Neckargemünd

Volks eigene Corona-Berechnungen sind "Erholung für mich"

Bürgermeister Frank Volk erstellt eigene Corona-Statistiken - Das hilft ihm auch bei Entscheidungen vor Ort

10.11.2020 UPDATE: 11.11.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 16 Sekunden
Neckargemünds Bürgermeister Frank Volk zeigt am Laptop eines der von ihm erstellten Schaubilder. Foto: Moll

Von Christoph Moll

Neckargemünd. Frank Volk ist ein "Zahlenfreak". So bezeichnet sich der Bürgermeister der Stadt am Neckar gerne selbst. Kein Wunder, ist Volk doch ein ehemaliger Banker. Und so hat der 53-Jährige auch eine ausgeprägte Leidenschaft für Statistiken. Bereits im März beeindruckte Volk den Gemeinderat mit selbst erstellten Statistiken zur weltweiten Corona-Lage. Bis heute sammelt er große Datenmengen zur Pandemie.

"Ich bin kein Hobby-Virologe, sondern Statistiker", betont er. "Das ist ein Faible und Erholung für mich." Der Rathauschef erzählt, dass er bei seinem früheren Arbeitgeber, der Volksbank Neckartal, im Berichtswesen viel mit Tabellenkalkulationsprogrammen gearbeitet habe. Privat nutzt er Libreoffice. "Ich bin in der Welt der Zahlen zu Hause", sagt Volk.

Als die Pandemie im März auch in der Region ankam, hat Volk mit dem Datensammeln begonnen. Seither ist seine Corona-Datei auf 40 bis 45 Arbeitsblätter mit Tausenden von Daten angewachsen. Diese füttert Volk jeden Tag nach Feierabend mit weiterem Stoff. Dazu öffnet er im Internetbrowser 60 bis 70 Seiten und kopiert nacheinander Daten aus der Welt, aus Deutschland, aus Baden-Württemberg und aus der Region ein. "Das funktioniert nicht automatisch, geht aber schnell", erzählt er. "Ich brauche etwa zehn Minuten." Dabei nutzt er ausschließlich staatliche Quellen – so auch zum Beispiel die Faktenblätter, die der Rhein-Neckar-Kreis zur Verfügung stellt.

"Am Anfang der Pandemie wurden verschiedene Wege aufgezeigt, wie diese bewältigt werden kann", blickt Volk zurück. Ist das Tragen von Masken sinnvoll? Oder sollten sich möglichst viele Menschen anstecken, damit eine sogenannte Herdenimmunität entsteht? Volk nennt als Beispiel Tschechien, auf das er allein schon wegen der Neckargemünder Partnerstadt Jindrichuv Hradec blickt. "Dort wurden schnell strenge Maßnahmen ergriffen, im Juli wurde dann aber die Maskenpflicht gelockert", weiß Volk. Der Effekt ist in Volks Datei sichtbar: Zwei bis drei Wochen später stiegen die Fallzahlen rapide an. "Da war für mich klar, dass wir bei der Maskenpflicht dranbleiben müssen und keine großen Veranstaltungen wie der Bohrermarkt mit Rockmusik möglich sind", so Volk.

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Neben sogenannten Sieben-Tage-Inzidenzen – also der Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern in sieben Tagen – hat Volk zum Beispiel auch die Fallzahl pro einer Million Einwohner im Blick. Hier liege Deutschland aktuell auf Platz 39 in Europa. Bei den Todeszahlen sei von den Nachbarn nur Dänemark noch besser. Ein Augenmerk legt der Bürgermeister auch auf die Quote der positiven Ergebnisse bei Tests. Bei 1,5 Millionen Tests in Deutschland sei vor vier Wochen noch ein Prozent positiv gewesen. Inzwischen seien es über sieben Prozent, in Tschechien gar 30 Prozent. "Das Virus ist in der Fläche angekommen", lautet Volks Erkenntnis. Und: "Manchmal wird zu spät reagiert."

"Wenn ich Menschen auffordere, Maske zu tragen, will ich auch wissen, ob das was bringt", erklärt er seine Motivation. "Ich mache das, weil ich überzeugt bin – und nicht weil die Kanzlerin das sagt." Mit den Erkenntnissen aus seiner Statistik könne er in Diskussionen mit Argumenten dagegenhalten. Der Bürgermeister ist überzeugt, dass es Deutschland bisher gut durch die Pandemie geschafft hat. "Im weltweiten Vergleich geht es uns sehr gut und wir sind auf einem guten Weg", meint er. "Mir fehlt nur manchmal die Klarheit bei der Umsetzung der Maßnahmen." So jage eine Verordnung die nächste und teilweise gebe es sogar Widersprüche zwischen diesen.

Die Statistik ist übrigens nicht die einzige "Corona-Datei", die Volk derzeit pflegt. So führt er auch eine Kontaktliste. "Im Ernstfall kann ich damit dem Gesundheitsamt Arbeit ersparen und mache es mir leichter", sagt er. "Es ist ein Schutz für mich und meine Kontakte." Nach jedem Treffen notiert Volk den Namen und Kontaktdaten. So habe er in den vergangenen zwei Wochen lediglich 15 Kontakte gehabt. "Das kann ich nicht noch weiter reduzieren", sagt er.

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