Schule wehrt sich gegen Pläne zur Verschiebung der Sanierung
Der Schulleiter übt Kritik am Vorschlag der Stadtverwaltung. Die ersten Decken stürzten bereits ein.

Von Timo Teufert
Wiesloch. Soll die Sanierung des Ottheinrich-Gymnasiums (OHG) um ein Jahr nach hinten geschoben werden, wie von der Stadtverwaltung vorgeschlagen, oder nicht? Diese Frage ist derzeit in der Wieslocher Kommunalpolitik ein heißes Eisen, die Fraktionen aus dem Gemeinderat gaben sich am Montag auf RNZ-Nachfrage sehr zugeknöpft.

Von diesem "konsequenten Schweigen" berichtet auch der Schulleiter des OHG, Christian Annuschat. Derweil macht die Schulgemeinschaft mit mehreren offenen Briefen deutlich: Eine Verschiebung der Sanierung kommt für sie aufgrund des schlechten baulichen Zustands der Schule nicht infrage.
Insbesondere zweifelt die Schulgemeinschaft daran, dass sich die Sanierung tatsächlich nur um ein Jahr verschieben würde, wie die Stadt in einem Aktenvermerk festgehalten hat: "Das ist wenig glaubhaft", sagt Annuschat.
Bei seiner Schule seien die Baupläne fertig, die Ausschreibung bereit. "Für die Erweiterung der Grundschule Frauenweiler, die die Stadtverwaltung laut Aktenvermerk vorziehen will, muss das erst alles noch erstellt werden", sagt Annuschat.
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Für das Gymnasium habe die Planung eineinhalb Jahre gedauert, wenn es in Frauenweiler gut laufe, könne man Ende 2024 mit einer abgeschlossenen Planung rechnen, schätzt der Direktor. Baubeginn dürfte also frühestens 2025 sein. Bis alles gebaut ist, dürfte noch einmal viel Zeit ins Land gehen.
"Wir haben die reale Befürchtung, dass die Verschiebung nicht um ein Jahr, sondern um vier Jahre sein wird", erläutert Annuschat. Und eigentlich sollte die Sanierung des OHG 2027 abgeschlossen sein. "Ich weiß nicht, wie lange die Bausubstanz das noch aushalten soll."
Besonders bitter stößt Annuschat, seinen Kollegen, den Schülern und vielen Eltern aber auf, dass das OHG in den letzten Jahren mehrfach eine Zurückstellung der Sanierung hinnehmen musste, schreibt der Direktor in einem offenen Brief. All diese Priorisierungen am Ottheinrich-Gymnasium vorbei bedeuteten ebenso, dass der Erhalt der Betriebsfähigkeit der Schule und die notwendige grundlegende Modernisierung zurückgestellt, verschoben, hinten angestellt, vertagt und nachgeordnet werde.
Komme es jetzt wieder zu einer anderen Priorisierung, werde man sich dagegen wehren. Das Ende der über Jahre gelebten Konsenspolitik sei erreicht, schließlich hätten er und seine beiden Vorgänger seit 16 Jahren kontinuierlich auf die Missstände hingewiesen.

Dass der Investitions- und Baubedarf am OHG nicht akuter sei als in Frauenweiler, wie die Stadtverwaltung im Aktenvermerk erläutert, sei schlicht die Unwahrheit: Dort regne es nicht in Klassenzimmer hinein, die Sporthalle sei zwar alt, aber nutzbar, die Heizung funktioniere. Ganz im Gegensatz zum OHG: "Wenn bei uns im D- und E-Bau die Heizung aufgedreht wird, tropft es in der Sporthalle von der Decke."
Im Moment sei die Heizung im D-Bau deshalb abgestellt, vier Fachräume und sechs Klassenzimmer seien nicht nutzbar. Zudem senkte sich das Dach dort bereits 2018 so stark ab, dass es nicht mehr möglich ist, eine Faltwand zwischen zwei Klassenzimmern zu öffnen. "Deshalb wurden damals schon Stützbalken eingebaut, damit die Dachkonstruktion dort überhaupt hält", so der Oberstudiendirektor.
"Von einem sicheren Gebäude kann man nicht sprechen, wenn Stahlbaustützen in Klassenzimmern stehen müssen, mehrere Räume unbenutzbar sind, Kinder bei Temperaturen unterrichtet werden, die kein Arbeitgeber seinen Angestellten zumuten darf", heißt es auch im Brief von Daniela Coßmann, der Vorsitzenden des Freundeskreises des Gymnasiums, an die Gemeinderäte. Dass man sich von Seiten der Kämmerei, des Bauamtes und des Schuldezernats der Stadt auf "nicht sicherheitsrelevante Mängel" berufe, könne und dürfe nicht der Anspruch an die Schullandschaft in Wiesloch sein.
Auch der C-Bau macht Sorgen: "Dort sind die Dachfenster offenbar so undicht, dass das Wasser ungehindert ins Gebäude fließen kann", berichtet Annuschat. Deshalb seien im Herbst in einem Bio-Saal Deckenplatten heruntergefallen, die glücklicherweise zwischen Lehrerpult und erster Sitzreihe landeten. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn diese Platten Schüler getroffen hätten. "Das sind Zustände, die zeigen, dass eine Sanierungsverschiebung nicht machbar ist", so der Direktor. Denn jederzeit könnten weitere Platten herunterfallen.
Und im letzten Winter war der gesamte C-Bau wegen eines Heizungsausfalls längere Zeit nicht beheizt: "Die Schüler haben sich mit Decken und Winterjacken beholfen", so Annuschat. Und die Handwerker hätten nach der Reparatur klar gemacht, dass es sich dabei nur um eine Übergangslösung handle: "Es kann jederzeit wieder zu diesen Problemen kommen", sagt er.
Auf RNZ-Anfrage wollten sich die meisten Fraktionen gestern nicht dazu äußern, was sie vom Vorschlag der Verwaltung halten und ob sie dieser Empfehlung in der Gemeinderatssitzung am Mittwoch folgen werden. "Beide Großprojekte, Komplett-Sanierung OHG/Umbau Grundschule und Mehrzweckhalle Frauenweiler müssen unbedingt angestrebt werden", erklärt Norbert Heneka (Altwieslocher Liste). Eine Verschiebung sei nicht zielführend, da die Finanzen in den nächsten Jahren nicht besser würden.
"Der andauernde desolate bauliche Zustand unserer größten Schule ist uns allen bewusst, ein genehmigungsfähiger Haushalt 2024 wird zur Quadratur des Kreises", so Heneka. Man stehe parteiübergreifenden Lösungen offen gegenüber, wolle aber die Fraktionssitzung am Montagabend abwarten. Fraktionspartner Orhan Bekyigit (Wählergemeinschaft Frauenweiler) verweist darauf, dass die internen Abstimmungen noch nicht abgeschlossen seien.
Während es von CDU und Freien Wählern überhaupt keine Reaktion auf die Anfrage gab, verweisen die Grünen darauf, dass die neue Fraktion zum ersten Mal in neuer Zusammensetzung am Montag tage und man deshalb vorher nichts sagen könne. "Vorher Stellungnahmen abzugeben, die noch veröffentlicht werden, ist eine Art und Weise, die nicht dem demokratischen Ablauf entspricht. Aus diesem Grund wird die SPD-Fraktion vor der Gemeinderatssitzung am Mittwoch auch keine Stellungnahme abgeben", so Richard Ziehensack.