Neckargemünd

Gemeinderat entscheidet über Rainbach-Abriss

Der Bauausschuss reichte den Antrag wegen seiner großen Bedeutung weiter.

03.06.2021 UPDATE: 15.06.2021 06:00 Uhr 3 Minuten, 54 Sekunden
Der Gebäudekomplex mit der traditionsreichen Gaststätte steht seit Jahren leer. Foto: Alex

Neckargemünd. (cm) "Bauantrag der RED Real Estate Development GmbH zum Abbruch des bestehenden Gebäudes inklusive aller Nebengebäude, Ortsstraße 9, und des Wohnhauses, Am Neckarberg 1, Dilsberg." Was nach einem nicht gerade spannenden Tagesordnungspunkt in der jüngsten öffentlichen Sitzung des Bauausschusses klang, hatte es in sich. Denn bei den beiden genannten Gebäuden handelt es sich um das Ensemble mit dem inzwischen längst geschlossenen traditionsreichen Lokal "Zum Neckartal", in dem unter anderem Altbundeskanzler Helmut Kohl gerne zu Gast war.

Der neue Eigentümer – die Onigkeit-Gruppe – möchte dieses bekanntlich abreißen und mehrere Mehrfamilienhäuser, ein Hotel und zwei Gastronomiebereiche auf dem Areal bauen. Der Ausschuss sollte nun den Abriss genehmigen. Doch dazu kam es nicht.

Es war Jens Hertel (SPD), der gleich nach dem Aufrufen des Tagesordnungspunktes einen Antrag stellte: "Wir haben größere Themen schon häufig in den Gemeinderat verwiesen", meinte er und wollte wissen, ob dies auch hier möglich sei oder ob Fristen dem entgegenstehen. Zuletzt war die Zukunft der Gebäude erst vor wenigen Wochen Thema im Gemeinderat und wird es Ende Juni auch wieder sein, da eine Bürgerinitiative fast 1900 Unterschriften gegen den entsprechenden vorhabenbezogenen Bebauungsplan gesammelt hat und über einen Bürgerentscheid beschlossen werden muss.

Bürgermeister Frank Volk hielt es jedoch "für möglich und sinnvoll", im Ausschuss über den Abriss zu entscheiden, der laut Aussagen des Onigkeit-Projektentwicklers wegen der schlechten Bausubstanz unausweichlich ist. "Wir brauchen es nicht in den Gemeinderat hochzoomen – zumal die Sitzung am 29. Juni schon sehr voll ist", sagte Volk. Von den Fristen her sei es aber möglich. Hertel blieb bei seinem Antrag, dem der Ausschuss mit neun Stimmen bei drei Gegenstimmen der Grünen schließlich auch stattgab.

Doch das Thema war damit nicht abgehakt. Anna-Magdalena Oehne-Marqaurd (SPD) regte eine Begehung des Geländes durch den Gemeinderat an. Der Dilsberger Ortschaftsrat habe sich schon vor Ort umgeschaut. "Ich fände das wichtig, um die Höhe der geplanten Gebäude zu beurteilen", meinte sie. Bürgermeister Volk meinte, dass jeder Stadtrat sich die Situation vor Ort vom öffentlichen Straßenraum aus ansehen könne. Es sei "wegen der Termindichte vor den Sommerferien" kaum möglich, eine gemeinsame Begehung zu organisieren. Thomas Schmitz (Grüne) stellte zur Diskussion, was überhaupt von außen besichtigt werden soll. Wichtiger sei es, sich ein Bild von den Gebäuden von innen zu machen. Volk sagte zu, hierfür einen Termin zu suchen.

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Der Bürgermeister brach die aufkommende Diskussion schließlich ab. "Eine Fraktion kann nicht die Vertagung beantragen und dann doch diskutieren wollen", meinte er. Der Dilsberger Ortschaftsrat hatte tags zuvor übrigens einstimmig gegen den Abriss gestimmt. Nun entscheidet der Gemeinderat am 29. Juni.

Update: Montag, 14. Juni 2021, 19.45 Uhr


Kommt es doch nicht zum Bürgerentscheid zu Rainbach 2.0?

Von Christoph Moll

Neckargemünd. "Bauantrag zum Abbruch des Gebäudes inklusive aller Nebengebäude, Ortsstraße 9, und des Wohnhauses, Am Neckarberg 1, Dilsberg": Wenn der Bauausschuss am Dienstag, 8. Juni, um 17 Uhr im Rathaus zusammenkommt, wird es um den Abriss der traditionsreichen Gaststätte "Zum Neckartal" im Ortsteil Rainbach gehen. Einen solchen wollten die Freien Wähler mit einer Veränderungssperre für das Areal eigentlich in der jüngsten öffentlichen Sitzung des Gemeinderates verhindern.

Bekanntlich möchte die Onigkeit-Gruppe als neuer Eigentümer dort mehrere Mehrfamilienhäuser, ein Hotel und Gastronomiebereiche errichten. Eine Bürgerinitiative hat binnen weniger Wochen knapp 1600 Unterschriften gegen den Aufstellungsbeschluss für den entsprechenden vorhabenbezogenen Bebauungsplan gesammelt. Ob es zu einem solchen kommt, ist aber noch offen.

Steffen Wachert erklärte für die Freie-Wähler-Fraktion, dass der Antrag gestellt wurde – wohlwissend, dass eine Veränderungssperre bei einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan nicht vorgesehen sei und vor Gericht bisher keinen Bestand hatte. "Wir sehen diesen Antrag als deutlichen Fingerzeig gegenüber dem Investor, dass seine derzeitige Planung durch die Fraktion der Freien Wähler abgelehnt wird", so Wachert. "Statt eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans präferieren wir die Rücknahme des Aufstellungsbeschlusses vom 23. Februar und die Aufstellung eines Bebauungsplans für das Areal Rainbach 2.0."

Ein Bürgerentscheid wäre dann überflüssig, so Wachert. Man sei an einer zukunftsträchtigen Entwicklung der Stadt in höchstem Maße interessiert, "jedoch nicht auf Kosten aller unserer Alleinstellungsmerkmale". Außer der "Griechischen Weinstube" habe es nur das Lokal in der Rainbach geschafft, sogar im Ausland einen Bekanntheitsgrad zu erlangen.

Wachert meinte, dass die geplante Bebauung viel zu massiv sei und nicht in die Landschaft passe. "Wir möchten uns nicht von Investoren unter Druck setzen lassen und die Hoheit über die Stadt- beziehungsweise Dorfentwicklung in eigener Hand behalten", betonte er. "Dies ist am ehesten mit einem wohl durchdachten, unter Beachtung der Nachbarbebauung sowie Kenntnis der Wünsche und Ideen der Rainbacher, selbst zu erstellenden Bebauungsplan zu erreichen."

Dieser zunächst teurere Weg bringe langfristig mehr als eine möglichst schnelle, unter hohem Zeitdruck vorangetriebene, allein die Interessen eines Investors berücksichtigende Entwicklung des Areals. "Man hört bereits von weiteren Ankäufen von Nachbargrundstücken durch den Investor", so Wachert. "Dies lässt erahnen, was hier perspektivisch geplant ist."

Marco La Licata (Linke) sprach sich ebenfalls für die Rücknahme des Beschlusses und einen eigenen Bebauungsplan aus. Winfried Schimpf (SPD) forderte eine Alternativplanung, "die den Ortsteil Rainbach besser begreift". Seine Fraktionskollegin Anne-Magdalena Oehne-Marquard meinte: "Wir können dort nicht etwas hinbauen, was an den Main passt." Und Giuseppe Fritsch (fraktionslos) wünschte sich eine Entscheidung zur Zufriedenheit aller.

"Der Gemeinderat hat die Hoheit", betonte Frank Volk. Der Bürgermeister erklärte, dass von den zum Zeitpunkt der Sitzung eingegangenen 1599 Unterschriften 1511 gültig seien. Lediglich 744 seien für ein erfolgreiches Bürgerbegehren notwendig. Der Gemeinderat müsse am 29. Juni darüber entscheiden, ob er den von ihm getroffenen Aufstellungsbeschluss für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan selbst zurücknimmt. Dann wäre ein Bürgerentscheid obsolet.

Ilka Schlüchtermann (Grüne) erinnerte daran, dass ihre Fraktion dem Aufstellungsbeschluss zugestimmt hatte. "Wir wollten, dass die Bürger mit größtmöglicher Transparenz einbezogen werden", betonte sie. Man habe nicht zugestimmt, dass die Gebäude wie geplant gebaut werden dürfen. Ob die Grünen für eine Rücknahme des Beschlusses stimmen oder es auf einen Bürgerentscheid ankommen lassen werden, ließ Schlüchtermann offen – ebenso wie die CDU, die im Februar für den Aufstellungsbeschluss stimmte und sich nun nicht zu Wort meldete. Die Abstimmung war seinerzeit mit 14 zu 12 Stimmen sehr knapp. Wachert zog den Antrag auf die Veränderungssperre schließlich selbst zurück.

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