Schriesheim beteiligt sich mit 1,4 Millionen Euro an OEG-Defizit
Stadt hat verhältnismäßig hohen Anteil. Welche Bergstraßen-Gemeinde was zahlt.

Von Micha Hörnle
Schriesheim. Es hat etwas von einem vorweihnachtlichen Ritual: Jedes Jahr um diese Zeit reisen Vertreter der RNV durch die Gemeinderäte der Kommunen, die an der OEG-Trasse liegen – so auch an diesem Mittwoch in Schriesheim (18 Uhr, Rathaus). Und jedes Mal müssen sie leider mitteilen, dass der Beitrag der Gemeinden am OEG-Defizit von insgesamt 22 Millionen Euro steigt. Das trifft vor allem Schriesheim und Edingen-Neckarhausen.
Diese Kommunen haben erstens einen verhältnismäßig großen Anteil am OEG-Netz – das umfasst neben der Linie 5 auch die Linie 5 a von Heddesheim zum Mannheimer Hauptbahnhof – und sind zweitens finanziell sowieso nicht auf Rosen gebettet: Beide zahlen 2023 jeweils rund 1,3 Millionen Euro – und damit fast das Doppelte wie Hirschberg oder Dossenheim. Auch für das nächste Jahr sieht es nicht besser aus, da kommen dann noch einmal 80.000 Euro obendrauf. Im letzten Jahr jedenfalls war bei diesem Thema im Gemeinderat viel von "geballten Fäusten" und "Ohnmachtsgefühlen der Schriesheimer Stadträte" die Rede.
Die wichtigsten Grundlagen für die Berechnung des kommunalen Anteils am OEG-Defizit sind Nutzzugkilometer und Ausgleichssatz. Beim Start 2005 lag dieser Satz bei 1,05. In den 2010er-Jahren stieg er wegen hoher Investitionen auf 3,40 Euro (2011). 2017 lag er bei 4,45 Euro – mit moderaten Steigerungen bis zur Pandemie (2020: 4,74 Euro). Doch dann brachen die Fahrgastzahlen und somit die Erlöse trotz des Rettungsschirms des Bundes ein. So stieg der Ausgleichssatz wieder (2021: 5,04 Euro, 2022: 5,12 Euro), und machte 2023 wegen der Inflation wieder einen großen Satz (5,91 Euro).
Dagegen fällt der für 2024 prognostizierte Wert von 6,28 Euro relativ moderat aus: Hier machten sich zwar weiter die deutlich gestiegenen Löhne für die Beschäftigten und die weiterhin hohen Energie- und Baupreise bemerkbar, allerdings erholten sich seit der Pandemie auch die Fahrgastzahlen; und nicht zuletzt wurden auch die Tarife erhöht. Doch ein bisschen sind die Zahlen für das kommende Jahr ein Stochern im Nebel, denn bisher kann niemand die Auswirkungen des Deutschlandtickets beziffern. Relativ konstant sind hingegen die Nutzzugkilometer: 2020 wurden für Schriesheim 232.000 berechnet, für 2023 sind es 233.000.
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Doch vielleicht kommt von einer ganz anderen Seite Entlastung: Möglicherweise wird sich das Land stärker an den Kosten beteiligen, wie Landrat Stefan Dallinger unlängst andeutete. Deswegen wird der eigentlich zum Jahresende auslaufende OEG-Konzessionsvertrag mit der RNV erst mal um ein weiteres Jahr verlängert.
Dallinger ist eine wichtige Figur im Ringen, wer welchen Anteil am OEG-Defizit zahlt: Der Kreis ist nämlich der Verhandlungspartner gegenüber der RNV (neben den Städten Mannheim und Heidelberg sowie dem Kreis Bergstraße für Viernheim). Er handelte auch 2016 unter den Kommunen einen gewissen Ausgleich für die die "Ungerechtigkeiten" des alten Nutzzugkilometer-Systems aus. Damit reduziert sich Schriesheims Anteil für 2024 um fast 70.000 Euro.
Das Berechnungssystem
Grundlage der OEG-Finanzierung sind seit 2005 die Nutzzugkilometer, also sozusagen der Fahrplan mit der jährlichen Kilometerleistung, für die ein bestimmter Ausgleichssatz (2023: 5,91 Euro, 2024: 6,28 Euro) abgerechnet und mit den Nutzzugkilometern multipliziert wird. Der Anteil der Kommunen an den Nutzzugkilometern bemisst sich daran, wie lang die OEG-Strecke durch ihre Gemarkungen ist. Das kann auch ein Nachteil sein: Schriesheims Grenzen reichen vom Dossenheimer Ortsausgang bis zum Leutershausener Ortseingang, also muss die Stadt einen deutlich höheren Anteil als diese beiden Nachbarkommunen zahlen. Seit 2017 versucht der Kreis, diese Ungerechtigkeit abzumildern: Es gibt einen Bonus für Kommunen mit großen Gemarkungen (den die restlichen Gemeinden zu zahlen haben).
Wer was zahlt:
Rhein-Neckar-Kreis: Nutzzugkilometer: 1.117.500. Kosten 2023: 6.604.425 Euro. Kosten 2024: 7.017.900 Euro. Mehrkosten 2024: 413.475 Euro.
Davon entfallen auf:
Schriesheim: Nutzzugkilometer: 233.000. Kosten ohne Ausgleich 2023: 1.377.030 Euro. Kosten mit Ausgleich 2023: 1.312.836 Euro. Kosten ohne Ausgleich 2024; 1.463.240 Euro. Kosten mit Ausgleich 2024: 1.395.027Euro. Mehrkosten 2024: 82.191 Euro.
Hirschberg: Nutzzugkilometer: 117.000. Kosten ohne Ausgleich 2023: 691.470 Euro. Kosten mit Ausgleich 2023: 709.803 Euro. Kosten ohne Ausgleich 2024: 734.760 Euro. Kosten mit Ausgleich 2024: 754.241 Euro. Mehrkosten 2024: 44.438 Euro.
Dossenheim: Nutzzugkilometer: 126.000. Kosten ohne Ausgleich 2023: 744.660 Euro. Kosten mit Ausgleich 2023: 798.949 Euro. Kosten ohne Ausgleich 2024: 791.280 Euro. Kosten mit Ausgleich 2024: 848.968 Euro. Mehrkosten 2024: 50.019 Euro.
Weinheim: Nutzzugkilometer: 391.500. Kosten ohne Ausgleich 2023: 2.313765 Euro. Kosten mit Ausgleich 2023: 2.345.644 Euro. Kosten ohne Ausgleich 2024: 2.458.620Euro. Kosten mit Ausgleich 2024: 2.492.494 Euro. Mehrkosten 2024: 146.851 Euro.
Edingen-Neckarhausen: Nutzzugkilometer: 224.000. Kosten ohne Ausgleich 2023: 1.323.840 Euro. Kosten mit Ausgleich 2023: 1.276.525 Euro. Kosten ohne Ausgleich 2024: 1.406.720 Euro. Kosten mit Ausgleich 2024: 1.356.442 Euro. Mehrkosten 2024: 79.918 Euro.
Heddesheim: Nutzzugkilometer: 26.000. Kosten ohne Ausgleich 2023: 153.660 Euro. Kosten mit Ausgleich 2023: 160.669 Euro. Kosten ohne Ausgleich 2024: 163.280 Euro. Kosten mit Ausgleich 2024: 170.728 Euro. Mehrkosten 2024: 10.059 Euro. hö