regelverfahren um eine behördliche Angebotsplanung, der gegebenenfalls die Belange von privaten Grundstückseigentümern gegenüberstehen könnten, sondern hier sollen Gemeinde und Investor gemeinsam eine auf den Einzelfall bezogene planerische Lösung erarbeiten. "Nach dem Gesetzestext ist das Plansicherungsinstrument Veränderungssperre hier ausdrücklich nicht anzuwenden", so Polte. (cm) 

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Es muss aber nicht zwangsläufig zu einem Bürgerentscheid kommen. Denn der Gemeinderat kann noch selbst den Aufstellungsbeschluss zurückzunehmen. Ein Bürgerentscheid müsste innerhalb von vier Monaten stattfinden. "Die Verwaltung erachtet es als sinnvoll, den Bürgerentscheid gemeinsam mit der Bundestagswahl am 26. September durchzuführen", so Stadtsprecherin Petra Polte. Dadurch würde ein "deutlicher Synergieeffekt" entstehen.

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Das Bürgerbegehren wäre erfolgreich, wenn die Mehrheit und mindestens 20 Prozent der Stimmberechtigten – das wären derzeit 2126 Bürger – entsprechend abstimmen. Die Wirkung wäre wie ein endgültiger Gemeinderatsbeschluss. Der Aufstellungsbeschluss wäre damit zurückgenommen und es würde eine Sperrfrist von drei Jahren vor einem neuen Aufstellungsbeschluss gelten. Als Alternative bleibt in der Zwischenzeit dann nur noch, dass sich eine Bebauung an der Umgebung orientiert. Wenn das notwendige Quorum nicht erreicht würde, müsste der Gemeinderat anschließend erneut beschließen. Bis zum Bürgerentscheid gilt ein "Stillhaltegebot", es darf also keine weiteren Schritte zur Ausarbeitung eines Bebauungsplans geben.

"Es ist wichtig, dass wir im Gespräch bleiben", meinte Bürgermeister Volk. Er befinde sich mit dem Projektentwickler der Onigkeit-Gruppe in einem "konstruktiven Austausch". Dieser habe die Stadt – anders als andere Investoren – bisher nie veräppelt. Er glaube, dass die geplanten schiffsförmigen Häuser, "Schiffchen" genannt, aufgrund des großen Widerstandes nicht weiter verfolgt werden, so Volk. "Es geht nicht nur um die Größe, sondern auch um den modernen Stil, der dort nicht hinpasst", betonte Edith Mayer. "Schlimmer geht es nicht."

"Wir haben den Eindruck, dass die Stadt nur abwartet", meinte Christa Höchst von der Bürgerinitiative. So stünden weitere Gebäude im Umfeld vor einem Verkauf an den Investor. Volk erklärte, dass die Stadt Veräußerungen nicht verhindern könne: "Wir dürfen niemanden am Ausüben seiner wirtschaftlichen Interessen hindern." Außerdem glaubte Volk nicht, dass der Investor alle Gebäude des Ortsteils kaufen möchte. "Wir wollen verhindern, dass das ganze Quartier ausgelöscht wird und die Historie plattgemacht wird", so Höchst.

Als Bürgermeister versuche er so viel wie möglich zu vermitteln, so Volk. Man sei sich ja einig, dass eine neue Bebauung möglich ist. "Sonst droht dort ein Gebäude, das immer weiter verfällt", fürchtet Volk. "So wie jetzt kann es nicht bleiben." Höchst meinte, dass es sich beim Bestandsgebäude nicht um eine "Abrissbude" handele. Dieses müsse man aber auch nutzen können, was wegen der teilweise nur zwei Meter hohen Decken schwierig werde, antwortete Volk.

Vertrauensperson Dirk Staudenmaier äußerte den Wunsch, dass die Stadt selbst einen Bebauungsplan aufstellt und dies nicht dem Investor überlässt. Volk wies darauf hin, dass dann auch die Kosten bei der Stadt verbleiben. Und die Arbeit. Staudenmaier berichtete, dass noch viel mehr Bürger aus allen Stadtteilen hinter der Initiative stehen, aber zögerlich mit ihren Daten und einer Unterschrift waren. Vertrauensperson Tobias Mayer ergänzte, dass auch Personen aus anderen Orten unterschreiben wollten. Auch habe die Initiative Unterstützung von einem Ex-Neckargemünder aus Stuttgart erhalten. Edith Mayer kündigte an, dass noch weitere Unterschriften "nachgeliefert" werden. Bis 2. Juni ist Zeit.

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