Es fehlen Dutzende Betreuungsplätze
Die Bedarfsplanung für Kindertageseinrichtungen zeigt ein Defizit auf. Es gibt einen Trend zur Ganztagesbetreuung bei über und unter Dreijährigen.

Von Christoph Moll
Neckargemünd. Zum Start des neuen Kindergartenjahrs im September fehlen in der Stadt am Neckar zumindest rechnerisch insgesamt 39 Betreuungsplätze für unter und über Dreijährige. Dies geht aus der Bedarfsplanung hervor, die der Gemeinderat in seiner zurückliegenden öffentlichen Sitzung zunächst ausführlich diskutiert und dann einstimmig verabschiedet hat. Ob tatsächlich Kinder nicht in der Stadt betreut werden können, bleibt aber abzuwarten.
"Die Bedarfsplanung ist nicht einfach, denn sie beschäftigt sich mit der Zukunft und Annahmen", schickte Bürgermeister Frank Volk vorweg. "Aber in der Regel ist sie sehr exakt und es passt alles." Malon Weiher von der Stadtverwaltung machte deutlich, dass für die Kommune eine gesetzliche Pflicht zu der Bedarfsplanung bestehe. Diese stelle die Förderung der Träger der Betreuungseinrichtungen durch die Stadt sicher. Grundlage für die Planung sei die Einwohnermeldestatistik. In dieser werde für verschiedene Altersgruppen eine prozentualer Betreuungsbedarf angesetzt. "Dann sehen wir, ob es einen rechnerischen Fehlbedarf gibt, der aber von der Realität abweichen kann", so Weiher.
Der Fachmann ging noch auf die Auswirkungen der Pandemie ein, die auch in Neckargemünd für Infektionen von Kindern und damit kurzfristige Schließungen der Einrichtungen sorgte. Weiher sprach von einer "großen Belastung für Kinder, Eltern und Personal". Kinder ohne Anspruch auf Notbetreuung seien monatelang nicht in ihrem gewohnten Betreuungsumfeld gewesen. "Die individuellen Betreuungsbedarfe haben sich zum Teil massiv erhöht", erklärte Weiher. "Der Personalbedarf steigt." Dies liege aber auch am Wunsch der Eltern nach längeren Betreuungszeiten. In den vergangenen Jahren sei der Bedarf für die Ganztagesbetreuung weiter angewachsen. "Deren Zufriedenheit hat in der Pandemie oftmals gelitten", räumte Weiher ein. "Wir hoffen, dass sich das Thema beruhigt."
Dann kam er zu den Zahlen. Bei den Einrichtungen für unter Dreijährige sei die Auslastung sehr hoch und liege annähernd bei 100 Prozent. Nur vereinzelt seien einzelne Betreuungsplätze kurzfristig nicht belegt. Derzeit würden in Neckargemünd 41,7 Prozent der unter Dreijährigen betreut. Dieser Wert sei viel höher als in Baden-Württemberg mit 30 Prozent und im Rhein-Neckar-Kreis mit 34 Prozent. Zudem sei der Ganztagesanteil "beachtlich". Und dieser steige weiter. Rein rechnerisch würden im neuen Kindergartenjahr 19 Plätze fehlen, wobei zwei neue und bislang nicht existierende Krippengruppen bereits berücksichtigt seien. Zehn neue Plätze sollen in der Kita "Sternschnuppe" entstehen und weitere zehn in der noch längst nicht errichteten Einrichtung der Johannes-Diakonie im Wiesenbacher Tal. "Es gibt auch Kinder aus Neckargemünd, die außerorts betreut werden. ", gab Weiher zu bedenken. "Die muss man abziehen." Gleichzeitig würden aber auch in der Stadt am Neckar Kinder aus anderen Orten betreut.
Auch interessant
Bei den über Dreijährigen liege die Auslastung der Einrichtung bei annähernd 100 Prozent und die Betreuungsquote etwas höher als im Landesdurchschnitt von 94 Prozent. "Auch hier wird immer mehr Ganztagesbetreuung gewünscht", so Weiher. Auch unter Berücksichtigung von 22 Betreuungsplätzen in der Einrichtung der Johannes-Diakonie ergebe sich ein Fehlbedarf von 20 Plätzen. Weiher empfahl deshalb dem Gemeinderat, die erwähnten neuen Gruppen auf jeden Fall in die Bedarfsplanung aufzunehmen. Dem folgt dieser auch.
Bürgermeister Volk erklärte, dass sich der Gemeinderat nach der Sommerpause mit dem Bau der Einrichtung der Johannes-Diakonie beschäftigen werde. Konkret gehe es um den Bauantrag. Der Förderantrag sei bereits gestellt worden. Volk ließ durchblicken, dass die Johannes-Diakonie auch zu einem Ganztagsangebot bereit sei – zum selben Preis wie die bisher geplanten verlängerten Öffnungszeiten.



