Neckargemünd/Neckarsteinach

Steht die Neckarhäuserhof-Fähre vor dem Aus?

Die Fährleute wollen unter den aktuellen Bedingungen nicht weiterarbeiten. Behörden würden mehr Personal zahlen, aber es mangelt an Bewerbern.

28.03.2023 UPDATE: 28.03.2023 06:00 Uhr 3 Minuten, 22 Sekunden
Die Fähre soll weiter bestehen. Foto: A. Dorn

Von Christoph Moll

Neckargemünd/Neckarsteinach. Fast alle öffentlichen Verkehrsmittel standen am Montag still – nicht so die Fähre zwischen dem Neckargemünder Ortsteil Neckarhäuserhof und dem Neckarsteinacher Stadtteil Neckarhausen. Sie verkehrte regulär. Aber wie lange noch? Einmal mehr ist die Fähre – wie schon so oft in ihrer über 500-jährigen Geschichte – in Not. Es fehlt an Personal. Aktuell gibt es noch zwei Fährleute, doch bald ist es wohl nur noch einer. Steht die "schwimmende Brücke" zwischen Baden-Württemberg und Hessen sogar vor dem Aus?

Vor vier Jahren hatten Markus Seibert und Jürgen Rak die Fähre in ruhiges Fahrwasser zurückgeführt, nachdem es in den Vorjahren immer wieder Wechsel bei den Fährmännern gab. Damals war Fähr-Urgestein Achim Landwehr in den Ruhestand gegangen. Ende 2021 schränkte Seibert aus gesundheitlichen Gründen die Fährzeiten erstmals ein, fuhr im vergangenen Jahr aber regulär.

Hinter den Kulissen ging die Auseinandersetzung um vor allem eine Frage aber weiter: Wie zeitgemäß sind die Arbeitsbedingungen für die beiden Fährleute noch? Sie arbeiten im wöchentlichen Wechsel. Wenn sie Dienst haben, sind sie aber vor allem im Sommer fast rund um die Uhr, von früh morgens bis spät abends, im Einsatz.

Herold Pfeifer (l.) und Landrat Christian Engelhardt (2.v.l.), die unlängst Fährmann Markus Seibert (r.) besuchten. Foto: A. Dorn

Für Markus Seibert steht schon länger fest: Das kann so nicht weitergehen. "Ich hatte eine harte Zeit", blickt der 46-Jährige zurück. Doch statt Verständnis für seine gesundheitliche Situation zu bekommen, sei er von einigen Fahrgästen "mit Steinen beworfen" worden.

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"Wir brauchen einen dritten Fährmann, damit einer von uns auch mal krank sein darf oder Urlaub machen kann", sagt Seibert. Doch dies scheiterte bisher stets an der Finanzierung. Denn die Fährleute erhalten für den Betrieb einen Fixbetrag von den Städten Neckargemünd und Neckarsteinach sowie die Fahrgeldeinnahmen. Statt durch zwei hätten diese Beträge durch drei aufgeteilt werden müssen – eine Erhöhung des Zuschusses hatten die Behörden stets abgelehnt.

Seibert setzte deshalb ein Zeichen und kündigte seinen Pachtvertrag im Herbst mit Wirkung zum 31. März. Er machte aber deutlich, dass er dies nur wegen der veralteten Vertragsbedingungen mache – nicht weil er den Beruf nicht mehr ausüben wolle. Bei Verhandlungen zu einem neuen Vertrag sei man sich näher gekommen – so zum Beispiel werden künftig kleinere Reparaturen finanziell übernommen. Doch das Wichtigste: Ein dritter Fährmann soll finanziert werden.

Dies bestätigt Neckargemünds Stadtsprecherin Petra Polte: "Die Konditionen des Fährbetriebs mit der selbstständigen Tätigkeit, langen Arbeitszeiten und nur zwei Fährmännern im wöchentlichen Wechsel sind nur noch schwer mit den heutigen Anforderungen an die Work-Life-Balance vereinbar", erklärt sie. "Damit Urlaubs- und Krankheitszeiten besser abgedeckt werden können, wird im Benehmen mit der Stadt Neckarsteinach angestrebt, den Pool an aktiven Fährleuten auf drei zu erweitern." Beide Fährleute hätten signalisiert, mit den gegenwärtigen Arbeitsbedingungen nur schwer weitermachen zu können.

"Die beiden Fähreigentümer, die Städte Neckargemünd und Neckarsteinach, sind daher mit den Fährleuten in engem Kontakt, um eine Verbesserung der Situation zu erreichen, was insbesondere bedeutet, zusätzliche Fährleute zu finden, sowie die Vertragsgrundlagen auf den Prüfstand zu stellen", so Polte. "Beide Städte gehen davon aus, dass die Fährverbindung zumindest bis zum nächsten Jahr gesichert ist." Denkbar sei allerdings ein geringfügig reduzierter Fahrplan für die weniger frequentierten Randzeiten.

Die Suche nach einem dritten Fährmann läuft nun auf Hochtouren. "Man geht davon aus, dass rechtzeitig Personen gewonnen werden können, die entweder schon ein Fährpatent haben oder bereit sind, es zu erwerben", so Polte.

"Die Verantwortlichen beider Städte setzen sich kurzfristig mit den Fährleuten zusammen, um den Fährbetrieb für die Zukunft zu überarbeiten", so die Neckargemünder Sprecherin. "Zugleich gilt es, auf allen verfügbaren Kanälen nach Fährleuten zu suchen – wie es vor einigen Jahren schon erfolgreich gelang." Dabei sei man erneut sehr dankbar, dass dabei der Fährverein intensiv unterstütze.

Auch der hessische Landkreis Bergstraße, der für die Stadt Neckarsteinach die Kosten des Fährbetriebs übernimmt, ist zuversichtlich: "Der Kreis geht davon aus, dass der aktuelle Aufruf zum Erfolg führt und der Betrieb der Neckarfähre sichergestellt werden kann", so Behördensprecherin Cornelia von Poser. "Die Fähre Neckarhausen-Neckarhäuserhof hat eine lange Tradition und ist ein Wahrzeichen der Region."

Bereits in den vergangenen Jahren seien von den Städten Neckargemünd und Neckarsteinach, auch mit Unterstützung des Fährvereins, Fährleute gesucht und gefunden worden. Auch der Landkreis unterstütze das Vorhaben, den Fährbetrieb künftig an drei Fährleute zu verpachten. Der Kreis sei am Erhalt der Fährverbindung interessiert. Dies betont auch Neckarsteinachs Bürgermeister Herold Pfeifer: "Wir wollen erreichen, dass es weitergeht."

Ort des Geschehens

Bereits vor einem Jahr hatte ein potenzieller Fährmann seinen Dienst auf der Fähre angetreten mit dem Ziel, das notwendige Patent zu erwerben. Bisher kam es noch nicht dazu. Wie genau es im April weitergeht, steht wegen der offenen Vertragssituation bei Markus Seibert noch nicht fest. Der 46-Jährige aus Neckarhausen will auf jeden Fall an Bord bleiben: "Es ist ein wunderschöner Job und 98 Prozent der Kunden sind sehr dankbar." Auch sein bisheriger Kollege Jürgen Rak mag den Job. Dennoch möchte er demnächst aufhören. Der 35-Jährige will nicht mehr selbstständig sein, sondern als Angestellter arbeiten. "Wenn ich bald alleine sein sollte, dann arbeite ich eben den Sommer durch", sagt Seibert.

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