Bürger haben schon konkrete Erwartungen an ihren neuen OB
RNZ unternahm Spaziergang durch Wahllokale - Jungwähler diskutierten in sozialen Netzwerken

Wahlrecht ist eine ernste Sache. Trotzdem konnte es bei der Stimmabgabe - hier: in der Konrad-Adenauer-Straße - auch mal lustig zugehen. Foto: Kreutzer
Von Günther Grosch
Weinheim. In der Weststadt sind die Frühaufsteher zuhause. In Lützelsachsen wohnen die Erst- und Jungwähler, während sich alle übrigen stimmberechtigten Bürger mit ihrem "Kreuz" wohl bis nach dem Kirchgang Zeit lassen. Auf diesen vereinfachten Nenner lässt sich nach dem vormittäglichen Abstecher der RNZ in verschiedene Wahllokale der ausdrücklich nicht-repräsentative Eindruck des Berichterstatters bringen.
"Bei zwischen vier und sechs Prozent", so die Auskunft der jeweiligen Schriftführer, hatte sich in der Lützelsachsener Hans-Joachim Gelberg-Grundschule gegen 10 Uhr der bis dahin "noch zähflüssige Wähleransturm" eingependelt. Der hohe Anteil der Erst- und Jungwähler daran lässt sich unter anderem mit verschiedenen, an diesem Tag stattfindenden sportlichen Wettkämpfen erklären.
Jungwähler diskutierten untereinander auf Instagram
Dennoch fanden sich etliche von ihnen zu kurzen Frage- und Antwortrunden bereit: Etwa Lukas Kick aus der Dietrich-Bonhoeffer-Schule, der "zwischen Wahlpflicht, Mountainbiketour und Hockeyspiel" wählen ging.
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Hauptsächlich über Instagram, Facebook und in der Diskussion mit Freunden habe er sich schon im Vorfeld über die Kandidaten informiert, so der Schüler aus der J1D. "Entscheidend" für sein Kreuzchen aber sei die Diskussion mit den sieben Bewerbern am Freitag im DBS-Musiktheater gewesen.
Daheim wäre er an diesem Tage sowieso alleine, so einer der Wahlhelfer. Seine Frau sei mit ihrem Chor zu einem Auftritt im Bodelschwingh-Heim unterwegs. Da biete die Kommunikation mit den Wählern eine Abwechslung, "zumal es ja auch noch eine Aufwandsentschädigung fürs Rumsitzen gibt".
Wegen des "Hickhacks um die Ausweisung neuer Gewerbegebiete" gar nicht gut auf den Verein "Landerlebnis" zu sprechen war ein älteres Ehepaar. Weinheim brauche zur Erfüllung seiner Aufgaben mehr Gewerbesteuereinnahmen. "Das Landerlebnis solle "in den Odenwald ziehen. Dort gibt es genug ländliche Fläche".
Auch in den Wahllokalen auf dem Rathaus pendelt sich der Zustrom gegen 11 Uhr noch bei knapp fünf Prozent ein. "Awwa glei is die Kersch in Laurentius aus. Donn kumme die Leit", tröstet eine ältere Dame den RNZ-Berichtstatter.
Lukas Göcke und Yvonne Müller sind erst vor Kurzem in die Zweiburgenstadt und hier ins Gerberbachviertel gezogen. Über die politischen Interna wie etwa den Streit um die "Hintere Mult" wissen beide "noch nicht so gut Bescheid".
Stattdessen kämpfen sie vor allem mit den Parkplatznöten in ihrem Viertel. Auf jeden Fall aber solle "der Neue" die Attraktivität und das Niveau der Zweiburgenstadt erhalten und ausbauen.
Einen Oberbürgermeister, der "in Weinheim aufräumt, nicht immer nur etwas verspricht und den Laden voranbringt", wünscht sich ein "eiliger Jungwähler".
"Schlange stehen" heißt es vor den Wahlkabinen in der Bonhoefferschule. Hier sind es gegen 10.30 Uhr durchgängig bereits zwischen zwölf und 15 Prozent Urnengänger. Auch hier äußern die nach ihrer Stimmabgabe Befragten Wünsche. "Mehr bezahlbaren Wohnraum" möchten viele, dazu den weiteren Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs.
"Awwa blous kä Feschdiväls omm Waidsee un im Schlosspark mee", diktiert eine resolute Wählerin dem Reporter in seinen Notizblock: "Schreiwe se des awwa aa, damit der neie OBe des a liest!".
Die in den Wahlkabinen ausliegenden Bleistifte werden mehrfach moniert. Die damit gemachten Kreuzchen auf den Stimmzetteln könne man doch ausradieren und an einer anderen Stelle setzen, lauten unbegründete Befürchtungen. "Die Stifte sind dokumentenecht. Manipulationen unmöglich", klären die Wahlhelfer auf.
Extra aus Sulzbach zur Unterstützung seiner in der Weststadt wohnenden Freundin Claudia ist Erstwähler Nico gekommen. Nein, nur sie dürfe hier wählen, wird dem 17-Jährigen seine Stimmabgabe in der DBS verweigert. Er müsse sein Kreuzchen dort machen, wo er im Wählerverzeichnis eingetragen ist, erfährt er. Beim nächsten Mal weiß Nico auch hierüber Bescheid.



