So drückt die Pandemie auf die kommunalen Kassen
Die RNZ hat in den Rathäusern nachgefragt – Erhebliche Verluste werden befürchtet – Vorsichtiges Planen zahlt sich aus

Der Euro. Foto: dpa
Von Sabrina Lehr
Region Heidelberg. Sie ist eine wichtige Einnahmequelle für Städte und Gemeinden: die Gewerbesteuer. Die zur Berechnung herangezogenen Hebesätze legt jede Kommune selbst fest. Was in die Stadt- oder Gemeindekasse fließt, ist vom erzielten Gewinn der gewerbesteuerpflichtigen Unternehmen am Ort abhängig – und damit unmittelbar von den Folgen der Corona-Pandemie betroffen: Erzielt ein Unternehmen weniger Gewinn, nimmt die Kommune weniger Gewerbesteuer des betreffenden Unternehmens ein. Wie sehr trifft das die Orte? Inwiefern müssen sie ihre Haushaltsplanungen anpassen? Die RNZ hat bei den 17 Orten des Heidelberger Umlands nachgefragt, die auf die Kompensationszahlungen von Bund und Land setzen.
> Bammental: "Da Gewerbesteuereinnahmen schwankungsanfällig sind, hat die Gemeinde mit einem Ansatz von 1,5 Millionen Euro für 2020 vorsichtig geplant", sagt Bürgermeister Holger Karl. Aufgrund dessen sehe die Gemeinde, in der bei der Gewerbesteuer ein Hebesatz von 340 vom Hundert (v.H.) – also Prozent – veranschlagt wird, keinen Anpassungsbedarf der Prognosen für das laufende Haushaltsjahr. Karl ist optimistisch. Die Verwaltung gehe davon aus, den Ansatz zu übertreffen." 2019 hatte die Gemeinde rund 2,4 Millionen Euro an Gewerbesteuer eingenommen.
> Dossenheim: Im vergangenen Jahr hat die Gemeinde bei einem Hebesatz von 340 v.H. rund 5,6 Millionen Euro Gewerbesteuer eingenommen, in diesem Jahr waren 4,5 Millionen Euro prognostiziert."Da die Gewerbesteuer immer auf dem Gewinn oder dem Verlust der Unternehmen fußt, rechnen wir mit einem erheblichen Corona-bedingten Gewerbesteuereinbruch in den kommenden drei Jahren", erläutert Sprecherin Mareike de Raaf. Inwiefern die Prognose angepasst werden muss, ist noch nicht klar. "Eine seriöse Aussage ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich", so de Raaf. Auf die Entwicklungen reagiert hat die Gemeinde jedoch bereits: So wurde eine eigentlich erlassene Haushaltssperre aufgehoben und eine Haushaltsskonsolidierungskommission eingerichtet.
> Eppelheim: Rund acht Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen flossen 2019. In diesem Jahr plante die Stadt laut Kämmerer Hubert Büssecker mit Erträgen in Höhe von rund fünf Millionen Euro aus der Gewerbesteuer (Hebesatz: 345 v.H.). Eine Anpassung der Summe sei nicht angedacht. "In Bezug auf die Plansumme wird nicht mit negativen Auswirkungen gerechnet", so Büssecker. "Corona-bedingte Ausfälle werden durch positive Abrechnungen aus Vorjahren kompensiert."
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> Gaiberg: "Bisher wurde die Prognose nicht geändert, wir rechnen aktuell mit Gewerbesteuereinnahmen von rund 140 000 Euro", sagt Rechnungsamtsleiterin Tanja Edinger. Dennoch bleibt sie vorsichtig: Es sei nicht abzusehen, wie viele Unternehmen ihre Gewerbesteuerabgabe "noch auf Null setzen lassen, beziehungsweise eine Stundung beantragen." Im vergangenen Jahr habe die Kommune, in der der Hebesatz 330 v.H. beträgt, rund 158 000 Euro durch die Gewerbesteuer eingenommen.
> Heiligkreuzsteinach: Bislang geht man davon aus, dass das Gewerbesteueraufkommen deutlich geringer als die vorab veranschlagten 320 000 Euro ist. "Aktuell rechnen wir mit einem Aufkommen in Höhe von 235 000 Euro", berichtet Werner Fischer, Geschäftsführer des für Heiligkreuzsteinach, Schönau und Wilhelmsfeld zuständigen Gemeindeverwaltungsverbands Schönau (GVV). Gründe für das geringere Aufkommen sei insbesondere die Corona-Pandemie. Aber auch andere Gründe gäbe es, unter anderem nennt Fischer fällig werdende Rückerstattungen. Im Jahr 2019 beliefen sich die Einnahmen aus der Gewerbesteuer laut GVV auf rund 496 000 Euro. Der Hebesatz beträgt 330 v.H.
> Leimen: Nach Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von 4,8 Millionen Euro im vergangenen Jahr veranschlagte die Große Kreisstadt bei einem Hebesatz von 380 v.H. für dieses Jahr 5,3 Millionen Euro. Während in anderen Bereichen unter anderem im Zuge der Corona-Pandemie zahlreiche Mindereinnahmen zu Buche stehen, sieht es in Sachen Gewerbesteuer gut aus: "Derzeit rechnen wir mit Gewerbesteuereinnahmen von circa 5,6 Millionen Euro", sagt Stadtsprecher Michael Ullrich.
> Lobbach: Rund 502 000 Euro nahm die Gemeinde im vergangenen Jahr laut Bürgermeister Edgar Knecht durch die Gewerbesteuer ein. Der Haushaltsansatz für das Jahr 2020 fällt mit 650 000 Euro sogar noch höher aus. Und die Gemeinde bleibt dabei: "Im Halbjahresbericht der Verwaltung für den Gemeinderat am 30. Juli wurde ausgeführt, dass aufgrund der aktuellen Entwicklung keine Anpassung erforderlich scheint", so Knecht, der als Begründung auf die Struktur der Gewerbebetriebe in Lobbach verweist. In Lobbach ist der Hebesatz mit 340 v.H. festgesetzt.
> Mauer: "Eine Anpassung wegen Corona ist momentan nicht geplant", sagt Bürgermeister John Ehret mit Blick auf die Gewerbesteuereinnahmen seiner Gemeinde. In diesem Jahr habe man bei einem Hebesatz von 350 v.H. mit Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von 500 000 Euro geplant. Im vergangenen Jahr hatte man durch die Gewerbesteuer 784 500 Euro eingenommen – auch damals betrug der Planansatz 500 000 Euro.
> Meckesheim: 2019 betrug das Gewerbesteueraufkommen rund 3,4 Millionen Euro. "Im Jahr 2020 liegt es aktuell mit circa 2,5 Millionen Euro noch im Planansatz", sagt Bürgermeister Maik Brandt. "Die vorsichtige Haushaltsplanung kommt uns hier zugute, allerdings ist der Rückgang im Vergleich zum Vorjahr immens", ordnet der Rathauschef die Zahlen ein. Der Hebesatz für die Gewerbesteuer in Meckesheim beträgt 350 v.H.
> Neckargemünd: Die Stadt am Neckar kalkulierte nach Gewerbesteuer-Vorjahreseinnahmen in Höhe von 3,8 Millionen Euro für das Jahr 2020 mit drei Millionen Euro (Hebesatz: 340 v.H.). Ein Planansatz, der laut Stadtsprecherin Petra Polte bisher nicht angepasst wurde und es vermutlich aufgrund der nicht absehbaren Entwicklung auch nicht mehr wird.
> Neckarsteinach: Von veranschlagten 750 000 Euro verzeichnet man zwar erst 526 319 Euro, dennoch soll es laut Kämmerer Harry Hack keinen Nachtragshaushalt geben: Da durch die Corona-Pandemie kein Ausgleich von Erträgen und Aufwendungen gegeben wäre, sei dieser nicht genehmigungsfähig. Der Planansatz liegt indes bereits deutlich unter dem des vergangenen Jahres. Damals plante man bei einem Hebesatz von 380 v.H. mit 1,25 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen, letztlich waren es nur 841 147 Euro. In diesem Jahr winkt laut Hack allerdings noch ein Zubrot: "Das Land Hessen plant, den Kommunen eine Kompensationszahlung für den Ausfall der Gewerbesteuer im Jahr 2020 zu überlassen." Für Neckarsteinach handelt es sich dem Kämmerer zufolge um 484 000 Euro.
> Nußloch: "Bis zur Coronakrise verlief das Jahr 2020 wesentlich besser als erwartet", resümiert Kämmerin Susanne Einsele. Dieser Tatsache ist es zu verdanken, dass die Nußlocher Verwaltung "trotz erheblicher Steuerausfälle aktuell mit Mindereinnahmen von 500 000 Euro" gegenüber dem Planansatz rechnet. Dieser betrug ursprünglich bei einem Hebesatz von 350 v.H. drei Millionen Euro. Im Jahr 2019 hatte Nußloch 5,5 Millionen an Gewerbesteuern eingenommen.
> Sandhausen: In der Hopfengemeinde wird die Prognose von 2,2 Millionen Euro Einnahmen durch die Gewerbesteuer laut Kämmerer Timo Wangler nicht mehr geändert. "Wir gehen davon aus, dass das Aufkommen im Jahr 2020 stabil bleibt", so Wangler, der dieses wie nach dem ersten Aufflammen der Pandemie mit 2,4 Millionen Euro angibt. Es habe bis dato keinen signifikanten Anstieg von Anträgen auf eine Herabsetzung der Gewerbesteuervorauszahlungen gegeben. 2019 standen 2,9 Millionen Euro an Gewerbesteuereinnahmen zu Buche. In Sandhausen beträgt der Hebesatz 340 v.H.
> Schönau: Nach Informationen des GVV übertrifft man die im Haushaltsplan veranschlagten Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von 1,8 Millionen Euro bei einem Hebesatz von 350 v.H. sogar: "Aktuell rechnen wir mit einem Aufkommen in Höhe von 2,1 Millionen Euro", so Werner Fischer, der die Gewerbesteuereinnahmen des Vorjahres mit rund 2,7 Millionen Euro angibt. "Da aber weiterhin Anträge auf Herabsetzung der Vorauszahlungen gestellt werden können und auch noch Abrechnungsergebnisse einzelner Betriebe eingehen, kann es hier noch zu deutlichen Veränderungen kommen." In der aktuellen Berechnung seien aufgrund der Corona-Pandemie eingegangene Anträge auf eine Reduzierung der Vorauszahlung bereits berücksichtigt.
> Spechbach: 155 847,51 Euro hat die Gemeinde durch die Gewerbesteuer im vergangenen Jahr eingenommen, für dieses Jahr wurde der Planansatz auf 155 000 Euro festgelegt (Hebesatz: 340 v.H.). Und dabei bleibt es laut Hauptamtsleiter Markus Zappe auch. Es sei keine Anpassung vorgesehen, "da die Gewerbesteuer nur einen extrem geringen Teil der Einnahmen" darstellt. Diesen Anteil beziffert Zappe auf knapp 4,2 Prozent.
> Wiesenbach: "Zu Beginn der Corona-Pandemie und nachdem viele Gewerbesteuervorauszahlungen der Betriebe vom Finanzamt auf Null gesetzt wurden, haben wir ein Defizit von circa 200 000 Euro hochgerechnet", berichtet Ordnungsamtsleiter Michael Kreth. Der Planansatz lag nach 634 000 Euro Gewerbesteuereinnahmen 2019 in diesem Jahr bei 500 000 Euro. Der Hebesatz beträgt in Wiesenbach 360 v.H.
> Wilhelmsfeld: Nach Informationen von GVV-Geschäftsführer Werner Fischer rechnet man in der Odenwaldgemeinde, in der der Hebesatz 350 v.H. beträgt, derzeit mit einem Gewerbesteueraufkommen in Höhe von 295 000 Euro. Bewahrheitet sich die Schätzung, wären sowohl der Planansatz von 230 000 Euro, als auch das Aufkommen des vergangenen Jahres von rund 280 000 Euro übertroffen. Dennoch weist Fischer darauf hin, dass es noch "zu deutlichen Veränderungen" kommen könne. Denn weiterhin könnten Anträge auf eine Reduzierung der Vorauszahlungen gestellt werden; außerdem gingen noch Abrechnungsergebnisse einzelner Betriebe ein.
> Heidelberg: "Die Stadt Heidelberg rechnet für 2020 mit Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von 90 Millionen Euro also mit Mindereinnahmen von 30 Millionen gegenüber der ursprünglichen Planung", so Stadtsprecher Christian Beister, der im Zuge dessen auf den am 8. Oktober beschlossenen Nachtragshaushalt für 2020 verweist. Nach Vorjahreseinnahmen in Höhe von 112,5 Millionen Euro betrug der Planansatz für 2020 nämlich ursprünglich 120 Millionen Euro, der Hebesatz 400 v.H. Beim Ausgleich der fehlenden Einnahmen bekommt die Stadt laut Beister Hilfe: Der Ausfall bei den Gewerbesteuereinnahmen werde nahezu komplett durch Bund und Land ausgeglichen – "mit einmalig rund 28 Millionen Euro".