Einzelhandel ist kleinteilig und rückläufig
Ein Gutachten nimmt die Entwicklung in Neckargemünd unter die Lupe - Demzufolge gibt es keine "Leitbetriebe" mehr in der Altstadt

Von Christoph Moll
Neckargemünd. Neun Jahre alt war das Einzelhandelsgutachten des Gemeindeverwaltungsverbandes Neckargemünd, dem neben der Stadt am Neckar auch Bammental, Wiesenbach und Gaiberg angehören. Seit 2011 hat sich einiges getan. "Es war Zeit für eine Überarbeitung", betonte Bürgermeister Frank Volk in der jüngsten öffentlichen Sitzung des Gemeinderates. Es habe viele Veränderungen bei den Einkaufsmärkten gegeben. Anlass für die "Fortschreibung der Einzelhandelskonzeption" waren die Neubauten eines Edeka- und eines Rewe-Marktes in Neckargemünd, die in Bammental für Skepsis sorgten. Wie berichtet ist die Stadt am Neckar laut dem Gutachten damit nicht überversorgt. Was die Expertise speziell für Neckargemünd bedeutet, berichtete Jürgen Mühlbacher von der beauftragten "LBBW Immobilien Kommunalentwicklung" aus Stuttgart dem Gemeinderat zur Vorbereitung auf die Sitzung des Gemeindeverwaltungsverbandes im Neckargemünder Rathaus.
Der Experte hielt zunächst fest, dass die Zahl der Einwohner durch mehr Geburten sowie Zuwanderer und die Kaufkraft gestiegen seien. In Neckargemünd würden die Märkte 4364 Euro Umsatz je Einwohner und Jahr machen. "Neckargemünd liegt hinter Walldorf und Eberbach, aber vor Leimen und Nußloch", machte Mühlbacher deutlich. Es gelinge allerdings nur, 65 Prozent des Potenzials am Ort zu binden. Im Vergleich zum Jahr 2011 sei die Zahl der Einzelhandelsbetriebe in Neckargemünd von 82 auf 68 zurückgegangen, berichtete der Experte. Die Verkaufsfläche sei im selben Zeitraum allerdings von 12.610 auf 13.955 Quadratmeter gestiegen.
In der Altstadt fand er einen "kleinstrukturierten und rückläufigen Einzelhandel". Es habe seit 2011 einen Verlust an Leitbetrieben wie dem Schlecker-Drogeriemarkt und dem Modehaus Leist gegeben. Das Erscheinungsbild der verbliebenen Märkte habe sich aber verbessert. "Gastronomie und Tagestourismus stehen in der Altstadt im Zentrum", folgerte Mühlbacher. Aber auch kleinteiliger Einzelhandel wie "exotische Nischenangebote" und Kunst seien anzutreffen. "Hier ist viel Bewegung", so Mühlbacher. Es gebe auch einige Leerstände. Zum Teil seien diese temporär, es habe aber auch mehrere Folgenutzungen gegeben. Insgesamt sei der Einzelhandel in der Altstadt "rückgängig". Läden seien teilweise vernachlässigt. Der Entwicklungsspielraum sei hier begrenzt.
In Kleingemünd seien "moderne Marktformen" sowie Leitbetriebe wie der Aldi-Markt und der Rewe-Markt mit Getränkemarkt – beide sollen neu gebaut und vergrößert werden – sowie der Lidl- und der dm-Markt vorzufinden. Im "nah und gut"-Markt im Wiesenbacher Tal, der bekanntlich Ende des Jahres wegen der Neueröffnung des Edeka-Marktes auf dem früheren Ortho-Areal an der B 45 geschlossen werden soll, sah Mühlbacher einen "wichtigen Standort für die südliche Innenstadt". Der neue, 1300 Quadratmeter große Edeka-Markt werte den Ortsrand auf und sei gut für die Ortsteile. Auch der Penny-Markt am Ortseingang von Wiesenbach kommend habe einen Erweiterungswunsch. Am Bahnhof sah Mühlbacher mit "Netto", "Takko" und "Quick Schuh" "nicht hochpreisigen Facheinzelhandel".
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In den Stadtteilen sei kaum mehr Einzelhandel vorhanden – höchstens in Nischen. "Diesen zu schützen ist fast kein Thema, da de facto nichts mehr da ist", so Mühlbacher. Bei Nahrungs- und Genussmitteln sah der Experte noch Bedarf für 1600 Quadratmeter zusätzliche Verkaufsfläche, die durch die geplanten Erweiterungen auch entstehen sollen. Die Steigerung sei der höheren Einwohnerzahl und der höheren Kaufkraft zu verdanken. Im Bereich "Gesundheit und Körperpflege" seien weitere 600 Quadratmeter möglich, für den "restlichen kurzfristigen Bedarf" 900 Quadratmeter.
Als Bürgermeister Volk über das Gutachten abstimmen wollte, wies Hermino Katzenstein (Grüne) darauf hin, dass es sich um eine Kenntnisnahme handelt. Volk bat zumindest um "wohlwollende Kenntnisnahme". Damit könne er bei anderen Behörden besser argumentieren. Vier Grünen-Räte wollten das Gutachten lediglich zur Kenntnis nehmen ...