RNZ-Sommertour nach Nußloch

Im Steinbruch treffen Natur und Industrie aufeinander (Video/Fotogalerie)

Naturparadies hautnah erleben: Heidelberg Materials öffnete für die 25 Sommertouristen die Tore des Nußlocher Steinbruchs.

20.08.2024 UPDATE: 20.08.2024 04:00 Uhr 2 Minuten, 14 Sekunden
Mit dem Hammer brachen die Leser selbst Steine und beobachteten Gelbbauchunken in ihren Tümpeln. Foto: Lehr

Von Sabrina Lehr

Nußloch. Es ist eigentlich kaum zu glauben. Wo jahrzehntelang gesprengt wurde, wo Förderbänder ratterten und schweres Gestein geschreddert wurde, herrscht heute Ruhe. Fast zumindest. Insekten summen und Gräser und Blätter rascheln im Wind. Wo jahrzehntelang Schwerindustrie betrieben wurde, hat sich nämlich ein Naturpark entwickelt, in dem seltene Tier- und Pflanzenarten ein Zuhause gefunden haben – weitgehend ungestört von Menschen.

Nun aber hatten 25 RNZ-Leser die Möglichkeit, das Naturparadies hautnah zu erleben. Heidelberg Materials öffnete für die RNZ-Sommertour die Tore seines sonst unzugänglichen Steinbruchs. Und stellte den Lesern in Melanie Meier, Rangerin des Geo-Naturparks Bergstraße-Odenwald, eine kundige Führerin zur Seite.

Von der Wüste zum Steinbruch

Los ging die Tour aber dort, wo die Spuren der Zivilisation überwiegen: im Eingangsbereich des Steinbruchs, wo die Kulissen der Interessengemeinschaft Volksschauspiele (IGV) stehen. Dort erklärte Meier den RNZ-Lesern, dass sich hier, wo sich heute Odenwald und Kraichgau erheben, einst Meer und Wüste befanden.

Obwohl das über 240 Millionen Jahre zurückliegt, ist dies der Grund, dass bei Nußloch Gestein abgebrochen wird. Nur so konnten sich etwa Sandstein und Muschelkalk bilden. Der Kalkstein ist es, der für die Zementherstellung benötigt wird.

Überbleibsel der Industrie

Was mit dem abgebauten Gestein noch bis vor gut eineinhalb Jahren geschah, sahen die Sommertouristen dann selbst. Durch die IGV-Kulissen ging es auf einem Trampelpfad hinter die Steinbruch-Kulissen. Auf einer Anhöhe liegt dort ein Platz, an dem sich dank einer Schneise zwischen den Bäumen ein fantastischer Blick in die Ebene bietet. "Hierher lief das Transportband", erklärt Meier.

Und hier wurde das Gestein in die Loren der schon Anfang des 20. Jahrhunderts errichteten Materialseilbahn verladen, welche die Steine ins Zementwerk transportierte. Kuhlen im Boden lassen das schwere Gerät erahnen, das hier stand. Wo der Boden vom Regen noch feucht und weich ist, sieht man aber auch Spuren derer, die inzwischen im Steinbruch unterwegs sind: "Hier haben sich Rehe angesiedelt und auch Wildschweine und Waschbären", erzählt Meier.

Hintergrund

Begeisterte Leser bei Sommertour

Erstaunte Rufe, begeisterte Geräusche und immer wieder ein "Schau mal, hier!": Die RNZ-Leser zeigten nicht nur mit ihrem Schlussapplaus, wie ihnen die Sommertour im Steinbruch gefallen hatte. "Das ist echt klasse, ich

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Begeisterte Leser bei Sommertour

Erstaunte Rufe, begeisterte Geräusche und immer wieder ein "Schau mal, hier!": Die RNZ-Leser zeigten nicht nur mit ihrem Schlussapplaus, wie ihnen die Sommertour im Steinbruch gefallen hatte. "Das ist echt klasse, ich mache jetzt jedes Jahr mit", sagte Annette Brenner aus Schriesheim, noch während die Gruppe durch den Steinbruch ging. Dass sie durch die Sommertour Orte entdecken kann, in die man sonst nicht kommt, gefällt ihr besonders an der RNZ-Sommertour. Leserin Dorothea Schäfer aus Heidelberg, die mit ihren beiden Enkeln an der Sommertour teilnahm, begeisterte noch etwas: "Es ist beeindruckend, was die Natur alles zurückerobert", sagte sie angesichts des Grüns, zwischen dem die Industrieanlagen teils kaum mehr auszumachen sind. Sie freute sich zudem, dass auch die Sommertour etwas für die Jüngsten ist. "Es ist toll, dass man etwas für den Nachwuchs anbietet." Gerade für Kinder sei es schließlich wichtig, die Natur kennenzulernen.

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Heimat für Tiere und Pflanzen

Die Wildtiere sind nicht die einzigen Lebewesen, die im Steinbruch eingezogen sind. Zwischen alter Abraumhalde und den Resten des Förderbandes sind zahlreiche Tümpel angelegt. Darin schwimmen Gelbbauchunken – das ist eine bedrohte Froschlurchart. Der Magerrasen, der sich auf den Steinböden entwickelte, beherbergt Arten wie den Natternkopf, Bienen, Wilde Möhren und weitere – etwa die Blauflügelige Ödlandschrecke. "Versucht mal, eine zu fangen", motiviert Meier nicht nur die Kinder, auf Insektensuche zu gehen. Erfolgreich ist dabei niemand – zu schnell sind die Tiere in der Hitze. Aber nebenbei schärfen die Sommertouristen ihre Sinne für die seltenen Naturwunder des Steinbruchs.

Renaturierung und Rekultivierung

Während ein Teil des Steinbruchs renaturiert – also in einen naturnahen Zustand zurückgeführt – wird, ist bei einem weiteren die Rekultivierung angesagt. Dabei wird die Landschaft in einen nutzbaren Zustand zurückversetzt. Der Kontrast zeigt sich nur wenige Gehminuten weiter: Dort wurde eine Streuobstwiese angelegt und Ackerflächen sind entstanden. Auf dem Gelände fühlen sich indes auch Ringel- und Äskulapnatter, Wechselkröten, Spinnen und viele Vogelarten wohl.

Selbst zu Steinbrechern werden

Die RNZ-Leser offensichtlich auch. Das Ende der knapp zweieinhalbstündigen Tour hält noch zwei Höhepunkte bereit: den "Klopfplatz" an einer offenen Felswand, an der die Sommertouristen mit Hammer und Schutzbrille selbst zu Steinbrechern werden. Und den zwölf Meter tiefen, türkisblauen Schlangengrundsee, bei dessen Anblick so manchem der Atem stockt. "Man würde gerne reinhüpfen, aber Baden ist hier verboten", sagt Meier. Das kontrolliert ein Sicherheitsdienst. Dieser hat auch wieder die Hoheit, als sich hinter den Sommertouristen die Steinbruchtüren schließen. Dann gehört der Steinbruch wieder seinen seltenen Bewohnern.

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