Neckargemünd

Großer Zoff um die Villa Menzer

Grünen-Stadtrat befürchtet Subventionsgrab - Vereinsgründung löste Wortgefecht aus

22.10.2018 UPDATE: 23.10.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 38 Sekunden

Seit bald 20 Jahren im Dornröschenschlaf: Seit dem Auszug der Stadtverwaltung um die Jahrtausendwende wartet die Villa Menzer auf eine neue Nutzung. Foto: Alex

Von Christoph Moll

Neckargemünd. Es war kurz vor 23 Uhr und die zurückliegende Sitzung des Gemeinderates schon fast vier Stunden alt, als Thomas Schmitz tief Luft holte. "Ich muss ein bisschen ausholen", sagte der Grünen-Stadtrat und ließ sich auch durch ein deutlich hörbares "Ohhhhh" aus dem Räterund nicht beirren.

Es folgte eine "Anfrage an die Verwaltung", die sich gewaschen hatte. Thomas Schmitz traf einen Nerv. Das Thema: die seit Jahren leerstehende Villa Menzer im Eigentum der Stadt. Anlass war die Gründung des Vereins "Villa Menzer. Haus für Soziales, Kunst und Kultur".

Das Konzept der Initiatoren - Nutzung als Trauzimmer und Öffnung für Veranstaltungen - bezeichnete Schmitz als "lose Ideensammlung", die aus seiner Sicht keine Perspektive für die städtische Entwicklung habe. Der Grünen-Stadtrat sagte, dass er die Initiative "mit großer Skepsis, um nicht zu sagen Ablehnung" betrachte. "Wir können uns kein weiteres bestenfalls lokal interessantes ,Kulturhaus‘ als Subventionsgrab leisten", so Schmitz.

"Das Museum, dem es nachhaltig nicht gelingt, über Neckargemünd hinaus Bedeutsamkeit zu entwickeln, sowie der für einen Millionenbetrag sanierte Prinz Carl - kostenlos überlassen für Volkshochschule und Musikschule - sind sinnvolle Einrichtungen, damit ist es aber dann auch genug."

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Thomas Schmitz plädierte deshalb für eine professionelle Nutzung der Villa Menzer, "damit Arbeitsplätze geschaffen werden und keine ehrenamtliche Beschäftigung". Ihm schwebe ein Existenzgründungszentrum oder eine Co-Working-Area für junge Selbstständige vor. Hierfür müsse man die Villa zwar renovieren, doch man hätte wenigstens etwas für die Entwicklung der Stadt getan.

Schmitz betonte, dass er sich nicht gegen eine Nutzung für Kunst und Kultur ausspreche. Es müsste dann aber schon eine "wirklich bedeutende Kunstsammlung nebst Vortragsräumen" sein, die "Besucher nach Neckargemünd holt und uns in der Welt bekannt macht". Ebenso könne er sich die Ansiedlung eines wissenschaftlichen Forschungsinstituts vorstellen. Bisher sei aber meist von einer gastronomischen Nutzung oder einer Nutzung im Zusammenhang mit einem Hotel-Komplex die Rede gewesen.

Doch auch hier bestünden Zweifel an der Eignung des Gebäudes. Deshalb müsse sich der Gemeinderat mit der Villa Menzer befassen. "Bisher hat sich die Verwaltung immer von externen Akteuren treiben lassen", so Schmitz. "Ich fürchte, dass das jetzt auch wieder der Fall sein wird; diese Initiative hat auch mit der Konzeptionslosigkeit der Verwaltung zu tun." Es sei versprochen worden, dass der Gemeinderat eingebunden wird.

"Ich ärgere mich", platzte es aus Frank Volk heraus. "Wir werden hier hingestellt, als würden wir den ganzen Tag nichts machen." Der Bürgermeister ging nur zum Teil auf die Schmitz-Rede ein, sagte: "Junge Unternehmen haben wir schon in Neckargemünd - und die verdienen schon Geld und haben Mitarbeiter." Aktuell prüfe die Verwaltung, ob an die Villa ein Fahrstuhl angebaut werden kann.

"Diesen wollen wir zwar nicht bauen, aber bis zur Genehmigungsreife bringen", erklärte Volk. Damit soll die Villa einem Investor schmackhafter gemacht werden. Bisher schüttle jeder Projektentwickler den Kopf für eine öffentliche Nutzung. "Das besprechen wir aber alles nicht um kurz vor 23 Uhr", versuchte Volk die Diskussion zu beenden.

Doch das gelang ihm nicht. "Das Fass ist auf", meldete sich Christian Rupp (CDU) zu Wort. Die Kommission zur Zukunft der Villa Menzer habe nur einmal getagt. Es sei aber immerhin beschlossen worden, dass ein Exposé der Villa erstellt werde. Dieses sollte an Makler gegeben werden, damit man zumindest Ideen für eine Nutzung bekomme. Dies sei offenbar nicht geschehen, so Rupp: "Ohne Ideen für eine Nutzung brauchen wir auch keine Umbaupläne - jetzt ist es mal gut, das macht keinen Sinn!"

Der städtische Fachbereichsleiter Franz-Georg Scheffczyk berichtete, dass es noch unter Bürgermeister Horst Althoff einen Arbeitskreis gegeben habe, der mehrmals getagt habe. Nur durch Zufall habe er damals von einem Auftrag an eine Architektin erfahren. "Was mit der Villa geschieht, ist eine politische Entscheidung", sagte Scheffczyk.

Hermino Katzenstein (Grüne) erklärte, dass die Schmitz-Rede nicht mit der Fraktion abgestimmt gewesen sei: "Was aber nicht heißt, dass wir sie nicht unterstützen." Den Grünen sei wichtig, dass über das Thema diskutiert werde.

"Der Tagesordnungspunkt heißt ,Verschiedenes ‚und nicht ,Grundsatzdiskussion‘", sagte Joachim Bergsträsser (SPD) und startete damit einen neuen Versuch, die Diskussion zu beenden - dieses Mal erfolgreich. Zumindest für diesen Abend. Aber sicher nicht für immer.

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